Project Zomboid (Alpha) – Bringt Eure Untoten raus!

Schon wieder Zombies. Zombies sind omnipräsent, vorhanden in allen Farben und Formen. Und dennoch vermag die Thematik immer noch zu faszinieren. Das gilt auch für Project Zomboid.

Ehrlich, eigentlich haben wir doch alle das Zombie-Szenario langsam satt. Seit Jahren verkaufen sich Zombiespiele wie warme Weggli. Bis zum Release von DayZ haben viele Entwickler und Publisher aber gar nicht realisiert, dass die meisten Spieler ihre Zombie-Spiele nur konsumieren, weil es an Ersatzprodukten fehlt. Im Grunde genommen geht es bei Zombie-Spielen eben nicht nur um das Abknallen von schlurfenden Leichen, sondern um den Zerfall der Gesellschaft, die Schwierigkeit des Überlebens nach einer Katastrophe in einer hochtechnologisierten Welt und um menschliche Beziehungen unter grossen Leidensdruck.

Das Open-World-Zombie-Survival-Spiel gibt es in der Idee schon lange, wirklich umgesetzt wurde es aber erst mit Dead Island. Das Spiel von Techland blieb aber auf verschiedensten Ebenen hinter den Erwartungen zurück und auch DayZ konnte nicht die ganze Zombie-Crowd abholen. Die Suche nach dem perfekten Zombiespiel ist demnach weniger vom Inhalt bestimmt, als viel mehr von der Herangehensweise und von der Umsetzung. Klar, gute Geschichten und Mechaniken sind ein Kriterium – aber das gilt fast für alle Genres und wäre zu kurz gegriffen.

State of Decay war dann wohl letzten Sommer das erste wirklich umfassende Zombiespiel und hat ebenfalls – trotz Arcade-Label auf Xbox Live – überbordenden Erfolg feiern dürfen. State of Decay war das erste Zombie-Game, das wirkliche Szenarienvielfalt bot, das Umweltfaktoren ins Spiel einbezog und das Management und Überlebenskampf zu simulieren versuchte. Doch irgendwie scheint es immer noch nicht genug.

Zombie Fortress

Der nächste Kandidat auf der Knochenbühne ist Project Zomboid, ein Spiel in der Development Hölle, das erst vor kurzer Zeit via Steam Early Access verfügbar wurde. Es ist eine lange Leidensgeschichte, die hier nicht ausgebreitet, sondern nur in kurzen Worten erzählt werden soll. Zweimal wurden die Konten von Entwickler The Indie Stone eingefroren, zwei Laptops mit wichtigen Entwicklungsdaten gestohlen und die Server wurden wegen unkontrollierter Piraterie ohne Kopierschutz und einem Autoupdate-Feature gecrasht. Dass The Indie Stone noch an Zomboid arbeitet, ist ein Wunder. Ohne Desura und Reddit wäre Project Zomboid heute nicht in der bezahlten Alpha-Phase auf Steam, sondern irgendwo im Papierkorb eines Computers.

Project Zomboid ist vor allen Dingen eines: ein Sandbox-Spiel mit Pixelgrafik und Iso-Perspektive. Und die Sandbox ist ein zentraleres Element als beispielsweise bei State of Decay. Dabei legt Zomboid Wert auf die grössten Tugenden des PC-Gamings: Modding und Toolsets. So basieren die verschiedenen Spielmodi immer auf demselben Spiel, nur halt mit anderer Konfiguration. Das ist wichtig zu sagen, da sich Zomboid anders als übliche Spiele nicht auf einen Hauptnarrativ verlässt, sondern “nur” verschiedene Modi bietet. Aktuell Sandbox, Survival und Last Stand. Später sollen noch Storys hinzukommen, die entweder via DLC oder Mod ins schon vorhandene Spiel eingespiesen werden sollen.

Der Fakt, dass es sich bei Zomboid um ein, man könnte sagen, Hardcore-Sandbox-Spiel handelt, hat ihm den Ruf einer Art Zombie Dwarf Fortress eingebracht. Dazu sei gesagt: Zomboid ist komplex, Dwarf Fortress reicht es in dieser Hinsicht aber nicht das Wasser.

Die Geschichte des eigenen Todes

Wer den Survival-Modus startet, dem wird klar mitgeteilt, was er gerade spielt. „This is the story of how you died“. Damit positioniert sich das Spiel ein Stück weit im wachsenden Roguelike-Trend. Der Tod ist bei Zomboid permanent. Das Spiel immer ein anderes. Es beginnt und endet aber immer gleich. Mit dem Start im eigenen Haus und dem unausweichlichen Tod. Es ist nur eine Frage der Zeit.

Zomboid baut sich grundlegend anders auf, als andere Survival-Spiele. Traits, also Eigenschaften, spielen eine zentrale Rolle. Nicht gewöhnliche, RPG-typische Traits, sondern vor allem temporäre Traits wie Hunger in verschiedenen Stadien, Langeweile, Panik, Angst, Schmerzen, Depressionen, Nässe, Hitze und grundsätzlich alles, was man sich so im Zusammenhang mit einem Überlebenskampf vorstellen kann. Diese Traits beeinflussen wiederum die eigenen Fähigkeiten – allerdings nur in textlicher Form und nicht etwa in Zahlenformaten. Der Überlebenskampf kann nicht quantifiziert werden, scheint The Indie Stone zu postulieren. Die Fähigkeiten wiederum sind eure Verbindung zur Aussenwelt, sie erlauben euch, mit der Welt zu interagieren, denn grundsätzlich sind alle Objekte in Zomboid manipulierbar. Die eigenen Skills regulieren also die Spielwelt. Neben euch selber gibt es aber noch einen Faktor, der das Spiel und somit euch reguliert, nämlich die Zeit. Nicht nur alle Trait-Effekte sind zeitabhängig, sondern auch die Spielwelt. Diese verändert sich nämlich zusehends. Wer glaubt, zwei Monate nach einem Gsellschaftskollaps noch Elektrizität zu haben, der irrt. Wer glaubt, Lebensmittel würden nie ihr Verfallsdatum überschreiten, irrt. Wer glaubt, Wasser sei unendlich verfügbar, irrt. Die Welt ist eben nicht schon vollständig zerfallen, sondern zerfällt immer weiter, und das verleiht Zomboid eine interessante Dynamik. Sogar ausserhalb des Spiels verändert sich die Welt – die Map wird nämlich stets grösser und grösser.

