Benny Andersson: «Ich lese Musik nicht, ich habe sie einfach im Kopf»

Benny Andersson war als Hauptsongwriter für ABBA für unzählige Nr. 1-Hits verantwortlich. Seit Ende September ist er mit seinem Solo-Album „Piano“ zurück. Im Interview erzählt er, für was er besonders dankbar ist und was er seinem jungen Ich geraten hätte.

„Thank You For The Music“, „Dancing Queen“ oder „Mamma Mia!“ – Benny Andersson (70) ist es zu einem beachtlichen Teil zu verdanken, dass die Band ABBA zu einem globalen Pop-Phänomen des 20. Jahrhunderts avancierte. Denn er schrieb unter anderem die Songs für die vierköpfige Gruppe. Nach letzterem Lied wurde sogar ein Musical und der Film „Mamma Mia!“ mit Pierce Brosnan (64) und Meryl Streep (68) benannt. Und wäre Madonnas Song „Hung Up“ so erfolgreich geworden, hätte sie nicht Auszüge aus ABBAs Hit „Gimme Gimme Gimme“ dafür hergenommen? Die Redaktion hat mit Benny Andersson gesprochen und dabei verriet er, warum seine Enkelkinder das Wichtigste für ihn sind und dass er es bereut, Klavierstücke nicht direkt vom Notenblatt spielen zu können.

Herr Andersson, Sie waren Mitglied einer der erfolgreichsten Formationen des 20. Jahrhunderts. Für was sind Sie noch besonders dankbar?

Benny Andersson: Ich bin für vieles dankbar. Am wichtigsten ist natürlich, dass ich gesund bin und sechs Enkelkinder habe. Aber auch, dass ich in meiner Arbeit erfolgreich und von Glück begünstigt bin, überhaupt so lange im Musik-Business arbeiten zu können.

Sie waren Hauptsongwriter für ABBA. Was ist Ihr Lieblingslied?

Andersson: Diese Frage bekomme ich oft gestellt und immer antworte ich wieder: Ich weiss es nicht, denn wenn, dann habe ich mehrere. „Knowing Me, Knowing You“, „Dancing Queen“ oder „The Winner Takes It All“ sind wahrscheinlich meine drei Lieblingshits.

Ihr neues Album „Piano“ kam kürzlich in die Läden. Spielen Sie auch privat viel Klavier oder tun Sie das mehr im Tonstudio?

Andersson: Ich spiele jeden Tag Klavier – oft von 10 bis 16 Uhr und das seit vielen Jahren. Wenn ich es satt habe meine eigene Musik zu spielen oder neue zu schreiben – dann spiele ich auch gerne Stücke von anderen Künstlern auf dem Klavier.

Was war Ihre grösste Inspiration für Ihr neues Album?

Andersson: Ehrlich gesagt dachte ich nur: Inzwischen habe ich so viele selbstgeschriebene Songs, dass ich davon doch einfach ein paar hernehmen könnte und diese auf dem Klavier spiele. Kein Orchester, keine Lyrics – nur ich und das Klavier – sonst nichts. Ich fing mit ein paar Songs an und irgendwann hatte ich so viele zusammen, dass sie für ein Album reichten. Ich will kein Klavierspieler sein, ich will einfach nur Musik machen.

Bereuen Sie etwas in Ihrem Leben oder Ihrer Karriere nicht getan zu haben?

Andersson: Manchmal finde ich es schade, dass ich Musik nicht professionell lesen oder schreiben kann. Ich habe mich inzwischen aber damit abgefunden, denn es funktioniert auch so – ohne diese Fähigkeit. Wenn ich zum Beispiel Stücke für grosse Orchester schreibe, dann helfen mir Freunde dabei, meine Arbeit für das Orchester verständlich zu machen. Ich bereue nicht, dass ich keine akademische Ausbildung habe. Manchmal vermisse ich einfach, dass ich nicht direkt vom Notenblatt Klavierstücke spielen kann. Stattdessen höre ich aber auf bestimmte Records und spiele die vom Gehör her nach.

Ist das nicht ein viel grösseres Talent, Musik einfach vom Gehör nachspielen zu können?

Andersson: Vielleicht – ich lese die Musik nicht, ich habe sie einfach im Kopf. Alles was ich höre und was mir gefällt, bleibt in meinem Kopf. Ich spiele immerhin schon seit sechzig Jahren Klavier, also seit ich zehn Jahre alt bin. Also das was in meinem Kopf ist, ist gleichzeitig auch in meinen Händen. Wenn ich einen Song im Kopf habe, kann ich ihn auf dem Klavier spielen – selbst, wenn ich ihn noch nie zuvor gespielt habe.

Wenn Sie sich in einer Zeitschrift oder im Spiegel sehen – was denken Sie?

Andersson: Ich habe gelernt, mit mir und meinem Aussehen zu leben, sagen wir es so. (lacht)

Könnten Sie sich vorstellen, selbst in einem Musical wie „Mamma Mia!“ aufzutreten?

Andersson: Ich würde nie in einer Serie oder einem Musical mitspielen. Nur über meine Leiche – ich bin kein Schauspieler.

Was war Ihre beste Erfahrung auf der Bühne?

Andersson: Meine Band „Benny Anderssons Orkester“ und ich, wir spielen alles von schwedischer Folkmusik bis hin zu Dance-Music der 40er und 50er Jahre und auch einige ABBA-Cover. Jedes zweite Jahr spielen wir auf einem Event, zu dem 5.000-7.000 Leute kommen. Die Leute tanzen oder sitzen einfach nur auf der Wiese und hören zu – das liebe ich sehr. Es geht mir nicht um das Performen, sondern um das Musizieren an sich.

Was würden Sie Ihrem früheren Ich raten, wenn Sie die Möglichkeit dazu hätten?

Andersson: Er soll sich nicht sorgen, würd ich ihm sagen. Alles wird gut.

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