„Midsommar“: Wenn ein Fest zum Albtraum wird

Der schwedische Mittsommer ist ein fröhliches Fest? Hier jedenfalls nicht. In die dunklen Tiefen des Heidentums wagt sich Regisseur Ari Aster mit seinem neuen Horror-Schocker „Midsommar“.

Viele Touristen zieht es zum Mittsommerfest nach Schweden. Schliesslich gelten die Festlichkeiten in der Zeit der Sommersonnenwende als Ort der Glückseligkeit – auch weil die Mittsommernacht im Volksglauben einst im Zeichen der Liebe stand. Für die Schweden selbst ist das Fest ebenso ein wichtiges Ereignis. Die Frauen tragen traditionell lange, pastellig-helle Kleider und geflochtene Blumenkränze. Einige dieser Elemente finden sich auch im Horrorfilm „Midsommar“ wieder, doch mit dem vermeintlich schönen Fest ist hier ziemlich bald Schluss.

Zwischen der labilen Dani (Florence Pugh, 23) und ihrem Freund Christian (Jack Reynor, 27) ist in einem US-amerikanischen Unistädtchen so gut wie nichts in Ordnung. Die Beziehung liegt im Argen, doch Christian bringt es angesichts Danis schwieriger privater Situation nicht übers Herz, mit ihr Schluss zu machen. Stattdessen fragt er sie, ob sie nicht nach Schweden mitkommen wolle, wo er mit seinen Kommilitonen Mark (Will Poulter, 26) und Josh (William Jackson Harper, 39) auf Einladung des schwedischen Studenten Pelle (Vilhelm Blomgren, 28) an einem archaischen Mittsommerfest teilnehmen will. Sie schliesst sich an, doch wünscht sich bald, sie hätte niemals zugesagt…

Denn die anfangs freundlichen Schweden in einem abgelegenen Dorf werden nach und nach immer seltsamer. Im nur alle 90 Jahre gefeierten Mittsommerritual der Gemeinde sind die Gäste bald mittendrin, statt nur dabei. Schon mit den ersten, wohl schmerzhaftesten fünf Minuten des diesjährigen Horrorkinos, entwickelt „Midsommar“ einen unheimlichen Sog, dem kaum zu entkommen ist. Mit der Ankunft in Schweden und der Einnahme von psychoaktiven Pilzen beginnt Regisseur Ari Aster (33, „Hereditary“) mit dem Einsatz visueller Kniffe, wie pulsierenden Bildern, die aus dem Film einen echten Horrortrip machen.

Der zweite Langfilm des New Yorkers verwandelt das eigentlich als so fröhlich geltende Mittsommerfest in einen Horrorstreifen mit ausgeprägt folkloristischer Note. Dass ausgerechnet die Schweden für „Midsommar“ hinhalten müssen, hat tatsächlich historische Gründe. Die schwedische Variante der Sonnenwendfeier ist die einzige, die nicht christianisiert wurde. Im Rest Skandinaviens ist das Fest heute Johannes dem Täufer gewidmet, weswegen der heidnische Kult nur in Schweden stattfinden kann.

Von Beginn an tut es weh

Im Gegensatz zu vielen anderen Horrorfilmen, die vielleicht noch einen fröhlichen Beginn haben, fängt in „Midsommar“ der Schrecken direkt in Minute eins an. Da aber der Vorspann schon so grauenerregend ist, hat es der nachstehende Film teilweise etwas schwer und verzettelt sich auf seiner Reise zum heidnischen Kult à la „The Wicker Man“ (1973) hier und da. Die Figur des Mark ist beispielsweise so einfältig, dass Will Poulter seinem sehr eindimensionalen Charakter kaum Glaubwürdigkeit verleihen kann – das Drehbuch gibt ihm keine Möglichkeit.

Einen grossen Anteil am wahnwitzigen Geschehen auf der Leinwand haben neben der leidenden Hauptdarstellerin Florence Pugh vor allem die schwedischen Darsteller, die den Einheimischen ein glaubhaftes Gesicht geben. Dem deutschen Publikum am ehesten bekannt sind darunter Henrik Norlén (49, „GSI – Spezialeinheit Göteborg“) und Julia Ragnarsson (27, „Die Brücke – Transit in den Tod“).

Für wen ist „Midsommar“?

„Midsommar“ ist nicht für alle Zuschauer zu empfehlen, da gerade Danis psychische Probleme sehr bild- und glaubhaft dargestellt werden und hier und da auch ein sehr guter Magen von Vorteil ist. Es tut stellenweise fast schon weh, das Geschehen auf der Leinwand zu verfolgen – und dennoch lohnt sich der Gang ins Kino. Horrorfans kommen auf ihre Kosten, auch wenn der folkloristische Anstrich einen eher ungewöhnlichen Kinoabend verspricht. Denn dort kommen die verstörenden Sequenzen ab dem 26. September immer noch am besten zur Geltung.

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