Interview mit Niila: «Ich werde nervös, sobald Leute im Publikum sind, die ich kenne»

Quelle: Universal Music

Niila gehört zu den vielversprechendsten Newcomern 2016. Nach einer fast ausverkauften Tour im Dezember, veröffentlichte er im März diesen Jahres sein Debütalbum „Gratitude“. Warum ihn ein Auftritt vor seiner Grossmutter nervöser werden lässt, als ein Konzert vor grossem Publikum, erzählt uns der sympathische Finne im Interview.

Inspiriert durch die Plattensammlung seines Vaters, fing Niila Arajuuri bereits mit 15 Jahren an, Songs zu schreiben, die er später auf YouTube veröffentlichte. Erst nachdem er die Schule Anfang Zwanzig abgeschlossen hatte, konzentrierte er sich ausschliesslich auf seine Musikkarriere und sammelte erste Live-Erfahrungen auf kleineren Bühnen in seiner Heimat Finnland. So richtig startete der talentierte Sänger und Multi-Instrumentalist im letzten Sommer durch. Mit dem Release seiner EP „Sorry“ und als Support Act von Sunrise Avenue auf deren Sommertour, gewann er massenhaft Fans für sich. Im Dezember folgte dann die erste Headliner-Tour durch Deutschland. Der 28-Jährige spielte in mehrheitlich ausverkauften Clubs – und das mit einer nur 4 Track starken EP, was so einiges über das Talent des sympathischen Musikers aussagt. Im März diesen Jahres veröffentlichte Niila endlich sein erstes Album „Gratitude“, an dem er jahrelang gearbeitet hat. Sein Werk bietet ein breites Spektrum an unterschiedlichsten Songs. Von melancholischen Stücken bis hin zu Gute-Laune-Liedern ist für jeden etwas mit dabei. Positiv beeinflusst wird der Longplayer ausserdem durch Niilas hervorragende Singer-Songwriter-Qualitäten.

Wie fühlt es sich an, endlich sein erstes Album am Start zu haben?
Es fühlt sich einfach unglaublich toll an, denn es ist etwas, an dem ich so lange gearbeitet habe und von dem ich immer schon träumte. Und jetzt, da es erschienen ist, bin ich einfach nur extrem glücklich und dankbar.

Hast du deshalb den Namen „Gratitude“, also Dankbarkeit, für deinen Albumtitel gewählt?
Ja genau. Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich das Album nennen möchte. Ich wollte, dass es eine Bedeutung hat. Also habe ich mich gefragt: Was ist mein stärkstes Gefühl gegenüber dem Album und der Tatsache, dass es endlich fertig ist? Und das ist „Gratitude“. Ich bin unglaublich dankbar, dass es endlich geklappt hat. Danke ist für mich sowieso ein sehr wichtiges Wort im Leben. Ich bin der Meinung, dass es wichtig ist, zu wissen, wie man danke sagt und auch, dass man dankbar ist, für das, was man hat. Ich versuche, mich stets selbst daran zu erinnern.

Für die Aufnahmen warst du vier Monate in Berlin. Wie war das für dich, dort zu leben?
Ziemlich gut. Ich mag Deutschland und Berlin. Es ist eine echt coole Stadt. Leider hatten wir nur vier Monate Zeit, um das Album fertig zu stellen. Also hatte ich kaum ein Sozialleben. Mein Leben bestand hauptsächlich aus Studio und Wohnung. Und die Tage wurden immer länger. Zehn Stunden im Studio, dann sechzehn, dann zwanzig… und kaum freie Tage. Also konnte ich Berlin nicht so sehr erleben und geniessen, wie ich es gerne getan hätte. Aber es war ein gutes Gefühl, so weit weg von zu Hause zu sein. Da gab es nicht so viele Menschen, die ich kannte. Deshalb konnte ich mich voll und ganz auf die Musik konzentrieren und das war genau das, was es brauchte, um
das Album rechtzeitig fertig zu kriegen.