Die Geschichte meines eigenen Todes

Das war jetzt viel technische und abstrakte Information. Wie aber funktioniert Zomboid wirklich? Das ist eine schwierig zu beantwortende Frage, denn Zomboid kennt kein konkretes Ziel ausser dem eigenen Tod. Wie ihr überlebt, warum ihr überlebt, wo ihr überlebt – das sind Dinge, die sind komplett euch überlassen. Ihr wollt euer Starthaus zu eurem Versteck machen? Kein Problem, niemand – ausser vielleicht ein paar wandelnde Leichen – hindert euch daran. Ein paar Häuser weiter findet ihr bestimmt genug Tücher, mit denen ihr alle Fenster abdunkeln könnt. Und Lebensmittel gibt es wohl auch genug. Genug für wie lange, ist nur die Frage. Vielleicht findet ihr auch ein paar Werkzeuge, mit denen ihr einen Zaun um euer Haus bauen könnt, oder ähnliches. Sofern es Bäume hat in der Nähe jedenfalls. Vielleicht ist das eine gute Idee. Kochtöpfe und Kochutensilien findet ihr in der Küche, das Lebensmittelzubereiten kann man ja auch lernen, auch wenn sonst immer alles der Partner, die Partnerin, der Papa oder die Mama gemacht hat. Ein kurzer Tipp: den Ofen nicht lange anlassen. Es gibt wohl genügend Überlebende, die eigentlich nur kurz eine Suppe kochen wollten und stattdessen ihr Haus abgefackelt haben.

Vielleicht ist es aber auch eine gute Idee, weit weg zu gehen, irgendwo, wo nicht so viele Zombieschwärme rumwatscheln. Irgendwo in den Norden der Karte, vielleicht findet ihr ja eine Farm, die ihr betreiben könntet. Selbsterhaltung oder so.  Oder vielleicht seid ihr doch komplette Nomaden?

Spass, Hobby, Arbeit?

Die Möglichkeiten sind schier endlos. Die Frage ist am Ende nur, wie lange ihr überlebt. Ob es eine beste Strategie™ gibt, kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Für die meisten Spieler wird sich diese Frage aber nie stellen, denn Zomboid lange zu spielen ist schon harter Tobak.

Prinzipiell leidet Zomboid unter den gleichen Problemen, wie alle offenen Sandbox-Spiele, wie alle Roguelikes der modernen Ära. Zomboid wiederholt sich. Sicher, die Art und Weise, wie ihr vorgeht, ist immer anders. Das Resultat ist aber oft dasselbe. Und es dauert seine Weile – zumindest gemessen an modernen Standards – bis man den Weg ins Spiel gefunden hat. Nach einer Stunde des Plünderns und Wanderns zu sterben ist ein Spassdämpfer. Denn er bedeutet letztlich, dass man nochmal eine Stunde des Plünderns und Wanderns auf sich nehmen muss, bis man wirklich wieder zum interessanten Teil des Spiels gelangt. Das bedeutet, dass sich Zomboid streckenweise wie Arbeit anfühlen kann.

Das ändert sich aber vielleicht in Zukunft, sobald die Storymodes wieder eingeführt werden, sobald Mods neue Szenarien ins Spiel integrieren. Zudem verspricht The Indie Stone für zukünftige Updates das Erscheinen von “in-depth”-NSCs, die “emergente Narration” bieten sollen, sowie Fahrzeuge, Wildnis-Systeme, mehr Items und noch mehr Crafting und eine neue Grafikengine.

Fazit

Project Zomboid stellt sich zwischen Stühle und Bänke. Für Einsteiger, die einfach mal schnell für ein Stündchen in die Zombie-Apokalypse tauchen wollen, ist Zomboid nichts. Für Hardcore-Spieler wiederum verliert das Spiel wegen zwar starker, aber dennoch limitierter Welten-Simulation schnell an Faszination. Das ist vor allem auf die Zieldefinition zurückzuführen. “Wie lange kann ich überleben?” ist zwar ein typisches High-Score-Ziel, das zu immer neuen Höchstleistungen antreibt, auf der anderen Seite ist das Spiel schon zu komplex, um nur dieses Ziel anbieten zu können. Wenn man sich erst einmal auf einer Farm installiert hat und alle Dinge wie geschmiert laufen, gibt es nichts mehr zu tun, ausser auf den Tod zu warten. Die Möglichkeit, dass sich das noch ändert, besteht aber, da The Indie Stone neue Modi, mehr Items, mehr Crafting und mehr NPCs für die Zukunft verspricht.

Dieses Preview basiert auf der Early-Access-Version auf Steam. Der Key wurde Combobreaker von The Indie Stone zur Verfügung gestellt.

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