„Der Dunkle Turm“: Nicht nur für Fans der Buch-Reihe ein Desaster

Stephen King gilt als der König des Horrors. Vor der Verfilmung seines „Dunklen Turms“ werden sich Fans der Buchvorlage gewaltig gruseln…

„Das ist absolut unverfilmbar.“ Gehört hat man diese Aussage schon des Öfteren über diverse Bücher. Bei J.R.R. Tolkiens Meisterwerk „Der Herr der Ringe“ etwa. Oder aber beim Comic-Buch „Watchmen“, respektive dem Roman „Cloud Atlas“. Doch funktioniert hat es bei allen drei Beispielen solide bis sehr gut – auch wenn Hardcore-Fans zumindest bei Letzterem vielleicht widersprechen würden. In Anbetracht von Stephen Kings Magnum Opus „Der Dunkle Turm“ bleibt aber nach den rund 90 Minuten der Kinoversion ganz klar die Erkenntnis übrig: „Das ist absolut unverfilmbar.“

Ein Kind mit dem bestimmten „Shining“

Roland Deschain (Idris Elba) ist der letzte seiner Art, der letzte Revolvermann. Einsam versucht er, Walter O’Dim (Matthew McConaughey) alias den „Mann in Schwarz“ zur Strecke zu bringen. Eine Verfolgungsjagd durch sämtliche Dimensionen beginnt, auch der unseren. Denn der mysteriöse Schurke plant, den „Dunklen Turm“ zu Fall bringen zu wollen – jenes sagenumwobene Konstrukt älter als die Zeit selbst, das das Universum zusammenhält. Und so beginnt sie, die ultimative Schlacht zwischen Gut und Böse.

Das Zünglein an der Waage des Weltuntergangs spielt ausgerechnet ein kleiner Junge, der in erster Linie durch seine verschrobene Art auffällt. Denn Jake Chambers (Tom Taylor) ist seit dem Tod seines Vaters nicht mehr die Frohnatur von einst, treibt mit täglichen Problemen in der Schule tiefe Sorgenfalten in die Stirn seiner Mutter Laurie. Doch mehr noch besorgen sie Jakes Wahnvorstellungen. Von der Apokalypse redet er nach jeder durchschwitzten Nacht voller mysteriöser Träume. Seine Kinderzimmerwand ist gespickt mit düsteren Zeichnungen – von einem Revolvermann, einem Teufel in Menschengestalt… und einem dunklen Turm.

Verkehrte Welt!

Wer sich seiner Zeit durch die acht Bände und rund 4’000 (!) Seiten von „Der Dunkle Turm“ regelrecht gefressen hat, der wird bei der Adaption gleich zu Beginn schlucken müssen. Dass der Film vieles anders machen würde, darauf machten einen bereits die Trailer gefasst. Mit einem Austausch der Hauptfigur hatten aber wohl die wenigsten gerechnet. Denn nicht der Revolvermann Roland ist der zentrale Protagonist des Streifens, sondern der „Shining“-begabte Junge Jake. Für Fans der Vorlage, die teils Jahrzehnte (Band eins wurde in den USA erstmals 1982 veröffentlicht) darauf gewartet haben, ihren tragischen Helden endlich in Fleisch und Blut zu sehen, muss diese Entscheidung wie ein Schlag ins Gesicht anmuten. Auf Fan-Lieblinge wie Eddie oder Susannah aus den Büchern muss sogar ganz verzichtet werden.

Stattdessen ist Roland von Gilead über weite Strecken des Films nur Beiwerk, ein Mittel, um dem Halbwaisen Jake einen emotionalen Anker zu geben – erneut eine 180-Grad-Wende im Vergleich zum Buch. Überhaupt ist von der Originalquelle so gut wie nichts übrig geblieben. Bei einigen Punkten – etwa, dass Roland von einem Afro-Amerikaner gespielt wird – ist das kein Problem. Andere Entscheidungen hingegen wiegen schwer und machen es nicht verwunderlich, dass der Film in der US-Heimat vernichtende Kritiken einfährt. Es heisst, Stephen King sei angesichts der vielen Änderungen seiner Zeit schockiert von der Kinoversion von „The Shining“ gewesen. Dann müsste ihn „Der Dunkle Turm“ eigentlich ins Grab bringen.