Und wie sieht es aus mit deinem Deutsch?
Es ist… (lacht). Ich hatte gehofft, dass es nach vier Monaten in Deutschland besser sein würde. Aber es ist nicht besonders gut, weil ich mit dem Produzenten immer Englisch gesprochen habe. Im Moment kann ich nur ein bisschen Deutsch sprechen, aber es ist ein Anfang und ich will definitiv noch mehr lernen.

Was war für dich als Musiker bisher die grösste Herausforderung?
Ich schreibe schon seit vielen Jahren Songs und habe stets auf den Moment gewartet, an dem ich sicher bin, dass ich wirklich für all das jetzt bereit sein würde. Ich wollte besser werden im Songwriting und bei den Live-Auftritten und habe versucht, mich bestmöglich vorzubereiten. Deshalb denke ich, die grösste Herausforderung für mich war es, Geduld zu haben. Es kann wirklich frustrierend sein, wenn man etwas unbedingt will und die Jahre vorbeiziehen und alles nur langsam voranzugehen scheint. Ja, meine grösste Herausforderung war definitiv die Geduld. Trotzdem wäre es dumm, etwas zu tun, wenn man nicht daran glaubt. Man muss zu 100 Prozent an seine Sache glauben, sonst macht das Ganze keinen Sinn.

«Man muss zu 100 Prozent an seine Sache
glauben, sonst macht das Ganze keinen Sinn.»

Ich habe kürzlich gelesen, dass du in Deutschland bekannter bist als in deiner Heimat?
Bekannt? Ich weiss nicht… (lacht). Nun ja, der Plan war von Anfang an mit meiner Musik als erstes an Deutschland heranzugehen. In Finnland ist der Markt für Musiker, die Englisch singen, sehr klein und Deutschland ist ein Land mit einer tollen und sehr grossen Musikszene. Deshalb habe ich auch gleich zu Beginn einen Vertrag mit Universal Deutschland unterschrieben und fokussiere mich momentan hauptsächlich auf das deutschsprachige Gebiet, also Deutschland, die Schweiz und Österreich. Klar, es wäre toll, wenn es auch in Finnland so gut laufen würde. Aber ja, im Moment ist es wohl wirklich so, wie du gesagt hast.

Ist es anders in Finnland auf der Bühne zu stehen als hier oder in Deutschland?
Ja, es ist ein bisschen anders. Hier durfte ich in wirklich grossen Hallen spielen. Das erste Mal, als ich ausserhalb von Finnland auftrat, war im letzten Jahr auf der Sommertour von Sunrise Avenue in München und da waren 20‘000 Leute im Publikum. Das war ziemlich überwältigend und echt toll. Ich war total überrascht, wie warm uns das deutsche Publikum empfangen hat. An diesem Tag hatte ich gerade erst meine EP „Sorry“ veröffentlicht und es kannte mich noch fast niemand. Aber kaum waren wir auf der Bühne, bekamen wir riesigen Applaus. Ich mag das Publikum hier echt. Man muss aber auch dazu sagen, dass ich noch nie einen Auftritt vor einem so grossen finnischen Publikum hatte und ich es deshalb auch nicht wirklich vergleichen kann. Trotzdem macht es natürlich ebenfalls grossen Spass, in Finnland aufzutreten und ich hoffe, dass ich eines Tages auch dort so grosse Shows spielen darf. Was vielleicht auch noch eine Rolle spielt, ist, dass in Finnland immer Freunde oder Familie im Publikum sind und aus irgendeinem Grund ist es nervenaufreibender, wenn da Leute im Publikum sind, die man kennst.

Niila Interview

Also bist du weniger nervös, wenn du niemanden im Publikum kennst?
Ja genau, auch wenn es etwas bescheuert klingt. Man würde denken, dass es genau umgekehrt sein müsste. Auch bei kleineren Gigs in intimeren Hallen werde ich oft extrem nervös. Als ich vor 20‘000 Menschen spielen sollte, habe ich mich gefragt, wie das wohl werden wird. Würde ich ohnmächtig werden oder gleich wieder von der Bühne rennen? Auch wenn es verrückt klingt, aber es war überraschenderweise viel einfacher auf dieser grossen Bühne zu stehen, als in einem kleinen Club, wo die Menschen so nah sind. Ich denke am nervösesten wäre ich, wenn ich zum Beispiel auf der Geburtstagsparty meiner Grossmutter spielen müsste (grinst). Es ist witzig, wie unsere Nerven funktionieren.

