Rocksmith 2014: Der einfachste Weg, Gitarre zu lernen?

UbiSoft bewirbt bei seiner neuen 2014er-Version von Rocksmith gross die Lernfunktionen des Spiels. Leider versagt das Game auch in diesem Jahr als Lehrer, erweist sich aber als brauchbares Werkzeug für Autodidakten.

„Der einfachste Weg, Gitarre zu lernen.“ Eine gewagte Aussage, die UbiSoft als Werbespruch zu Rocksmith präsentiert. Bedenkt man die Konkurrenz durch Tabs, YouTube und echten Gitarrenlehrern. Rocksmith baut seine Lernhilfe auf vier Spielmodi auf, die sich gegenseitig unterstützen sollen. Das Problem dabei: Zwei der vier Modi sind schlecht und einer langweilig.

1. Learn a Song

Learn a Song macht theoretisch genau das, was drauf steht: Man lernt einen Song. Zumindest glaubt UbiSoft, dass man so einen Song spielen lernt. Im Vergleich zum Vorgänger hat sich hier nicht viel geändert. Ein Song wird verlangsamt und auf einige wenige Noten beschränkt. Spielt man diese Variante fehlerfrei durch, erhöht sich der Level des Songs, es werden mehr Noten freigeschaltet. Das Tempo nähert sich der Original. Als gelernt gilt der Track, wenn man ihn einmal mit allen Noten und Originaltempo schafft.

Eine nette Idee, aber keine gute Lernmethode. Rocksmith tappt hier wieder in die Gamefalle. Es will alle Songs so schnell wie möglich für alle Spieler zugänglich machen. Für ein Game wie Guitar Hero macht das Sinn. Für eine selbsternannte Lernsoftware nicht. Ein essentieller Teil des Lernprozesses bei Gitarristen ist das Trainieren des Muskelgedächtnisses. Durch stetiges Wiederholen eines Riffs prägt sich der Körper die benötigten Bewegungen ein und speichert sie. Lernt man jedoch nur einzelne Noten eines Songs, baut sich das Muskelgedächtnis eine falsche Vorlage auf. Das Lernen wird also schwieriger.

Diesem Problem kann man zum Teil entgegenwirken. Schaltet man von Beginn an alle Songs auf die höchste Schwierigkeitsstufe kann man einzelne Abschnitte im Riff Repeater trainieren. Das ist weitaus sinnvoller. Leider wird so für Einsteiger die Song-Bibliothek massiv verkleinert. Aber dafür verkauft UbiSoft ja Waggonladungen an DLC.

2. Lessons

Die Technik-Lektionen unter Lessons leiden am selben Problem wie Learn a Song. Anhand mehrerer Teile eines Songs wird eine Technik wie beispielsweise Tapping oder Harmonics gelehrt. Zuerst erklärt ein Sprecher den Sinn und die Funktionsweise der Technik, während ein Video die Technik in Aktion zeigt. Danach gibt es einen Durchlauf auf dem Noten-Highway und dann muss man selbst ran.

Der eine Durchlauf ist zu Beginn noch kein Problem, sind die Techniken und Notenfolgen noch einfach. Später werden die Übungen jedoch komplexer und das System versagt. Der Noten-Highway von Rocksmith ist keine bekannte Standard-Notierung und kann daher von den meisten Musikern nicht „ab Blatt“ gespielt werden. Genau das wird jedoch verlangt. Statt der Möglichkeit, die Notenfolge in einem Tab erst kurz zu studieren wird man direkt ins kalte Wasser geworfen. Nach einigen Fehlversuchen bietet das Spiel weiter keine Möglichkeit, sich die Noten anzuschauen. Stattdessen wird das Tempo der Übung verlangsamt, was nicht allzu viel bringt.

