Claire Foy: «Neil trug die Last der gesamten Welt auf den Schultern»

Wie besessen war Neil Armstrong? Wie sehr litt seine Frau Janet darunter? Und ist „Aufbruch zum Mond“ patriotisch genug? Auf all das gibt Claire Foy Auskunft im Interview.

Wenn ab dem heutigen 8. November auch hierzulande Ryan Gosling (37) als Neil Armstrong seine beschwerliche, aber bahnbrechende Kino-Reise gen Mond antritt, darf auf keinen Fall Claire Foy (34, „Unsane – Ausgeliefert“) übergangen werden. Als dessen Frau Janet zeigt sie auf beeindruckende Weise, welche immense Zerreissprobe Neils „Aufbruch zum Mond“ für die Familie des Astronauten darstellte. Warum sie die Patriotismus-Kritik im Vorfeld des Kinostarts so gar nicht nachvollziehen kann, von was Neil ihrer Meinung nach besessen war und wieso sie es als wichtig erachtet, auch die Verschwörungstheorien über die Mondlandung ernst zu nehmen – das alles verriet sie im Interview.

Frau Foy, wie wichtig ist es, eine Geschichte zu erzählen, von der jeder das Ende kennt?

Claire Foy: Es geht um acht Jahre aus dem Leben von Neil und was ihn dazu inspiriert hat, sich für das NASA-Programm einzuschreiben. Darum ist der Film etwas Besonderes. Es ist nicht einfach nur ein Bio-Pic zu der Frage: „Wer war Neil Armstrong?“. Es bedarf eines Regisseurs wie Damien [Chazelle, Anm. d. Red.], eine Geschichte einzigartig zu erzählen, von der jeder meint, sie genau zu kennen. Von Neil, seiner Familie und all den Dingen zu erfahren, die er zuvor durchleben musste, macht seine Errungenschaft nur umso unglaublicher.

Sie sprechen Damien Chazelle an. Ein beliebtes Thema seiner Filme ist Obsession. Geht es in Ihren Augen auch in „Aufbruch zum Mond“ darum? Männliche Obsession im Speziellen?

Foy: Ich glaube nicht, dass Neil besessen davon war, zum Mond zu reisen. Aber er war davon besessen, zu fliegen. Das ist etwas, das seine Frau Janet mit ihm teilte – ihr Vater flog ebenfalls. Neils Obsession war es, die Grenzen auszuloten. Er war Testpilot und flog Maschinen, die zuvor noch von keiner anderen Menschenseele betreten wurden. Dieser Tatendrang und diese Entschlossenheit waren es, die ihn erfüllten, nachdem seine Tochter gestorben war.

Es wird ein sehr tiefgründiges Bild von Neil Armstrong gezeichnet. War er ein furchtloser Held im Cockpit, aber ein Feigling in den eigenen vier Wänden?

Foy: Ich hoffe, dass das Publikum spürt, wie schwer Neil mit dem Dilemma zu kämpfen hat, einerseits als Vater für seine Kinder da zu sein, andererseits die Last der gesamten Welt auf seinen Schultern tragen zu müssen. Und auch nachvollziehen zu können, warum es ihm nach dem Tod seiner Tochter so schwer fiel, die Vaterrolle einzunehmen. Er ist kein Feigling, ganz und gar nicht. Der Film zeigt auf ehrliche Weise, wie Menschen mit Trauer umgehen – und welche Strapazen Neil auf sich nimmt, um ihr zu entkommen.

Dem Film gelingt es ausgesprochen gut, die alltäglichen Schrecken zu zeigen, mit denen sich die Familien der Astronauten abfinden mussten. Hätten Sie jemals ein Leben wie das von Janet Armstrong führen wollen?

Foy: Jeder Mensch bringt aus den verschiedensten Gründen Opfer. Ihre Existenz war einzigartig, das könnte ich ohnehin nie wiederholen. Aber ich kann nachvollziehen, wie sehr sie ihre Familie geliebt und wie viel sie ihnen gegeben hat.

Über Neil und Janet Armstrongs Leben war abseits seiner Reise zum Mond wenig bekannt. Wie viel wussten Sie über deren Privatleben, bevor Sie die Rolle bekamen?

Foy: Das meiste davon konnte man gar nicht wissen. Die beiden haben es geschafft, ihr Familienleben weitestgehend für sich zu behalten.

Wie konnten Sie sich dann auf die Rolle vorbereiten? In einem anderen Interview sagten Sie bereits, Janet nie getroffen zu haben.

Foy: Ich habe sie nie persönlich getroffen, das stimmt. Aber ihre Söhne waren ausgesprochen grosszügig und teilten Erinnerungen aus ihrer Kindheit. Ich sprach mit vielen Menschen, die allesamt ausgesprochen gerne ihre Erinnerungen an Janet preisgaben, weil sie von ihnen allen sehr geliebt wurde.

Im Vorfeld des Films kam eine sehr dubiose Debatte auf: Viele Menschen fanden, dass die amerikanische Flagge nicht patriotisch genug auf dem Mond platziert wurde. Können Sie diesen – sehr amerikanischen – Streitpunkt verstehen?

Foy: Nur in dem Kontext, dass diese Debatten von Menschen geführt wurden, die den Film offensichtlich nicht gesehen haben. Die Leute können viel über Sachen sagen, die sie nicht gesehen haben. Der Film handelt von einem Patrioten. Neil war sehr patriotisch und diente seinem Land.

Zu guter Letzt: Haben Sie jemals der Verschwörungstheorie geglaubt, wonach die Mondlandung nie stattgefunden hat?

Foy: Es ist nicht so, dass ich sie je ernsthaft geglaubt habe. Aber ich finde, dass man zumindest beide Optionen berücksichtigen sollte. Das muss man bei allen Dingen machen, die man liest oder hört – beide Seiten in Betracht ziehen. Aber dank all der Nachforschung, die ich betrieben habe, und den Berichten aus erster Hand, weiss ich in diesem Fall, auf welcher Seite ich stehe (lacht).

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