King erschuf mit „Der Dunkle Turm“ eine erfrischend andere Fantasy-Welt. Vermengte Elemente klassischer Spaghetti-Western mit Magie und gar Steam-Punk. Und verknüpfte mit ihm in Zentrum im Grunde all seine anderen Werke, von „The Shining“ bis „Es“. Doch nur ganz selten blitzt davon auch etwas bei der Filmversion auf. Ob nun aus Budget-Gründen oder sonstigen Überlegungen verwehrt der Film das Eintauchen in diese innovative Fantasy-Welt, kratzt allenfalls in einzelnen Szenen an ihrer Oberfläche. Die Folge: jeder einzelne Schauwert des Streifens ist gefühlt schon tausendfach gesehen, die Action-Szenen à la „John Wick“ muten zuweilen gar unfreiwillig komisch an.

Auch als Fortsetzung der Bücher eine Enttäuschung

Wer sich nun aber mit dem Roman auskennt, der wird wissen, dass angesichts dessen Endes die Film-Version auch als Fortsetzung fungieren kann, in der Änderungen durchaus legitim sind. Doch ehrlich gesagt macht das alles nur noch frustrierender: generischer hätte die Story und der Schluss des Films, so viel sei spoilerfrei gesagt, nicht sein können. Ein Ende, das zudem die Frage aufwirft, ob sich die Verantwortlichen aus Angst eines schon absehbaren Flops die Möglichkeit offenlassen wollten, die eigentlich geplante Franchise nach dem ersten Teil bei Bedarf wieder einstampfen zu können. Mit diesem faden Beigeschmack wird einen der Film jedenfalls nach den zugegeben sehr kurzweiligen 90 Minuten entlassen.

Wohlwollend könnte man aber zumindest attestieren, dass sie die Buchvorlage nicht wie bei anderen Beispielen (wir blicken da strengen Blickes Richtung „Der Hobbit“) unnötig aufblasen wollten und sich stattdessen auf das Zentrale konzentrieren. Ein schwacher Trost aber, denn statt auf das Zentrale konzentriert sich „Der Dunkle Turm“ dummerweise nur auf das Nötigste. Wäre er ein Getränk, so hiesse er nicht „Der Dunkle Turm Light“, sondern „Der Dunkle Turm Zero“.

Ein Oscar-Gewinner am Limit

Über jeden Zweifel erhaben ist der Cast. Eigentlich. Oscar-Preisträger Matthew McConaughey spielt sich als Bösewicht Walter regelrecht die Finger wund und seine Fähigkeit, Menschen schnurstracks tot umfallen zu lassen, ist durchaus beängstigend inszeniert. Insgesamt bietet ihm das uninspirierte Skript aber kaum Gelegenheit, sein Talent zu zeigen. Selbiges gilt für seinen Gegenpol Roland alias Idris Elba, dessen wachsende Beziehung zum Jungen Jake aber immerhin gut funktioniert. Tatsächlich ist es Tom Taylor als besagtes Kind, der am meisten zu überzeugen weiss – leider in einem Film, der dies in seiner Gesamtheit ganz und gar nicht tut.

Fazit:

„Ich töte nicht mit meiner Waffe; wer mit seiner Waffe tötet, hat das Angesicht seines Vaters vergessen. Ich töte mit dem Herzen.“ So lautet das Kredo der von Stephen King erfundenen Revolvermänner. Vielleicht nicht das Angesicht ihres Vaters, wohl aber das ihrer Vorlage haben die Macher von „Der Dunkle Turm“ über weite Strecken des Films vergessen. Vor allem Fans der einzigartigen Buchreihe wird die Kinoversion daher gewaltig enttäuschen.

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