Hast du ein bestimmtes Ritual, bevor du auf die Bühne gehst?
Die Jungs und ich versuchen, uns auf den Auftritt einzustimmen. Manchmal mache ich Liegestützen oder Luftboxen, um meinen Puls in die Höhe zu treiben. Wir hören Backstage Gute-Laune-Musik und versuchen, einfach eine lockere Stimmung zu kreieren. Und kurz bevor wir auf die Bühne gehen, gibt es eine Gruppenumarmung und sowas wie einen Motivationsspruch in der Art: „Lasst es uns geniessen und Spass haben.“

Was machst du auf Tour, um dich zwischen den Gigs zu entspannen?
Auf Tour zu sein, bedeutet, dass man unglaublich viel reist. Deshalb haben wir meistens eher wenig Zeit in den Städten. Es wäre toll, etwas mehr von den Orten zu sehen, an denen wir spielen. Wir haben auch schon davon gesprochen, einmal ins Fitnessstudio zu gehen. Aber wir haben unsere Sportklamotten bisher noch nicht ausgepackt. Die sind immer noch sauber gefaltet (lacht). Heute war das Wetter zum Glück so richtig schön und wir sind etwas in Zürich herumgelaufen und haben uns in die Sonne gesetzt. Eigentlich ist es ziemlich einfach, auf der Tour zu entspannen, weil ich mich mit den Jungs und der ganzen Crew gut verstehe und wir eine echt gute Zeit zusammen haben.

Also seid ihr eigentlich immer zusammen. Wie ist das, geht ihr euch manchmal auf die Nerven?
Ich hab ein ziemliches Glück mit den Jungs in der Band. Man könnte meinen, wenn man so viel Zeit zusammen verbringt… Okay, wir stehen erst am Anfang (grinst) und wir haben noch ganz viel Zeit, um Zoff zu bekommen. Aber bis jetzt stimmt die Chemie wirklich gut zwischen uns, das ist schon mal ein Vorteil. Ich meine, man kann sich auch mit seinem besten Freund oder seiner Familie gegenseitig auf die Nerven gehen. Wenn man lange Zeit auf engem Raum ist, kann es manchmal ziemlich angespannt werden. Aber bis jetzt gab es noch keine Konflikte oder etwas in der Art und hoffentlich bleibt das auch so.

Und was machst du eigentlich, wenn du nicht auf Tour bist oder gerade ein Album aufnimmst?
In letzter Zeit war alles ein bisschen verrückt. Die Produktion meines Albums, der Videodreh und dann die Tour mit Sunrise Avenue. Das war bis jetzt definitiv das anstrengendste Jahr meines Lebens. Aber ich will mich auf gar keinen Fall beschweren, denn auf diesen Moment habt ich so lange gewartet. Es wäre bescheuert, mich zu beschweren. Aber du hast ja gefragt, was ich an meinen freien Tagen mache. Nun, ich hatte dieses Jahr noch nicht so viele freie Tage. Aber wenn ich welche hatte, freute ich mich immer darauf, für ein paar Tage nach Hause zu gehen und meine Freunde und Familie zu sehen. Nach vier Monaten in Berlin zum Beispiel, wollte ich einfach nur noch nach Hause zu meinen Freunden und meiner Familie. Wir waren dann gemeinsam essen und haben einfach Zeit zusammen verbracht.

Konzert
Datum: Mittwoch, 05. Oktober 2016
Ort: Plaza Zürich
Tickets: ca. CHF 36.– auf www.starticket.ch

Niila_Corinne_Kirchhofer
TREND-MAGAZIN-Redakteurin Corinne Kirchhofer traf Niila im Hallenstadion Zürich.
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