ITCHY: «Die ganze Menschheit ist verrückt geworden»

Aus Itchy Poopzkid wird ITCHY. Die Eislinger Pop-Punk-Band hat den ungeliebten Teil ihres Namens zum 15-jährigen Jubiläum gestrichen und meldet sich mit „All We Know“ zurück. Was uns auf dem siebten Studioalbum erwartet, verraten Sebastian Hafner und Daniel Friedl im Interview.

Itchy Poopzkid ist tot – lange lebe ITCHY. Die Eislinger Pop-Punk-Band hat nach über 15 Jahren Bandgeschichte den Schritt gewagt und den ungeliebten Teil ihres Namens endgültig über Bord geworfen. Warum das Trio diesen Weg gegangen ist, warum ihnen der alte Name häufig im Weg stand und was uns auf ihrem neuen, siebten Studioalbum „All We Know“ erwartet, verraten die beiden Sänger Sebastian Hafner und Daniel Friedl im Interview.

Seit einiger Zeit firmieren Sie nur noch unter ITCHY, das Poopzkid wurde über Bord geworfen. Was waren die Beweggründe dafür und warum jetzt? Die Band gibt es immerhin schon seit 15 Jahren.

Sebastian Hafner: Wir haben seit Tag eins keinen Hehl daraus gemacht, dass wir unseren Namen richtig beschissen finden – und das auch so oft es ging erwähnt. Zu unserem 15-jährigen Geburtstag dachten wir uns, dass es genau der richtige Zeitpunkt ist, um den schlechten Teil des Namens zu kürzen.

Daniel Friedl: Und es gab Situationen, in denen sich Leute vom alten Namen haben abschrecken lassen und uns keine Chance gegeben haben. Nicht nur Privat-Leute, sondern auch Magazine oder Festivals und Radios. Das ist natürlich ziemlich oberflächlich, aber wir bemerken jetzt, dass wir zum ersten Mal seit 15 Jahren in Magazinen stattfinden, in denen wir bisher nie aufgrund des Namens gefeatured wurden.

Hafner: Natürlich machen wir uns auch Gedanken über die Zukunft. Wir würden die Band gerne noch weitere 15, 20, 30 oder auch 50 Jahre weiterführen, und wenn man dann selber 50 ist und erklären muss, warum man Poopzkid heisst, dann ist das nicht so prickelnd.

Friedl: Es suggerierte auch immer, dass wir eine Fun-Punk-Band ohne wirklichen Tiefgang sind. Aber das sind wir nicht – waren wir noch nie. Sicher haben wir auch Songs, die nicht unglaublich tiefgründig sind, aber gleichzeitig haben wir viele ernsthafte Inhalte.

Hafner: Zudem engagieren wir uns abseits der Song schon lange für einige NGOs, die uns sehr am Herzen liegen. Wie Sea Shepherd, OceanCare oder ähnliches. Wenn jemand das dann wegen des Namens nicht ernstnimmt und wir kein Gehör finden, ist das schade.

Ein komplett neuer Name stand nie zur Debatte?

Hafner: Zum einen darf man die Fans nicht vergessen, die den alten Namen gut fanden und mit Stolz auf ihren T-Shirts getragen haben. Zum anderen wäre es dumm, wenn wir mit einem anderen Namen wieder bei null starten müssten. Niemand würde die Verbindung mit uns und der Band machen, wenn wir „The Trees“ heissen würden. Dann würden wir alles einreissen, was wir uns bisher aufgebaut haben. Ausserdem haben uns viele Fans ohnehin schon ITCHY oder ITCHYS genannt, von daher lag die Abkürzung nahe und machte für uns auch Sinn. Wir sind sehr happy, dass wir diesen Schritt gemacht haben und bereuen ihn nicht.

Spiegelt sich all das in der Musik auf dem neuen Album wider?

Hafner: Mit dem Namenswechsel wollen wir auf keinen Fall suggerieren, dass wir nur noch total ernsthafte Themen ansprechen oder nur noch bierernst durch das Leben gehen. Wir sind dieselben Typen und unsere Alben bisher waren genauso vielschichtig, wie es auch „All We Know““ ist. Auf jedem Album haben wir das Leben, sei es traurig oder lustig, abgebildet – und so wird es auch in Zukunft sein. Aber natürlich macht man mit 35 Jahren andere Musik, als mit 17. Man wird erwachsener und die Musik entwickelt sich auch dementsprechend.

Wenn man das Cover zu „All We Know“ betrachtet, könnte man aber durchaus meinen, dass Sie erstmals ein klar politisches Album präsentieren.

Friedl: Das stimmt, es gibt auf diesem Album mehr Songs, die einen politischen oder gesellschaftskritischen Inhalt haben. Das liegt aber einfach an der Zeit, in der wir leben. Es passiert so viel Scheisse auf der Welt und das spiegelt sich dann natürlich auch in unseren Songs wider. Uns beschäftigt es, wenn in den USA ein Verrückter zum Präsident gewählt wird, der Politik über Twitter macht oder die ganzen rechtspopulistischen Parteien, die momentan auf dem Vormarsch sind und immer mehr Zulauf bekommen. Auch der ganze Rassismus, der im Laufe der „Flüchtlingskrise“ zutage getreten ist, hat uns sehr bedrückt – was wiederum Einzug gehalten hat in Songs wie „Fall Apart“ oder „Danger, Danger“.

„Black“ zum Beispiel beschäftigt sich damit, dass wir den Eindruck haben, dass die ganze Menschheit verrückt geworden ist. Alle kämpfen gegeneinander und es geht nur noch darum, sich abzugrenzen. Es geht um die Frage, warum wir das alles machen? Auf der anderen Seite gibt es aber beispielsweise auch ein Liebeslied zwischendurch, weil das eben genauso zu unserem Leben gehört. Mit dem Cover wollten wir dieses Mal aber bewusst diese Ernsthaftigkeit abbilden.

Was wollen Sie mit dem Cover und dem Titel ausdrücken?

Friedl: Im Grunde geht es darum, dass es in der heutigen Zeit, die sehr kompliziert ist, keine deutliche Kategorisierung von schwarz und weiss, Gut und Böse gibt. Auch wenn es die Menschen gerne so einfach hätten. Es ist ein Aufruf, nicht nur Überschriften zu lesen und sich in bestimme Themen einzuarbeiten und sich ernsthaft damit auseinander zu setzen.

Viele Menschen beziehen ihre Nachrichten nur noch über Portale, die genau das schreiben, was sie hören wollen und glauben zum Beispiel, was auf Facebook auf irgendeiner zwielichtigen Seite steht, die jeder betreiben kann. Das ist absolut fatal. Informiert euch, bildet euch eine Meinung und diskutiert mit anderen darüber. Trete in einen Austausch, anstatt sich zu schnell Vorurteile zu bilden.

Zudem ist 2017 ein wichtiges Wahljahr. Man muss informiert sein, um sich eine dezidierte Meinung zu bilden und am Wahltag dann auch wählen gehen und nicht zu Hause bleiben. Tut eure Meinung kund, steht auf gegen den Scheiss, der passiert und geht notfalls auf die Strasse.

Vorheriger ArtikelChester Bennington und Chris Cornell: Freunde bis in den Tod
Nächster ArtikelValentina Pahde trennt sich von ihren langen Haaren