Bosse: «Ich bin ein durchaus politischer Mensch»

Am Freitag erscheint Bosses neues Album „Alles ist jetzt“. Warum seine Platte ein politisches Statement geworden ist, verrät der Musiker im Interview.

Am Freitag erscheint das neue Album von Indie-Popstar Axel „Aki“ Bosse. „Alles ist jetzt“ heisst die neue Platte und der Name ist Programm. Denn es geht dabei vor allem um die Gegenwart, das Leben im Moment und Authentizität. Warum er das erste Mal das Bedürfnis hatte, mit seiner Musik ein politisches Statement abzugeben, und wieso er die Jugend von heute ziemlich gut findet, verrät Bosse im Interview.

„Alles ist jetzt“ schildert Ihre Sicht auf die Gegenwart. Wie definieren Sie sich denn im Moment als Künstler und Musiker?

Axel „Aki“ Bosse: Ich versuche immer so bunt zu sein, wie es nur geht. Als ich mit dem Album angefangen habe, wollte ich gerne so frei sein, wie man das nur sein kann. Den roten Faden, den gibt’s einfach nicht. Ausser vielleicht meine Stimme und die Art, wie ich texte. Deswegen würde ich „Alles ist jetzt“ als sehr unterhaltsames und buntes Album definieren.

Ursprünglich war ein Album zum Thema Familie geplant. Doch dann kam das Bedürfnis, Haltung zu zeigen dazwischen. Wie kam das?

Bosse: Ich bin ziemlich schnell umgeschwenkt auf Haltung, Politik und Gesellschaft. Ich hatte in den letzten zwei, drei Jahren durch den Rechtsruck in Deutschland ganz oft ein schlechtes Gefühl. Ich bin ja ein durchaus politischer Mensch, spiele Konzerte für Flüchtlinge und ProAsyl und engagiere mich. Auch als Künstler auf meiner Facebook-Seite und meinem Instagram-Profil. Ich kann da viel anschieben. Aber was ich noch nie gemacht habe, ist, in meiner Musik ein Statement abzugeben.

Glauben Sie, dass es die beste Art und Weise ist, politisch aktiv zu sein, wenn man authentisch ist?

Bosse: Das ist ein Anfang. Aber es geht mir nicht darum, etwas vorzuleben. Ich sag mal so… Wenn sich alle mal ein bisschen mehr entspannen und ein bisschen besser mit sich selber klarkommen würden, würde es viele Probleme gar nicht geben. Ich glaube, Faschisten und Rassisten ist nicht zu helfen. Das sind gefährliche Leute. Aber ich glaube, dass es viele Leute gibt, denen zu helfen ist. Bei denen man durch Kommunikation und Musik Sachen anstossen kann. Kommunikation ist alles. Was jetzt aber die allgemeine grosse Lösung ist, da bin ich ein bisschen ratlos.

Sie waren beim #Wirsindmehr-Konzert in Chemnitz vor Ort. Das war ein grosses mediales Zeichen gegen den Rechtsruck. Wie kann das erfolgreich weitergeführt werden?

Bosse: Da bin ich mir unsicher. Für den Moment war das total wichtig. Ich hatte das Gefühl, dass da eine ganze Region, eine ganze Stadt und aus ganz Deutschland Leute vor Ort waren, weil es ihnen ein Bedürfnis war, ein buntes Zeichen zu setzen. Ich finde, das ist genauso viel wert wie eine Demonstration in Hamburg oder in München. Das sind Zeichen, die vermitteln, dass man auf die Strasse gehen, sich äussern und Haltung zeigen kann. Wenn erreicht wird, dass sich junge Leute denken: Ich habe Bock, mich politisch zu engagieren und nicht mehr so viel Instagram zu machen.

Warum sind gerade die jungen Leute in dieser Hinsicht so wichtig?

Bosse: Ich liebe diese Jugend gerade. Ich treffe so viele Kids zwischen 16 und 25, die mir das Gefühl geben, dass sich etwas verändert hat. Dass die anfangen, sich Gedanken zu machen und dass es da eine positive Gegenreaktion gibt, von der erstmal keiner ausgegangen ist. Alle sagen immer, dass die Jugend total unpolitisch ist und in einer Wohlfühlblase lebt. Ich finde, das absolute Gegenteil ist der Fall.

Warum haben sich erst so wenige Künstler aus dem Mainstream, wie zum Beispiel Helene Fischer oder Max Giesinger, politisch positioniert?

Bosse: Ich glaube, es herrscht grundsätzlich die Angst, dann weniger Platten zu verkaufen oder einen Shitstorm abzukriegen. Ich kann verstehen, dass es für einen Schmusesänger, der eine Platte verkaufen will, bei der es nur um Verflossene geht, schwierig ist, andauernd über Politik zu reden. Auf der anderen Seite finde ich, dass es jetzt eigentlich allerhöchste Eisenbahn ist. Jeder, der eine Vorbildfunktion hat, hat die Pflicht, den Mund aufzumachen – und da geht es eben um die Typen, die zum Beispiel bei „The Voice Kids“ auf den Stühlen sitzen, die eine so grosse Reichweite haben.

Zurück zu Ihrem Album: Es vermittelt den Eindruck, dass Sie in Ihrem Leben angekommen sind und genau wissen, wo Sie im Moment stehen. Haben Sie überhaupt Zukunftsängste?

Bosse: Ganz ehrlich: Habe ich nicht mehr. Zukunftsängste hatte ich noch nie, weil es bei mir so schlimm losging. Ich bin als hochverschuldeter Künstler, der richtig unerfolgreich war, gestartet. Ich habe ungefähr zwei Jahre im Proberaum gepennt, weil ich keine Wohnung hatte. Was Karriere und Musik angeht, habe ich überhaupt keine Angst. Ich bin ein ziemlich unverwöhnter Künstlertyp.

In Ihrem neuen Song „Hallo Hometown“ singen Sie unter anderem von Ihren Teenagerträumen. Welche Träume hatten Sie damals?

Bosse: Meine Träume waren damals begrenzt. Da wo ich herkomme, hat man nicht viel geträumt, da hat man eher gemacht. Die grösste Sache von damals habe ich mir aber erfüllt. Ich wollte immer eine Tochter haben und ich wollte immer eine tolle Frau haben. Auch als Lila-Haariger mit ganz vielen Piercings wusste ich schon: Irgendwann werde ich meine grosse Liebe finden und dann möchte ich gerne eine Tochter haben. Und die soll ein bisschen aussehen wie ich, aber eigentlich mehr wie meine Frau.

Was passiert, wenn Bosse „Augen zu und Musik an“ macht?

Bosse: Wenn ich die Augen zu mache und die Musik an, dann ist das der Hauptgrund, warum ich angefangen habe, Musik zu machen. Das Allerbeste an diesem Beruf ist der Moment, wenn ich auf die Bühne gehe… Da kann vorher passiert sein, was will, wenn ich auf die Bühne gehe, macht es „Klick“ im Kopf und alles ist gut. Dann bin ich voll und leer zugleich. Dann bin ich glücklich und im Moment. Dann kann ich tanzen und frei sein. Dann kann ich die Augen aufhaben, aber sie sind eigentlich trotzdem zu.

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