Interview mit Adesse: «In der Fechnerstrasse bin ich aufgewachsen»

Quelle: Sony Music / Robert Wunsch

Adesse ist ein Sänger mit derart viel Seele und Hingabe, dass sogar die ganz Grossen wie Rapper Sido innert kürzester Zeit auf ihn aufmerksam wurden. Warum sein Leben auch ganz anders hätte verlaufen können, nämlich gänzlich ohne Musik, erzählt er im Interview mit dem TREND MAGAZIN.

Nachdem Adesse 1987 in Berlin-Zehlendorf geboren wurde, stand bei ihm nicht die Musik, sondern erst einmal nur der Sport im Vordergrund. Zuerst warf er auf dem Basketballcourt Körbe, dann kickte er auf dem Bolzplatz und letzteres so gut, dass er bald darauf die Wilma-Rudolph-Sportschule besuchte und mit der Berliner Auswahl in ganz Deutschland spielte. Seine Leidenschaft zur Musik kam erst später dazu. Doch das Singen, der Fussball und die Schule liessen sich nicht unter einen Hut bringen: Adesse musste sich entscheiden. Als er den Vertrag eines Bundesligisten vorgelegt bekommt, schlägt er das Angebot aus. Er hat sich definitiv für die Musik entschieden. Im Frühjahr 2014 veröffentlichte er mit der EP „Elektrisch“ sein erstes musikalisches Lebenszeichen. Ebenfalls darauf zu hören: ein Feature mit Sido. In den darauffolgenden Monaten wird der Rapper zu seinem Mentor und nimmt ihn als ersten Künstler bei seinem neu gegründeten Label Goldzweig unter Vertrag. Ausserdem begleitete Adesse ihn im vergangenen Herbst als Support Act auf seiner grossen „Liebe“-Tour durch ganz Deutschland. Parallel dazu waren die beiden gemeinsam im Studio und haben Songs geschrieben. Herausgekommen ist dabei nicht ganz gewöhnliche Pop-Musik, die das Herz berührt, und mit „Fechnerstrasse“ ein Album, das einen wohl eher etwas ungewöhnlichen Titel trägt.

Gefällt es dir bei uns in der Schweiz?
Ja, super gut, muss ich sagen. Ich wurde sehr herzlich und freundlich empfangen und habe bisher nur coole Leute getroffen. Ich fühle mich hier sehr wohl.

Kennst du einen Schweizer Künstler?
Ausser Stefanie Heinzmann leider niemanden. Sie fand ich immer sehr cool, obwohl ich sie nicht persönlich kenne. Aber wer weiss, was nicht ist, kann ja noch werden (lacht).

Dein Debütalbum nennt sich „Fechnerstrasse“. Was hat es mit diesem aussergewöhnlichen Titel auf sich?
Das Besondere an diesem Album ist, dass ein ziemlich langer und persönlicher Prozess dahinter steckt. Deshalb wollte ich, dass es auch einen besonderen Titel bekommt, und zwar eben „Fenchnerstrasse“. Das ist die Strasse, in der ich aufgewachsen bin. Ich bin dann zwar irgendwann aus meinem Elternhaus ausgezogen, aber meine Mutter wohnt heute noch dort. Ich habe mit meinem Produzenten Crada sehr viel Liebe in das Album gesteckt. Ich spreche über Gefühle und über alles, was mir in meinem Leben widerfahren ist. Das sind einerseits positive Dinge, aber andererseits leider auch schmerzliche Erfahrungen. Ich würde sagen, da steckt mein ganzes bisheriges Leben drin. Ich bin sehr zufrieden und stolz auf diese Platte und hoffe, dass sie vielen Menschen etwas geben kann.

Beschreibe uns doch dein Album mit deinen eigenen Worten.
Am Ende ist es natürlich auf jeden Fall „Pop-Musik“ mit hochwertigen Songs. Die Platte selber ist sehr direkt und persönlich. Ich würde sagen, das ganz Album ist qualitativ sehr hochwertig geworden, ohne dabei die Leichtigkeit zu verlieren.

