„Alles Geld der Welt“: Eine wahre Begebenheit neu erzählt

Am Donnerstag startet „Alles Geld der Welt“ in den Kinos. Wie gut ist der Film, der die Geschichte von Paul Gettys Entführung erzählt, aus dem Kevin Spacey nachträglich entfernt und durch Christopher Plummer ersetzt wurde?

Im Vorfeld gab es um die Romanverfilmung „Alles Geld der Welt“ eine ziemliche Aufregung. Das lag in erster Linie nicht an dem Film und der Story selbst, sondern an dem Skandal um Kevin Spacey (58), der ursprünglich den Part des J. Paul Getty übernehmen sollte – und dies auch getan hat, nachträglich aber aus dem Film verbannt und durch Christopher Plummer (88) ersetzt wurde. Dieser ist für seine Nebenrolle nun für einen Oscar nominiert. Doch ist das gerechtfertigt? Und merkt man dem Film an, dass er nachträglich zusammengeschnitten wurde?

In Rom im Sommer 1973 ereignet sich einer der aufsehenerregendsten Kriminalfälle der Geschichte. Der 16-jährige Paul (Charlie Plummer), seines Zeichens Enkel des milliardenschweren Öl-Magnaten J. Paul Getty (Christopher Plummer), wird von der italienischen Mafia entführt und festgehalten. Die Kidnapper verlangen 17 Millionen Dollar Lösegeld. Das Problem: Der reichste Mann der Welt denkt gar nicht daran, das Geld zu bezahlen…. Seine Überzeugung: Zahlt er das geforderte Geld, werden bald auch seine 13 anderen Enkel entführt werden.

Und so beginnt für Pauls Mutter Gail (Michelle Williams) eine fünfmonatige nervenaufreibende Suche nach ihrem entführten Sohn. Im Kampf gegen die Mafia und den sturen alten Getty steht ihr dessen Sicherheitsberater Fletcher Chace (Mark Wahlberg) zur Seite. Doch die Entführer beginnen zu grausamen Mitteln zu greifen, um ihre Forderungen durchzusetzen…

Wie viel Geld ist ein Menschenleben wert?

Regisseur Ridley Scott hat sich mit der Romanverfilmung von John Pearsons Buch „Alles Geld der Welt“ Grosses vorgenommen. Schliesslich basiert die Story auf der wahren Begebenheit um die Entführung des Milliardärsenkel John Paul Getty III., der sich von den traumatischen Erlebnissen nie wieder vollständig erholte und 2011 zerstört durch seine Drogensucht mit nur 54 Jahren starb. Zeitzeugen wie Gettys Ex-Frau, die deutsche Autorin und Fotografin Gisela Getty, sowie der gemeinsame Sohn Balthazar leben noch heute. Doch den Fokus hat Scott bei seinem 132 Minuten langen Thriller an einer anderen Stelle gesetzt.

„Alles Geld der Welt“ ist ein Film geworden, der vor allem Fragen aufwirft wie: Wie viel Geld ist ein Menschenleben wert? Macht Geld wirklich glücklich? Um das zu ergründen, hat sich Scott aus der Geschichte vor allem das Leid der Mutter Gail – wunderbar gespielt von Michelle Williams -, die Kaltherzigkeit des steinreichen Grossvaters sowie die den Umständen entsprechende Beziehung der beiden herausgegriffen. Christopher Plummer wirkt dabei in der Rolle des alten, kauzigen Öl-Milliardärs wie die Originalbesetzung.

Er versteht es, Getty als undurchsichtigen, auf Geld fixierten, einsamen Mann darzustellen, dem man Sätze wie „Wir sehen aus wie ihr, aber wir sind nicht wie ihr“ oder „Friss oder stirb“ abkauft. Man nimmt es ihm übel und doch wieder nicht, denn seine Beweggründe scheinen tief in seiner Psyche verankert zu sein. Er verlasse sich lieber auf „die Reinheit der Dinge“, da diese ihn nicht enttäuschen könnten, erklärt er einmal auf die Frage, warum er Geld für Kunstartefakte ausgebe, aber nicht für seinen entführten Enkel.

Einen Oscar für Christopher Plummer?

Dass Plummers Szenen innerhalb von zehn Tagen nachgedreht und der Film innerhalb kürzester Zeit neu geschnitten werden musste, fällt nicht weiter auf. Ursprünglich hatte Kevin Spacey J. Paul Getty gespielt. Doch am 29. Oktober 2017 wurden die ersten Missbrauchsvorwürfe gegen Spacey bekannt. Regisseur Ridley Scott, der seine Oscar-Hoffnungen schwinden sah, reagierte prompt. Nun ist Plummer tatsächlich für die Rolle als „Bester Nebendarsteller“ nominiert. Ob sich der Aufwand gelohnt hat, wird sich bei den Acadamy Awards am 4. März zeigen.

Weitere Highlights des Thrillers – neben der Schauspielkunst von Christopher Plummer und Michelle Williams: Vor allem Fans der Siebziger Jahre und der Hippie-Zeit kommen auf ihre Kosten. Durch Kostümdesign, Kulissen und vor allem durch den Soundtrack wird das Lebensgefühl des legendären Sommers der Liebe perfekt eingefangen. Perfekt besetzt ist auch die Rolle des Mafioso Chinquanta. Der französische Schauspieler Romain Duris wird als Entführer, der sich heimlich um das Wohl des entführten Milliardärssohn sorgt, im Laufe des Films immer sympathischer. Mark Wahlbergs Part als ehemaliger CIA-Mann und eigentlicher Retter bleibt hingegen eher charakter- und konturlos.

Fazit

Wer ein Faible für Filme hat, die auf wahren Begebenheiten basieren, sollte sich „Alles Geld der Welt“ nicht entgehen lassen. Gerade das Wissen über den Ausgang der Geschichte, macht den Verlauf der Handlung erträglich. Auch wenn Ridley Scott so manches Mal die künstlerische Freiheit ausgenutzt hat, um den Spannungsbogen höher zu gestalten, hält sich der Thriller doch zum grössten Teil an die reale Geschichte. Nichts für schwache Nerven: die Szene, in der John Paul Getty III. sein Ohr verliert. Hier heisst es Augen zu und durch! Denn der Film lohnt sich.

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