„Im Körper des Feindes“ wird 25: Cage und Travolta in Höchstform

Quelle: imago/United Archives

Genau 25 Jahre ist es her, dass John Woo seine Hauptdarsteller John Travolta und Nicolas Cage in den „Körper des Feindes“ steckte. Herausgekommen ist köstlich hanebüchener Action-Krawall mit erstaunlich vielen Facetten.

Hin und wieder kann man als Zuschauer erkennen, ob Schauspieler eine Rolle nur für den Gehaltscheck angenommen haben – oder aber mit geradezu infantiler Freude jeden Tag am Set aufgekreuzt sind. In doppelter Hinsicht trifft das auf John Woos (76) herrlich überstilisiertem Baller-Ballett „Im Körper des Feindes“ zu, der am 25. September 1997, also vor exakt 25 Jahren, die deutschen Leinwände eroberte.

Nicolas Cage (58) als John Travolta (68), John Travolta als Nicolas Cage. Dazu goldene Knarren, weisse Tauben, das Ganze vornehmlich in Zeitlupe und einem Plot, bei dem plastische Chirurgen die OP-Handschuhe über dem Kopf zusammenschlagen. In Summe ergab das Action-Kino, wie es in dieser Form abseits der Comic-Verfilmungen schon lange nicht mehr zelebriert wird: Einerseits komplett drüber, aber mit tief zugrundeliegender Ernsthaftigkeit. Andererseits mit einer zwar hanebüchenen, aber höchst innovativen Story. Eben ein Film mit zwei Gesichtern, von denen sich beide auf ihre Weise sehen lassen können.

Der Gute und der Böse tauschen die Seiten

FBI-Agent Sean Archer (Travolta) sinnt auf Rache. Bei einem Mordanschlag auf ihn, ausgeführt durch den Terroristen Castor Troy (Cage), kam vor sechs Jahren sein kleiner Sohn ums Leben. Als der Tag der Vergeltung schliesslich gekommen ist, währt die Freude nur kurz: Bei der explosiven Festnahme landet Troy im Koma – doch nur er und sein Bruder Pollux (Alessandro Nivola, 50) kennen das Versteck einer Bombe mitten in Los Angeles. Um Pollux den Fundort zu entlocken, macht Archer das, was jeder gute FBI-Beamte machen würde: In einer strenggeheimen Operation lässt er sich sein Gesicht entfernen, durch das von Castor Troy ersetzen und zu Pollux in ein Hochsicherheitsgefängnis sperren!

Ohne Gesicht, dafür mit umso mehr Wut im Bauch, wacht jedoch kurze Zeit später der echte Troy im Krankenhaus auf. Aus Mangel an Alternativen zwingt er die Ärzte dazu, ihm das Gesicht von Archer auf den Leib zu nähen, ehe er alle über den Identitätstausch Eingeweihten um die Ecke bringt. Aus Castor Troy ist somit für alle Aussenstehenden, auch den jeweiligen Familien, FBI-Grösse Sean Archer geworden – und aus dem Schwerverbrecher Castor Troy…

Nicht nachdenken, Spass haben

Die Handlung von „Im Körper des Feindes“, das wird allein aus der Inhaltsangabe überdeutlich, ist glorreicher Mumpitz. Wo sich andere Filme für einen Körpertausch in aller Regel nicht anders zu helfen wissen, als auf Magie zurückzugreifen, traut sich Woo an eine „wissenschaftliche“ Lösung – die so unwichtige Dinge wie unterschiedliche Blutgruppen oder abweichender Körperbau geflissentlich zu ignorieren weiss.

Zusammen mit den Szenen im Hochsicherheitsgefängnis, in denen die Insassen per Magnetschuhe in Schach gehalten werden, ist „Im Körper des Feindes“ neben Action-Orgie auch Sci-Fi-Film. Die ruhigen Momente, in denen es sich der falsche Archer wie ein Kuckuck im Heim seines Erzfeindes gemütlich macht, gleichen gar einem Familiendrama.

Für die beiden Hauptdarsteller ergibt sich eine köstliche Aufgabe. Im Grunde spielen sie über weite Strecken des Films nicht ihre jeweiligen Rollen, sondern den jeweils anderen Schauspieler. Travolta geht hierfür unter die „Overacter“ und darf sich über sein eigenes, „lächerliches Kinn“ aufregen. Ausgerechnet HB-Männchen Cage muss derweil den stoischen Langweiler verkörpern.

Arg konstruiert mag die Prämisse also sein, Regisseur und Hauptdarsteller holen jedoch alles aus ihr heraus. Ganz im Zeichen seiner Hong-Kong-Actionfilme, allen voran Paradebeispiel „Hard Boiled“ mit Chow Yun-fat (67), steht bei Woo die Action aber selbstredend im Mittelpunkt. Sehen lassen kann sich die auch 25 Jahre später noch. Praktischen Effekten, Baller-Zeitlupe und weissen Tauben sei Dank – einem Stilmittel-Dreierpack, dem er drei Jahre später auch in „Mission: Impossible 2“ die Treue hielt.

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