Florian David Fitz: «Matthias war die grössere Memme»

Florian David Fitz spielt in seinem neuen Film „100 Dinge“ neben Matthias Schweighöfer die Hauptrolle, führte Regie und schrieb das Drehbuch. Warum sein Kumpel „die grössere Memme“ am Set war, erzählt er im Interview.

Nach „Der geilste Tag“ und zweijähriger Pause ist der Film „100 Dinge“, der am heutigen Donnerstag in den Kinos anläuft, das zweite gemeinsame Projekt, das die Schauspieler Florian David Fitz (44, „Vincent will Meer“) und Matthias Schweighöfer (37) auf die Leinwand bringen.

Zwei beste Kumpels, eine Wette: Paul (Florian David Fitz) und Toni (Matthias Schweighöfer) wollen sich 100 Tage lang beweisen, dass sie ohne materiellen Besitz auskommen. Sie lagern ihr komplettes Hab und Gut ein und dürfen sich jeden Tag nur eine Sache zurückholen. Schon bald merken der Sneaker- und Handy-süchtige Paul und der Anzug-verliebte Toni, worauf sie sich eingelassen haben.

Was Regisseur und Drehbuchautor Florian David Fitz zu dem Film inspirierte, ob er selbst eine solche Wette eingehen würde und warum sein Kumpel Matthias Schweighöfer „die grössere Memme“ am Set war, erzählt er im Interview.

100 Tage lang auf fast alle liebsten Sachen verzichten: Würden Sie die Wette selbst eingehen?

Florian David Fitz: Nein, da geht es ums blanke Überleben. Aber mal eine Woche das Handy weglegen oder Fasten oder mal keinen Alkohol trinken, das hilft schon. Es ändert die Perspektive und macht einen wieder empfindlicher und aufmerksamer.

An einem kalten Februartag mussten Sie für den Film mit Matthias Schweighöfer nackt durch Berlin laufen – im Schnee. Wie war der Dreh?

Fitz: Der Film fängt im Winter an, damit es Paul und Toni ohne ihre Sachen so schwer wie möglich haben. Wir mussten die Szene wahnsinnig gut planen, denn hätten die Leute Wind davon bekommen, dass wir nackig über die Oberbaumbrücke, an der Mauer entlang und über den Kotti rennen, wäre der Dreh unmöglich gewesen. Wir haben am Ende vier Tage gebraucht und mussten immer wieder raus – unangenehm bei bis zu minus 14 Grad.

Wer war die grössere Memme?

Fitz: Ich will ihn jetzt nicht in die Pfanne hauen, aber Matthias. Er läuft nicht so viel barfuss wie ich. Ausgerechnet er hatte am Ende einen Splitter im Fuss. Ich habe ihn beim Schreiben des Buches vorgewarnt: „Es wird hart, zieh‘ dich warm an, geh‘ trainieren. Das ist vermutlich das letzte Mal, dass wir uns ausziehen werden“.

Der finnische Dokumentarfilm „My Stuff“ (2013), in dem Petri Luukkainen ein Jahr lang jeden Tag eine Sache zurück in sein Leben holt, diente als Drehbuch-Grundlage. Wie wollten Sie die Idee in Ihrem Film aufgreifen?

Fitz: Der Film von Petri war der perfekte Aufhänger. Es ist eine simple Idee und jeder weiss sofort, was das bedeutet. Ich wollte noch mehr erzählen – über unser Verhältnis zu den Dingen und zur digitalen Revolution, über die Familie und die Generationen, die anders gelebt haben vor uns. Der Film soll unsere Zeit einfangen, weil ich das Gefühl habe, dass wir träumend vor uns hin leben. Dabei ist es eine krasse Zeit, die uns und die Welt verändert.

Dabei geht es auch um die Spracherkennungs-App „Nana“. Nutzen Sie selbst Alexa oder dergleichen?

Fitz: Nein, ich finde das zutiefst beunruhigend. Ich habe eine kinderlose Freundin, die sich mit einer Bekannten über deren Baby unterhalten hat. Dann bekam sie plötzlich Wickeltücher angeboten. Sie hatte Siri gar nicht an und das Ding hörte trotzdem mit. Im Film schafft es Paul, dass die App wie eine Person wird, was eigentlich fantastisch wirkt, aber umso gruseliger ist.

Können Sie sich schwer von Sachen trennen?

Fitz: Das klappt ganz gut. Ich habe so ein „innen ist aussen“-Gefühl. Wenn meine Wohnung vollgemüllt ist, bin ich auch vollgemüllt. Genauso wenn die Wohnung leergeräumt und steril ist. Am besten ist wohnlich und luftig. So richtigen Konsumrausch hab ich nicht mehr. Ich habe Freunde, wo ich das stark beobachte. Das ist so ein Kinderinstinkt, wie an Weihnachten. Es geht meistens mehr ums Auspacken, als um die Sachen selber.

Haben Sie den Starttermin des Films bewusst für die konsumintensive Weihnachtszeit gewählt?

Fitz: Wir wollen keine Moralapostel sein. Wir sagen nicht: „Leute, hört auf zu konsumieren“, sonst bricht unser System zusammen. Es hat der Welt nicht nur Pech beschert. Mir ist es lieber, wenn die Leute miteinander Handel treiben, als wenn sie gegeneinander Krieg führen. Ich will nur Fragen stellen.

Dazu gehört die Frage: „Was braucht man zum Glücklichsein?“ Darüber kann man ganz schön ins Grübeln geraten…

Fitz: Eine einfache Antwort gibt es nicht, es wird immer komplex bleiben. Aber ich kann mir Gedanken machen und versuchen vernünftig zu sein – immer mal wieder, ohne mich selbst zu dissen oder totalitär zu werden. Nicht nur aus moralischen Gründen, sondern auch für die eigene Lebensqualität.

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