Bosse: „Unsicherheiten, Zweifel und Schwäche sind selbstverständlich“

Bosse veröffentlicht sein mittlerweile achtes Studioalbum.

Quelle: Marco Sensche/Universal

Bosse bringt sein neues Album „Sunnyside“ heraus. Im Interview verrät der deutsche Popsänger, welche Rolle seine Teenie-Tochter und sein Vater in den sehr persönlichen Songs spielen und warum er mentale Gesundheit thematisiert.

Mit „Sunnyside“ bringt Sänger Bosse (41, „Der letzte Tanz“) am 27. August sein mittlerweile achtes Studioalbum heraus. Entspannte Popmusik trifft darin auf teils melancholische Texte. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erzählt Axel „Aki“ Bosse, dass ihm gesellschaftskritische Inhalte wichtig sind. Auch persönliche Erfahrungen und Erinnerungen, darunter Unsicherheiten, Zweifel und Schwäche, verarbeitet der deutsche Popmusiker in seinem neuen Album.

In Ihrem Song „Nebensaison“ singen Sie davon, „wenn aus mir nur Leere rauskommt“. Wie sind Sie in Ihrer Nebensaison? Und wie oft befinden Sie sich in einer solchen Stimmung?

Bosse: In dem Song geht es um den Mix aus der menschlichen Nebensaison und der an einem Urlaubsort. Die Bordsteine sind hochgeklappt, die Geschäfte werden zugenagelt. Das ist ein schönes, bitteres Bild und perfekt auf den Menschen übertragbar. Ich habe ganz oft mal eine persönliche Nebensaison, also immer so eine Phase, in der ich einfach alle bin.

Richtig müde bin ich dann meist, wenn ich ganz viel erlebt habe und der Körper überfordert ist. Das passiert am Ende einer Tour, wenn man komplett ausgepowert ist. Wenn ich dann nach Hause komme und nur loslasse, dann geht es einigermassen schnell in diese Richtung – in die Nebensaison. Dann will ich mich einfach mal so wie mich Gott geschaffen hat oder in Lodder-Hose hinlegen und nichts machen, weil ich gerade nichts geben kann. Das passiert mit mir auch nach so langen, hässlichen Arbeitstagen und manchmal auch einfach nur so.

Mentale Gesundheit ist ein zentrales Thema auf Ihrem Album. Leider wird das immer noch häufig tabuisiert. Da sind andere Länder weiter als Deutschland. Warum ist es Ihnen wichtig, dieses Thema anzusprechen?

Bosse: Unsicherheiten, Zweifel und Schwäche sind doch selbstverständlich. Darum finde ich, sollte man das Thema mentale Gesundheit auch ansprechen. Ich bin manchmal super kraftlos, habe heftige Zeiten. Für mich war das schon immer wichtig, über diese Sachen auch zu singen. Meine Musik ist immer eine komplette Mischung aus dem, wie es mir selber gerade geht.

Den Song „Vater“ haben Sie ihrem Vater gewidmet. Er klingt wie ein Abschied. Stimmt das?

Bosse: Ja. Klingt erst mal so ein bisschen nach Abschied vom Leben. Mein Vater wird nicht jünger. Der Song ist ein persönliches Dankeschön an ihn. Es geht um meine Erinnerung von fast Null bis heute und um das Verhältnis zwischen Kindern und Eltern. Ich kann meinen Eltern immer nur hoch anrechnen, dass sie mich immer haben machen lassen, mir vertraut haben, dass sie immer gut kommuniziert haben und dass sie mich wirklich bedingungslos geliebt haben. Und es trotzdem geschafft haben, loszulassen.

In dem Song singen Sie auch von Lügen, die Ihnen Ihr Vater verziehen hat. Welche gab es da in Ihrer Kindheit und Jugend?

Bosse: Zum Beispiel in so typischen Party-Situationen mit 13, 14 Jahren, wo man gesagt hat „Ich bin noch kurz drei Häuser weiter“ und eigentlich war man aber vier Dörfer weiter oder auch mal ganz woanders. Und dann habe ich irgendwann über eine Telefonzelle angerufen und gesagt:“Kannst du mich vielleicht doch abholen? Ich habe zu viel getrunken und ich weiss nicht, wie ich nach Hause kommen soll.“

Sie singen auf dem Album auch über die Ungerechtigkeiten unserer Zeit. Was halten Sie derzeit für die grösste Ungerechtigkeit?

Bosse: Gesellschaftlich weiss ich gar nicht, wo ich da anfangen soll. Da bräuchten wir mehr Zeit. Darum sage ich lieber was Positives. Das, was ich echt faszinierend und toll finde, ist die Generation, die gerade nachwächst. So die Leute zwischen 12 und 22. Bodyshaming oder Diversität sind Themen, die sie wirklich besprechen. Es ist super offen, die haben Lust auf ein diverses Leben. Es ist völlig egal, wen du liebst. Es ist völlig egal, ob du Weihnachten feierst. Das ist irgendwie für diese Generation alles normal. Und ich finde, da können sich ganz, ganz viele ein Stück von abschneiden. Ungerechtigkeiten gibt es viele. Ich stehe auf Kommunikation und ich glaube, dass das der Weg ist. Darum müssen junge Leute wählen gehen.

Als Musiker sind Sie normalerweise viel unterwegs, durch Corona war das nicht möglich. Mittlerweile sind Sie wieder öfter weg von Zuhause. Macht es Sie traurig, dass Sie jetzt wieder von Ihrer Familie getrennt sind?

Bosse: Ich merke schon – das hatte ich früher gar nicht -, dass es mir, wenn ich mal drei Tage weg bin, mehr weh tut als früher. Wir haben uns während Corona daran gewöhnt, immer zusammen zu sein. Aber weil ich ein Vagabund bin und viel reise, kann meine Tochter mit den vielen kleinen Abschieden eh gut umgehen – und ich auch.

Ihre Tochter ist jetzt 15 Jahre alt und steckt (wahrscheinlich) mitten in der Pubertät. Wie wirkt sich das aus?

Bosse: Wir haben schon Bock aufeinander, aber sie geht immer ihre eigenen Wege. Das ist auch genau richtig. Ich habe meine Eltern als Vorbild genommen, weil ich damals mit 16 Jahren aus einem kleinen Dorf nach Berlin gezogen bin, und die haben mich einfach machen lassen. Es geht eben einfach immer um Kommunikation, Vertrauen, Liebe und Loslassen. Genau das, und auch das Loslassen kann ich ganz gut.

Auf „Hinter dem Mond“ ist Ihre Tochter zu hören. Bestärken Sie sie darin, selbst als Sängerin durchzustarten oder sind Sie da vorsichtig?

Bosse: Meine Tochter macht viel Musik und sie singt gerne. Sie hat auf „Sunnyside“ viele Chöre gesungen und eben die Hauptstimme von „Hinter dem Mond“. Ansonsten kann sie beruflich machen, worauf sie Bock hat. Da mische ich mich nicht ein.

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