„Rambo: Last Blood“: Vom Kriegsversehrten zum Mörder

Es begann als Sozialkritik und wandelte sich schnell zur Gewaltorgie: die „Rambo“-Filmreihe. Es scheint überdeutlich, wo sich der Abschluss „Last Blood“ einreihen wird.

Die „Rambo“-Reihe steht seit jeher für überbordende Gewalt und sekündliches Leinwand-Ableben, richtig? Falsch! Der Debüt-Auftritt des kriegsgeschädigten Antihelden im Jahr 1982 war noch eine interessante Union aus Charakterstudie und Sozialkritik, die, das will heutzutage gar nicht mehr geglaubt werden, mit einem einzigen On-Screen-Tod auskam. Dem „First Blood“ von damals wird am 19. September, fast 40 Jahre später, das „Last Blood“ folgen – und zum Abschied wird es in nie dagewesener Menge vergossen, wie Sylvester Stallone (73) selbst stolz via Instagram verkündet hat. Die Konsequenz eines Überbietungszwangs, der bereits 1985 seinen Lauf nahm.

Es beginnt tiefgründig

Wie werden körperlich und seelisch verletzte Veteranen wieder in die Gesellschaft eingegliedert? Was macht die Rückkehr in die US-Heimat mit ihnen? Und wie lange dauert es, bis sie angesichts der Perspektivlosigkeit und mangelnden Unterstützung den Verstand verlieren? Diese Fragen widmete sich der erste „Rambo“-Teil noch en détail und sparte dabei an Blut, nicht aber an Sozialkritik. Rambo wird für einen Landstreicher gehalten und daraufhin von einem Kleinstadtcop und Sadisten schikaniert. Ein ehemaliger Kriegskamerad ist derweil elendig an Krebs verreckt, ausgelöst durch Agent Orange, also jenem Entlaubungsmittel, das die US-Streitkräfte tonnenweise über Vietnam versprüht haben.

Im Laufe der Filmreihe kippte die Waage jedoch rasch, Inhalt und Aussage wichen einer immer penetranteren Totenglocke. Das war bereits 1985 so, als „Rambo II – Der Auftrag“ den Titelhelden zurück in die Dschungel-Hölle von Vietnam schickte. Statt die Gewalt zu kritisieren, wird sie über die Masse stilisiert und so glorifiziert. Statt das Heimatland zu hinterfragen, wird gegen externe Bedrohungen geschossen und die eigene Fahne hochgehalten.

Die Bösen sind nun die anderen, die gesichtslosen Schergen aus dem Busch. Ein Trend, der sich in den beiden Fortsetzungen noch potenzieren sollte – und dabei fuhr „Rambo II“ schon die Goldenen Himbeeren fürs schlechteste Drehbuch, den schlechtesten Film, den schlechtesten Schauspieler und den schlechtesten Original-Song ein.

Der Tod hat Hochkonjunktur

Über 100 Tode durften schliesslich in „Rambo III“ von 1988 „bestaunt“ werden, dieses Mal wütete die Ein-Mann-Armee in Afghanistan. Der Feind, zu dieser Zeit obligatorisch, war die Sowjetunion – und die „Rambo“-Reihe an einem Punkt angelangt, an dem sie sich selbst persiflierte. Um sicher zu gehen bediente sich aber auch noch der Klamaukfilm „Hot Shots! Der zweite Versuch“ mit Charlie Sheen (54) quasi der gesamten Handlung von „Rambo II“ und „Rambo III“ und liess die testosteronschwangere Hauptfigur ein per Bogen verschossenes Hühnchen als Mordwerkzeug nutzen. „Oh Mann, Krieg! Echt wahnsinnig!“ – und dazu freudestrahlend den Daumen hoch.

Den bisherigen Exzessiv-Höhepunkt erlebte John Rambo ausgerechnet im Renteneintrittsalter. 20 Jahre nach „Rambo III“ schlachtete er sich in „John Rambo“ durch über 250 Leiber, riss mit blosser Muskelkraft Kehlköpfe aus fiesen Schergen-Visagen. 90 Minuten Gräueltaten, Vergewaltigungen, erschossene Kinder, und die damit verbundene Legitimation für den Helden, nach dem Alten Testament zu handeln – Auge um Auge, Zahn um Zahn.

Der Abschluss – Gewaltorgie und/oder Rückbesinnung?

Da wirkt es fast wie eine Drohung, wenn Stallone zu Teil fünf in seinem Instagram-Post schreibt: „Was kommt wird anders als alles, was ihr je gesehen habt“. Von überraschender Altersmilde des nun 73-jährigen Rambos spricht der Hollywoodstar sicher nicht, feiert er mit dem Post immerhin das „Hard R Rating“ – also die vermiedene Jugendfreigabe in den bei Gewalt nicht grade zimperlichen USA.

Vietcong und Sowjets gehören nun der Vergangenheit an, mexikanische Menschenhändler reissen den Protagonisten dieses Mal aus der Rambo-Rente. Die entführen die einzige Person, die John als seine Familie ansieht und machen ihn so wütender, als tote Hunde einen gewissen John Wick. Wird der Abschluss der Reihe wieder an die Tugenden des Originals appellieren? Den Bogen spannen, so wie es Hauptfigur Rambo tut? Es bleibt zu hoffen, aber zu bezweifeln.

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