Hat man alle Songteile geschafft, wird es richtig bizarr: Während die einzelnen Übungen stets auf maximalen Schwierigkeitsgrad (mit allen Noten) gespielt werden, wechselt die Stufe beim der abschliessenden Songprüfung auf das Minimum. Nachdem man also zwei bis vier neue Riffs gelernt hat, darf man diese nicht spielen und muss sich mit einigen wenigen Noten begnügen.

Insgesamt ist auch hier zu viel Game in Rocksmith übrig geblieben. Die Lektionen können einfach und schnell durchgeprügelt werden. Wie bei Learn a Song gilt eine Technik nach einmaligem Bestehen als gemeistert. Das hilft dem Tempo des Spiels, dem Lernprozess jedoch überhaupt nicht.

3. Guitarcade

Die Guitarcade ist eine Sammlung von Arcade-artigen Minigames, die Techniken verbessern sollen. Grundsätzlich soll die Guitarcade den Part übernehmen, den Learn a Song und Lessons ignorieren: Die Repetition. Highscores sollen die Spieler zum Üben motivieren. Leider sind die Minigames nicht besonders spannend und bieten nur wenig Abwechslung.

Durch die Abgrenzung der verschiedenen Lernmodi fällt hier auch das Programm auseinander. Missionen sollen zwar eine gewisse Richtung im Lernvorgang vorgeben, machen das aber nur ungenügend. Grundsätzlich brauch man zu Rocksmith immer noch einen Lehrer, der Ordnung in das Chaos der Spielmodi bringt. Rocksmith selbst macht kaum Anstalten in diese Richtung.

4. Session

Das Highlight von Rocksmith 2014 und beinahe genug starkes Feature um den Rest zu ignorieren ist der Sessions-Mode. In Sessions erhält man eine Light-Version des Bandraum-Feelings. Aus einer Liste von Instrumenten wählt man bis zu vier aus. Der virtuellen Band gibt man einen Notenschlüssel, sowie Anweisungen zum Spielstil (Tempo, Gefühl). Sich selbst gibt man eine Skala vor. Startet man eine Session sieht man einen Gitarrenhals vor sich. Darauf sind die Noten der gewählten Skala im Schlüssel der Band angezeigt. Beginnt man zu spielen setzt die Band im Hintergrund mit ein. Die Lautstärke und Intensität der Band wird durch das eigene Spiel festgelegt.

Sessions ist mit Abstand die nützlichste Funktion von Rocksmith. Das Interface ist klar genug, wenn auch für Tab-Leser verkehrt herum. Dabei ist das Spiel komplett frei. Der Spieler wird nicht an die gewählte Skala gebunden und es gibt kein festes Ziel. Sessions ist also die Backing-Band für zu Hause. Eine ausgezeichnete Idee, die von UbiSoft solid umgesetzt wurde.

Zu viel Game

Rocksmiths Versuch eine Lernsoftware zu werden zeigt sich besonders in der Präsentation. Mit dem Karriere-Modus verschwand auch das Publikum. In Rocksmith 2014 dreht sich alles um das Verbessern der eigenen Fähigkeiten, nicht die Erfahrung. Einen klaren Fokus zu setzen ist zwar lobenswert, wurden bei Rocksmith 2014 aber nicht geschafft. Es bleibt zu viel Game übrig um als Lernsoftware erfolgreich zu sein. Um als Spiel zu Unterhalten ist es aber zu wenig.

Fazit

Rocksmith rutscht in seinem Spagat zwischen Spiel und Lernsoftware weiter in Richtung der Software. Dabei zieht sich Rocksmith 2014 aber eine Leistenzerrung zu. Der Fuss auf der Game-Seite wäre neben dem anderen besser aufgehoben, doch UbiSoft zeigt Trennungsschwierigkeiten. Game und Software stören sich gegenseitig und verschlechtern so das Gesamterlebnis. Der exzellente Sessions-Modus kann den Rest leider nicht ganz aus dem Sumpf ziehen und UbiSofts exzessive DLC-Vermarktung drückt Rocksmith 2014 endgültig wieder in den Morast des Mittelmasses zurück.

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