Gary Oldman: Vom Kino-Scheusal zum Nazi-Bezwinger

Viele Jahre liebten wir es, Gary Oldman zu hassen. Zu gut machte er sich als Bösewicht. Inzwischen ist das Geburtstagskind die Tugend in Person – aber nur auf der Leinwand?

Schauspieler werden gerne anhand ihrer Wandelbarkeit bewertet. Nicht umsonst gilt Meryl Streep (68) genau aufgrund dieser Qualität als beste Schauspielerin aller Zeiten. Noch vor 15 Jahren hätten böse Zungen das heutige Geburtstagskind Gary Oldman (60) wohl am anderen Ende des Spektrums gesehen: immer ein Schurke, immer ein manisches Monster, immer der zugegeben geniale Gegenspieler, an dem sich die rechtschaffene Hauptfigur aufreiben muss und deshalb glänzen darf. Einen seither anhaltenden Image-Wandel zauberte ihm erst „Harry Potter“ im Jahr 2004 herbei…

Kein vorgezeichneter Weg

Wenig deutete am 21. März 1958 darauf hin, dass der im Stadtteil New Cross in London geborene Gary Leonard Oldman knapp 60 Jahre später zum Oscar-Gewinner reifen würde. Anders als so mancher Hollywood-Star, dem durch die ebenfalls künstlerische Familie ein Weg in der Industrie vorgezeichnet wurde, war dies bei Oldman nicht der Fall. Seine Mutter Kathleen war Hausfrau, Vater Leonard Bertram malochte als Schweisser. Lediglich das Drama war ihm schon in frühen Jahren hold: Sein Vater war stark alkoholabhängig und verliess die Familie (Oldman hat noch eine ältere Schwester), als der heutige Star sieben Jahre alt war.

From Zero to Schurke

Als ehemaligen Kinderstar kann man Oldman wahrlich nicht bezeichnen. Erst mit 28 Jahren ergatterte er seine erste ernstzunehmende Rolle, dann aber sofort eine mit Signalwirkung an die Schauspiel-Welt: Im Spielfilm „Sid und Nancy“ von 1986 spielte er den notorischen Skandal-Musiker Sid Vicious der Punkband Sex Pistols.

Von da ab schien seine Karriere als Leinwand-Ekel beschlossene Sache. In „The Firm“ prügelte er sich als unverbesserlicher Hooligan, erschoss (?) als Lee Harvey Oswald „JFK“, nuckelte als berühmtester Vampir „Dracula“ an holden Damen oder wollte als herrlich diabolischer Cop der damals blutjungen Natalie Portman (36) in „Léon – Der Profi“ ans Leder.

Weitere nennenswerte Schurkenrollen hatte Oldman in „Air Force One“, „Murder in the First“, „Das fünfte Element“, „True Romance“ oder „Hannibal“ inne. Nur selten gelang es ihm, nicht durch und durch verrohte Scheusale zu spielen, etwa in „Ludwig van B. – Meine unsterbliche Geliebte“ oder „Der Frauenmörder“, in dem er völlig atypisch nicht die Titelrolle innehatte.

Ein junger Zauberer ändert alles

Erst 2004 sollte sich das ändern. „Harry Potter und der Gefangene von Askaban“ kokettierte zunächst noch mit Oldmans Ruf, liess ihn wie den sicheren Bösewicht erscheinen und schliesslich zu einem der beliebtesten Helden der Reihe werden. Von da ab war es nur noch ein kleiner Schritt, bis sich eine gewisse Fledermaus für ihn interessierte…

2005 durfte sich Oldman als Commissioner Gordon auf der richtigen Seite des Gesetzes und als treuer Wegbegleiter von Bruce Wayne alias „Batman“ (Christian Bale, 44) beweisen. In einem Interview sagte er über seine Rolle: „Eine der besten Kritiken meines Lebens kam zu der ‚Batman‘-Reihe. Jemand schrieb, dass ich Tugend darin aufregend erscheinen lasse.“ Plötzlich stand das ewige Filmmonster also wie kein Zweiter für Rechtschaffenheit und Edelmut.

Ausgerechnet mit dem als historische Figur nicht unumstrittenen Winston Churchill sollte Oldman in diesem Jahr sein Husarenstück in dieser Hinsicht gelingen. „Die dunkelste Stunde“ zeichnete Churchill als streitbaren, insgesamt aber liebenswerten Mann, dessen Sturheit letztendlich dazu führte, Nazi-Deutschland zu besiegen. In einem soliden Film lieferte Oldman eine herausragende Leistung ab und schnappte sich den Oscar als bester Hauptdarsteller – es war sein erster.

Pech in der Liebe?

Ein Oscar, fünf Ehen: Während es bei den Academy Awards erst 2018 klingelte, läuteten die Hochzeitsglocken schon sehr häufig für Oldman. Seine erste Frau Lesley Manville heiratete er Ende der 80er, zwischen 1990 und 1992 trug Uma Thurman (47) einen Ring von ihm am Finger. Als „Ludwig van B“ verguckte er sich in den Co-Star Isabella Rossellini (65), hier gereichte es aber „nur“ zu einer Verlobung, die zwei Jahre hielt. Fotografin Donya Fiorentino und Sängerin Alexandra Edenborough wurden zu den Ehefrauen Nummer drei und vier. Seit September 2017 ist Autorin Gisele Schmidt die Frau an seiner Seite. Insgesamt gingen drei Söhne aus den fünf Ehen hervor.

Zurück zum Scheusal?

Einer dieser Söhne hat seinen Vater erst vor Kurzem öffentlich verteidigen müssen. Gulliver Oldman, der 20-jährige Sohn des Film-Stars, veröffentlichte eine längere Erklärung. In dieser verurteilte er den „Clickbait-Journalismus“ und seine Mutter dafür, die den Oscar-Gewinn von Oldman zum Anlass nahm, Vorwürfe gegen ihren Ex-Mann zu erneuern. Es habe in ihrer Ehe häusliche Gewalt gegeben, so Donya Fiorentino. Sohn Gulliver dagegen sagt, ein derartiger Vorfall habe nie stattgefunden.

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