Wie oft sollten wir wirklich unser Gesicht waschen?

Dr. Yael Adler ist Dermatologin

Quelle: Thomas Duffé

Viele Menschen gehen davon aus, dass es ihrer Haut zugutekommt, wenn man sie täglich reinigt. Aber stimmt das? Dermatologin Dr. Yael Adler klärt im Interview auf.

Ist es ein Irrglaube, sich täglich das Gesicht gründlich reinigen zu müssen? Dr. Yael Adler, Dermatologin und Autorin von „Haut nah“, betont im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news: „Bei der Gesichtspflege gilt das Motto ‚Weniger ist mehr‘.“ Zudem verrät die Expertin, ob wir beim Reinigen zu speziellen Pflegeprodukten greifen müssen und inwieweit die Haut in der Lage ist, sich eigenständig zu regenerieren.

Müssen wir unser Gesicht wirklich jeden Abend gründlich reinigen, bevor wir zu Bett gehen?

Dr. Yael Adler: Es ist in der Tat so, dass die Haut im Gesicht und auch am Körper damit zurechtkommt, wenn man sie nicht immer wäscht beziehungsweise nur ganz sanft mit Wasser und Handtuch und ohne Reinigungssubstanzen. Selbst ein leichtes Make-up bekommt man mit warmem Wasser und Handtuch entfernt. Die Restpartikel, die auf der Haut liegen bleiben, sind für die Haut weniger strapazierend, als wenn man alle Schutzmechanismen der Haut weg-emulgiert, weg-peelt oder mit alkoholischen Tinkturen entfernt. Die Haut hat Schutzmechanismen und Oberhautfette aus der Epidermis. Die brauchen vier Wochen, um zu entstehen und haben Fette aus den Talgdrüsen. Diese Kombination ist sehr gut für das Gesicht, schützt vor Austrocknung, pflegt und schützt vor Erregern. Dazu haben wir einen Säureschutzmantel pH5, der dafür sorgt, dass die richtigen Bakterien dort leben, die das Immunsystem trainieren, einen Anti-Aging-Effekt haben, vor Infektionen schützen und dem Körper einen angenehmen Geruch verleihen. Zu guter Letzt haben wir Hornschüppchen, die die Haut mechanisch schützen und Feuchtigkeit einschliessen. Das bedeutet, dass zu häufiges Reinigen gar nicht so gut ist.

Was passiert mit unserer Gesichtshaut, wenn wir sie nie waschen?

Adler: Die Haut reinigt sich im Grunde selbst. Sie schuppt ab, hat einen eigenen Säureschutzmantel, eine eigene Fettpflege, ein eigenes Mikrobiom, also Türsteher-Bakterien. Sprich, wenn man die Haut nicht wäscht, wird dieses Gleichgewicht von abschuppen und neuen Hautzellen bilden nicht gestört und das kann gut funktionieren. Natürlich lagert sich auf der Gesichtshaut auch Schmutz und Staub ab, je nachdem, wo man sich gerade aufhält. Hier würde ich warmes Wasser und ein Mikrofaserhandtuch für die Reinigung empfehlen. Man darf auch Abschminkprodukte nehmen, da es von der Natur aus natürlich nicht vorgesehen ist, dass man sich schminkt. Aber bei leichtem Make-up reichen Wasser und Handtuch. Beim Entfernen des Augen-Make-ups sind allerdings Öle oder ein Augen-Make-up-Remover notwendig. Eine gesunde Haut im Gleichgewicht beginnt auch nicht, sich zu entzünden. Das passiert eher, wenn man sie zu viel pflegt und die Schutzmechanismen herunterwäscht. Die Folge sind Kontaktallergien, Reizungen oder Kosmetikakne.

Das Reinigen mit Wasser reicht also grundsätzlich aus?

Adler: Bei der Gesichtspflege gilt das Motto „Weniger ist mehr“. Eine grosse Menge an Pflegeprodukten kann die Hautbalance stören. Die Reinigung entfernt die Schutzmechanismen. Cremes enthalten oft Farbstoffe, Duftstoffe, Konservierungsstoffe, Emulgatoren, Mineralöle und andere Chemikalien, die verschiedenste Hautprobleme provozieren können. Man sollte die Haut nur dann und auch nur an jenen Stellen eincremen, die trocken sind und spannen.

Wenn man sein Gesicht wirklich regelmässig nur mit Wasser und Handtuch wäscht, merkt man nach vier Wochen schon, wie sie sich regeneriert hat. Die Gesundheit der Haut hängt auch stark von der Ernährung ab. Im Essen vorhanden sein sollten viele Vitamine, Spurenelemente, Omega-Fettsäuren, sekundäre Pflanzenstoffe, lösliche Ballaststoffe und probiotische Bakterien.

Haben Sie Geheimtipps in Sachen Gesichtspflege?

Adler: Man sollte keine überfrachteten Pflegeprodukte nehmen. Besser ist Sheabutter, die ist allerdings sehr fett. Sparsam kann man diese an den Jochbeinen oder Lippen nutzen. Hilfreich sind auch sogenannte Derma-Membranstruktur-Cremes, die gibt es in verschiedenen Fettkonsistenzen. Das sind hautähnliche Lipide, die den Hautfetten sehr ähneln. Die Haut kann darunter atmen und sich regenerieren. Auftragen sollte man aber auch diese nur an den bedürftigen Punkten. Zu guter Letzt ist Sonnenschutz wichtig.

Vorheriger ArtikelSerie über Königin Charlotte: Neue Details zum „Bridgerton“-Spin-off
Nächster Artikel„Bachelor“ Dominik und seine Anna: So plant das Paar seine Zukunft