Rainhard Fendrich: Mit seinem neuen Album hilft er Kindern in Not

Rainhard Fendrich bringt ein neues Album raus und verdient daran keinen Cent. Der Grund: Er spendet alles an Kinder in Armut.

Dieses Album war eigentlich nie geplant. Doch dann sieht Rainhard Fendrich (63) ein Plakat, das ihn nachdenklich stimmt. Es geht um Kinderarmut im eigenen Land. Der österreichische Sänger beschliesst, im Rahmen seiner Möglichkeiten, etwas zu unternehmen. Kurzerhand organisiert er drei Benefizkonzerte, spendet die Einnahmen.

Um noch mehr Geld für den guten Zweck zu sammeln, lässt Fendrich aus den Mitschnitten der Konzerte das Album „Für immer a Wiener – live & akustisch“ aufnehmen. Auch diese Einnahmen werden für den guten Zweck gespendet. Mit der Redaktion hat sich Fendrich Gedanken über die Gründe von Kinderarmut gemacht und erzählt, mit welchen einfachen Mitteln er zu Beginn seiner Karriere einer armen Familie unter die Arme griff.

Herr Fendrich, Ihr neues Album „Für immer a Wiener – live & akustisch“ ist ein Benefizalbum, das auf drei Benefizkonzerten aufgenommen wurde. Der Reinerlös geht an Kinder in Not. Was ist allein bei den Konzerten an Geld zusammengekommen?

Rainhard Fendrich: Der Reinerlös aus den drei Konzerten beläuft sich auf 30’000 Euro. Was bei der Platte rauskommt, weiss ich natürlich noch nicht. Aber ich bin bei keiner grossen Plattenfirma mehr unter Vertrag. Wir machen das alles in Eigenregie. Ich muss das Geld für die Produktion vorstrecken. Der Break-Even Point liegt in etwa bei 18’000 bis 20’000 verkauften Alben. Dann sind die Kosten gedeckt.

Was hat Sie zu den Benefizkonzerten und zum -Album veranlasst?

Fendrich: Das war alles nicht geplant. Ich habe ein Plakat gesehen, auf dem ein Kind abgebildet war mit dem Satz: „Wenn ich gross bin, werde ich arm.“ In Österreich sind 300’000 Kinder von Armut betroffen. Ich war fassungslos, dass es bei uns Kinderarmut in diesem Masse gibt. Deshalb habe ich mich entschlossen, hier nicht nur finanziell tätig zu werden, sondern das Thema auch öffentlich zu machen.

Es geht bei der Sache nicht um Kinder, die bereits auf der Strasse sind, sondern um Kinder, die auf dem Weg dorthin sind. Es geht um Familien, die an der Armutsgrenze leben und die lieber hungern, bevor die Tochter zwei Wochen lang mit demselben Kleid in die Schule gehen muss. Denn die Armut will keiner herzeigen.

Wie kann es sein, dass in reichen Ländern wie Deutschland, Österreich und der Schweiz so viele Kinder von Armut betroffen sind?

Fendrich: Es ist schwer zu erklären und die Lösung habe auch ich nicht gefunden. Wenn man mit Politikern spricht, finden diese nur Schuldzuweisungen. Die wirkliche Ursache ist natürlich schon die Arbeitslosigkeit, steigende Mietpreise, steigende Lebensmittelpreise. Es gibt noch viel mehr Gründe, es ist eine multikausale Sache, warum man in Armut gerät.

Trägt die Politik eine Mitschuld?

Fendrich: Wenn man es ganz hart sagt, ist der Staat nur an Leuten interessiert, die ihm auch etwas bringen. In Österreich ist es so, dass Familien unterstützt werden, sie können etwas von der Steuer abschreiben. Aber meistens sind die Menschen, für die wir jetzt arbeiten wollen, so arm, dass sie gar keine Steuern zahlen. Ich hoffe, dass diese Thematik irgendwann mal ein Politikum wird. Denn 300’000 von Armut bedrohte Jugendliche sind eine Menge. In Deutschland ist die Situation ähnlich. Die Politik muss aktiv werden, denn die ärmsten fallen immer durchs Raster. Das ist ein europaweites Problem. Die Schere zwischen arm und reich geht immer weiter auseinander.

Was sollte die Politik Ihrer Meinung nach tun?

Fendrich: Da habe ich den falschen Beruf dazu. Ich bin Musiker. Ich bin wachsam und entdecke Themen, die andere vielleicht nicht sofort sehen. Das ist eine Berufskrankheit. Aber in der Kunst war das schon immer so, dass man Dinge, die auffallen – positiv wie auch negativ -, reflektiert. Aber die Kunst muss keine Lösungen anbieten. Das ist die Aufgabe der Volksvertreter.

Was kann jeder einzelne von uns tun, um Kinderarmut entgegenzuwirken?

Fendrich: Ich kann nur von mir selbst sprechen. Ich habe ganz am Anfang meiner Karriere eine Zeit lang in einem Mietshaus gewohnt. Da gab es eine Familie, der hat man die Armut angesehen. Wenn ich also Kleidung aussortiert hatte, habe ich sie ihnen gegeben. Manchmal habe ich ihnen auch was vom Einkaufen mitgebracht. Ich weiss natürlich nicht, ob das die richtige Lösung ist. Da muss man auch sehr aufpassen, um die Menschen nicht zu beschämen. Aber der Einzelne sollte wachsam bleiben. Wer in seiner Nachbarschaft Menschen sieht, denen es vielleicht nicht so gut geht, der sollte nicht in die andere Richtung schauen.

Wohin genau gehen die Einnahmen vom Album?

Fendrich: Wir bringen die Platte in Österreich und in Deutschland raus. Meistens verkaufe ich in beiden Ländern ähnlich viele Exemplare. In Österreich werden wir den Reinerlös des Albums an die Volkshilfe geben und in Deutschland an die Selbsthilfeorganisation Karuna. Diese unterstützt Kinder die von zuhause abgehauen sind, da sie in ihren Familien misshandelt oder missbraucht wurden.

Das Benefizalbum an sich war gar nicht geplant. Eigentlich hatten Sie schon an einem Studioalbum gearbeitet.

Fendrich: Die Idee mit dem Album kam erst nach den Proben für die Benefizkonzerte. Ich wollte das als Dokument festhalten. Aber es ist richtig. Das Studioalbum ist schon fast fertig. Ich konnte aber nicht zwei Alben zur selben Zeit rausbringen. Deshalb habe ich nun eine Situation, wie ich sie noch nie hatte – ich kann das Studioalbum reifen lassen und kosmetische Feinheiten daran vornehmen. Ausserdem habe ich die luxuriöse Situation, keine Terminabgabe mehr zu haben. Mit meinem eigenen Label kann ich nun ganz ohne Zeitdruck an die Sache gehen. Das ist eine wunderbare Grundvoraussetzung, um kreativ zu arbeiten. Wir planen mit dem Album für 2019/20.

Könnten Sie sich vorstellen auch junge Künstler unter Vertrag zu nehmen?

Fendrich: Das kann ich mir ehrlich gesagt nicht vorstellen. Denn in dem Moment übernimmst du eine Verantwortung und ich bin kein guter Lehrer. Ich kann Sachen nicht gut erklären und habe da auch nicht die Geduld dazu. Ausserdem will ich selbst noch viel Musik machen und das erfordert Zeit, die ich nicht mehr hätte, wenn ich andere Künstler unter meine Fittiche nähme.

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