Wie ist das Album entstanden?
Ganz unterschiedlich. Das Album wurde in verschiedenen Prozessen geschrieben, mal am Klavier, mal an der Gitarre und so weiter. Anschliessend wurde es an verschiedenen Orten produziert. Wir haben es einfach fliessen lassen, uns aber nicht einfach mit dem ersten Ergebnis zufrieden gegeben. Wir haben jeweils mehrere Runden gedreht. In dieser Platte stecken Schweiss, Blut und Tränen. Es war ingesamt ein sehr langer Prozess, aber mit einem schönen Ergebnis.

«Ich musste mich entscheiden: Mache ich
Abitur und Fussball oder Abitur und Musik.»

Sido ist ein guter Freund von dir geworden, wie kam es dazu?
Wenn man ganz weit zurück blickt, eigentlich über YouTube. Ein enger Freund von Sido hat mich gehört und erzählte ihm von mir. Danach haben wir uns langsam angenähert und „step by step“ kennengelernt. Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden. Das Ganze war auch nicht auf eine gezwungene Art und Weise, sondern ist ganz natürlich geflossen. Ich bin ein grosser Bewunderer seiner Arbeit und habe ihn dann irgendwann einmal gefragt, ob er es sich vorstellen könnte, mich zu „featuren“. So ist dann die Zusammenarbeit entstanden. Er hat mich als ersten Künstler bei seinem Label unter Vertrag genommen. Dort werde ich bis heute ganz toll betreut und kann mich voll und ganz auf meine Musik konzentrieren.

Du wirst als grosser Durchstarter gelobt, wusstest du das?
Ich bin zwar noch ganz am Anfang meiner Reise, finde es aber richtig toll. Ich hoffe, dass ich mit meiner Musik vielen Menschen etwas geben kann.

Mit wem würdest du gerne ein Duett singen?
Mein Traum wäre es, eines Tages mit Herbert Grönemeyer eine Nummer zu singen. Ich denke, dass ist der Wunsch vieler deutscher Künstler.

Du hattest eine Karriere im Spitzenfussball vor dir und hast dich dann aber für die Musik und gegen den Sport entschieden. Warum?
Ich war noch nicht in der Bundesliga, sondern spielte noch in der Jugendmannschaft, als ich mit 16 Jahren ein erstes Vertragsangebot erhielt. Dann musste ich mich entscheiden: mache ich Abitur und Fussball oder Abitur und Musik. Als ich dann definitiv vor der Wahl stand, war für mich sofort klar, dass ich mich für die Musik entscheiden werde. Mein Bauchgefühl und mein Herz sagten mir immer, dass es die Musik sein muss und deshalb fiel mir die Entscheidung dann schlussendlich auch nicht schwer.

Was war bisher so ein richtiges musikalisches Highlight für dich?
Die grosse „Liebe“-Tour mit Sido war eines der grössten Highlights. Ich bin sehr dankbar, dass er mich auf diese Tour mitgenommen hat und ich spielen durfte.

Welches Berliner Restaurant würdest du einem Schweizer Touristen empfehlen?
Auf jeden Fall das „Stella Alpina“. Das Lokal bietet italienische Klassiker in ländlichem Ambiente und ist ein Besuch absolut wert. Da sollte man unbedingt hin gehen, wenn man in Berlin ist.

Und bei den Clubs?
Bei den Clubs kommt es darauf an, auf was man so steht. Wenn man House und Hip-Hop mag, dann würde ich sagen, man sollte ins „Prince Charles“ gehen, das ist ein Club in Kreuzberg. Wenn man elektronische Musik hören möchte, dann kann man gut ins „Berghain“ gehen. Da geht auf jeden Fall die Post ab. Natürlich gibt es in Berlin aber noch ganz viele andere tolle Locations.

Eine Message für deine Schweizer Fans?
Ich muss sagen, die Schweiz macht einfach Spass (lacht). Ich wurde hier bisher sehr, sehr herzlich empfangen und habe ein ganz gutes Gefühl dadurch bekommen. Ich hoffe, bald mein erstes Konzert hier spielen zu können, denn ich freue mich, die Schweizer Fans endlich kennenzulernen.

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