Angst vor dem Internet: Muss man wirklich Bedenken haben?

Unsicher beim Surfen im Netz? Damit sind Sie nicht allein.

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Immer mehr Menschen surfen mit gemischten Gefühlen im Internet. Ein Experte verrät, welche Gefahren das Netz aktuell dominieren und wie man sich effektiv schützt.

Eine aktuelle Umfrage des Digitalverbands Bitkom zeigt, dass die Angst vor dem Surfen im Netz wächst. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber real: So haben laut eines Berichts der US-Behörde für Finanzkriminalität amerikanische Banken allein 2021 Überweisungen von Ransomware-Lösegeldern in Höhe von 1,2 Milliarden US-Dollar verarbeitet. Im Gespräch mit der Nachrichtenagentur spot on news erklärt Thorsten Urbanski, IT-Sicherheitsexperte beim Softwareunternehmen ESET, was Userinnen und User unternehmen können, um sich im Netz sicherer zu fühlen.

Nur 15 Prozent der Internetnutzer in Deutschland fühlen sich der repräsentativen Bitkom-Umfrage zufolge beim Surfen „sehr sicher“. Der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger geht es anders: Etwas mehr als die Hälfte (52 Prozent) der Bevölkerung fühlt sich demnach eher (28 Prozent) oder sehr unsicher (24 Prozent). Unbegründet ist die Sorge nicht, erklärt IT-Sicherheitsexperte Urbanski: „Online-Kriminalität ist ein weltumspannendes Big-Business in dem mehr Geld umgesetzt wird als im globalen Drogenhandel. Hier agieren professionelle Cyber-Banden, die seit Jahren im Geschäft sind und Unternehmen genauso ins Visier nehmen wie Privatpersonen.“

Das sind die häufigsten Maschen der Betrüger

Insbesondere das eigene E-Mail-Postfach sei nach wie vor das „Einfallstor Nummer eins“, sagt Urbanski. Für die Täter, die massenhaft Phishing- und Spammails verschicken, sei bereits eine Erfolgsquote von 0,1 Prozent lukrativ. Weil diese Mails nicht mehr immer auf den ersten Blick zu erkennen seien, rät der Experte: „Auf keinen Fall auf die Links klicken, sondern sich direkt auf der Seite händisch einloggen und gegebenenfalls eine Mail an den jeweiligen Betreiber schreiben. Oftmals informieren diese auf ihren Seiten bereits über die aktuelle Kampagne gegen ihre Kunden.“

Das gleiche gelte für Mails oder Fakeshops, die astronomische Rabatte oder Produkte zu unrealistisch günstigen Preisen anbieten. Die Kriminellen locken dabei nicht mehr nur mit Smartphones oder Markenkleidung, sondern passen sich der aktuellen Lage an, führt Urbanski aus: „Aktuell beobachten wir seit Beginn des Ukraine-Kriegs und der Erhöhung der Gaspreise und auch Pallets, dass Kaminholz beziehungsweise Pallets zu vollkommen utopisch günstigen Preisen angeboten werden. Hier handelt es sich fast immer um Onlinebetrug.“

Für die organisierte Kriminalität lukrativ seien ausserdem Kreditkartenbetrug und Identitätsdiebstahl. Speziell der persönliche Datenklau führe schnell zu ernsthaften Folgen, erklärt Urbanski: „Denn nur wenige persönliche Daten reichen aus, um Handy-Verträge und Versicherungen unter falschen Namen abzuschliessen und das eigene Schufa-Scoring in den Keller rauschen zu lassen.“

So begegnet man den Gefahren im Netz richtig

Um sich effektiv zu schützen, empfiehlt Urbanski, die Betriebssysteme seiner Endgeräte jederzeit „up to date“ zu halten und sich zusätzlich mit professioneller Sicherheitssoftware abzusichern. Auf Spam- und Phishingmails sollte man niemals antworten, denn selbst wenn der Scam nicht zustande kommt, erfahren die Angreifer, dass es sich um eine aktiv genutzte E-Mail-Adresse handelt. Ausserdem sei ratsam, auf öffentlich einsehbaren Social-Media-Plattformen nicht sein echtes Geburtsdatum anzugeben. Wer wissen möchte, ob seine persönlichen Daten bei grossen Datendiebstählen bereits abhanden gekommen sind, kann das auf kostenlosen Websites wie „have I been pwned“ überprüfen.

Sollte sich dabei herausstellen, dass man Opfer von Identitätsdiebstahl geworden ist, empfiehlt Urbanski folgende Schritte: „Erstatten Sie unbedingt Strafanzeige bei der Polizei und melden den Identitätsdiebstahl bei der Schufa und Ihrer Bank. Wenn schon Geld vom Konto abgebucht wurde, lassen Sie betroffene Konten und Kreditkarten sofort sperren.“ Auch die Passwörter der Accounts sollten Betroffene umgehend ändern sowie sich ein neues Girokonto ausstellen lassen, um Transaktionen über die entsprechende Bankverbindung in Gänze zu vermeiden. Inzwischen lassen sich ausserdem zahlreiche Fakeshops entlarven, beispielsweise über die kostenlose Suchmaschine der Verbraucherzentrale. Hierzu einfach die URL des Shops in die Suchleiste kopieren und das Ergebnis abwarten.

Trotz all dieser potenziellen Gefahren bräuchten User den Kopf nicht in den Sand zu stecken, meint Urbanski. Wer auf seine persönliche Sicherheit im Netz achtet, komme schliesslich auch in den Genuss der Vorteile des Internets, von unserer gemeinsamen Vernetzung über unkompliziertes Shopping bis zur neuen Homeoffice-Normalität. Dass die Mehrheit der Bevölkerung das verstanden hat, zeigt auch die Bitkom-Umfrage: 70 Prozent der Deutschen sehen die Verantwortung für ihren Schutz im Netz bei sich selbst.

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