Michael Bublé: «Meine Familie lädt meine Batterien wieder auf»

Anlässlich seines Konzertes in München traf die Redaktion Michael Bublé und sprach mit dem Sänger über den Schicksalsschlag, den er verarbeiten musste sowie seine neue Sicht auf das Leben.

Michael Bublé (43) ist zurück: Nach zwei Jahren Pause und der schweren Krebserkrankung seines Sohnes Noah (5), hat sich der Sänger mit seinem neuen Album „love“ eindrucksvoll zurückgemeldet. Am Dienstag gab Bublé in München sein erstes Konzert seit zwei Jahren – und das einzige in diesem Jahr. Für den „Telekom Steet Gig“, der live übertragen wird, gab es keine Karten zu kaufen, man konnte sie nur gewinnen. Anlässlich dieses besonderen Konzertes hat die Redaktion den 43-Jährigen getroffen und sprach mit ihm über die dunkle Zeit in seinem Leben und was ihm die Kraft und den Antrieb dazu gab, wieder Musik zu machen.

Herr Bublé, vor einigen Wochen habe Sie Ihren Stern auf dem Walk of Fame in Hollywood enthüllt. Was bedeutet Ihnen diese Ehrung?

Michael Bublé: Für mich persönlich war es eine sehr gute Möglichkeit, die Menschen teilhaben zu lassen, ohne die das alles nicht möglich gewesen wäre. Meine Familie, meine Freunde und meine Mitmusiker. Sie haben an mich geglaubt, mir dabei geholfen meine Karriere aufzubauen und mir all diese Liebe geschenkt. Sie alle hatten einen unglaublichen Einfluss auf alles, was ich je erreicht habe und waren einfach nur selbstlos. Aber wenn man genauer darüber nachdenkt, ist es nur etwas Zement auf dem Boden. Jede andere Auszeichnung ist auch nur ein Stück Metall. Der Echo ist zwar schön, aber heute existiert er gar nicht mehr.

Haben Sie keine Vitrine zu Hause, in der Sie Ihre Preise präsentieren? Oder eine Wand, an der Ihre Gold- und Platin-Auszeichnungen hängen?

Bublé: Wenn ich ehrlich bin, weiss überhaupt nicht wo sie sind. Normalerweise verschenke ich sie. Ich habe alle meine vier Grammys verschenkt: An einen Freund, meinen Vater oder meinen Opa. Ich will sie nicht in meinem Haus. Du findest nichts bei mir zu Hause, keinen Hinweis darauf, dass ich beruflich Musik mache.

Warum handhaben Sie das so?

Bublé: Mir ist die Trennung zwischen dem, der ich bin und meiner Arbeit äussert wichtig. Ausserdem weiss ich, was ich erreicht habe. Ich hänge viel lieber Bilder von meiner Familie, meinen Kindern oder meiner Frau auf. Ich bin im Allgemeinen sehr darauf bedacht, negative Dinge nicht an mich heranzulassen. Seien es soziale Medien oder Album-Kritiken. Aber auch positive Dinge, die mit der Marke Michael Bublé verbunden sind, blende ich komplett aus. Ich will keine Chart-Platzierungen oder Ticket-Verkäufe wissen. Das sind Dinge, die ich nicht beeinflussen kann. Warum sollte ich mir darüber also den Kopf zerbrechen?

Diese Dinge habe ich übrigens über Ed Sheeran erfahren. Er weiss das natürlich nicht. Er schrieb mir eine SMS, mit der er mir zu den Verkäufen gratulierte. Mein Manager hat mir die Zahlen dann bestätigt. Ich war so bewegt, dass ich zwei Stunden lang geweint habe. Meine Frau kam nach Hause und dachte mein Grossvater sei gestorben. Aber es geht mir wirklich nicht um die Verkäufe. Ich bin dermassen gerührt, weil die Menschen immer für mich da waren.

Wie gross ist der Unterschied zwischen dem Michael Bublé, der auf der Bühne steht und performet, und dem Privatmensch?

Bublé: Früher gab es diesen Unterschied. Früher war ich sehr unreif und hatte das Gefühl, dass meine fast schon kindliche Begeisterung für die Welt, eine Schwäche sein könnte. Dass ich nicht cool genug sein könnte in den Augen von zynischen Kritikern oder der zynischen Öffentlichkeit. Erst später ist mir klar geworden, dass die Art und Weise, wie ich die Welt durch die Augen meiner Kinder sehe, meine grösste Stärke ist. Das ist der Grund dafür, dass ich Erfolg habe. Ich glaube wirklich, dass die Menschen nicht nur von meiner Musik angezogen werden, sondern auch durch meine positive Weltanschauung. Heute nehme ich an, wer ich bin. Das ist es, was ich den Menschen geben will: Liebe.

Jeder Erfolg bringt auch Opfer mit sich. Gibt es etwas, das Ihnen in Ihrem Leben fehlt? Oder wofür Sie gerne mehr Zeit hätten?

Bublé: Natürlich will ich nicht von zu Hause und meinen Kindern weg sein. Wäre ich jetzt gerne bei meinen Jungs? Natürlich. Aber während meiner Pause habe ich festgestellt, dass mir auch ein Teil meiner Identität fehlte. Ich bin ein kreativer Mensch. Ich liebe es, kreativ zu sein. Es bereitet mir eine unglaubliche Freude. Neulich hat mich mein Sohn aber auch gefragt, warum ich weggehe. Ich hatte keine Antwort darauf. Es geht nicht ums Geld oder um mein Ego, denn das ist schon gross genug.

Nach einem Auftritt hatte ich aber eine Offenbarung. Die Leute kamen zu mir und bedankten sich bei mir, für die ganze positive Energie und die Liebe, die ich ihnen gegeben konnte. Da wurde mir klar, dass das meine Aufgabe ist. Menschen mit Liebe zu erfüllen. Diese Erkenntnis war sehr wichtig für mich, weil ich auch eine Rechtfertigung gebraucht habe, zu gehen. Gleichzeitig brauche ich meine Familie. Sie gibt mir die Energie und die Liebe zurück, die ich den Menschen während meinen Auftritten gebe. Meine Familie lädt meine Batterien wieder auf.

Nach allem was in den letzten Jahren geschehen ist: Wann war der Punkt, an dem Sie wieder den Drang hatten Musik zu machen? Oder auf Tour zu gehen?

Bublé: Egal was in meinem Leben passiert ist, ich glaube nicht, dass meine Liebe zur Musik jemals erloschen war. Musik ist ein Teil von mir. Ich glaube sogar, dass es ein Teil der gesamten Menschheit ist. Natürlich haben wir in der schwierigen Zeit alles andere zur Seite gelegt und uns voll und ganz auf unsere Familie konzentriert. Wie es jede Familie machen würde und sollte. Für mich ging es aber eher darum, wieder bereit zu sei, in der Öffentlichkeit zu stehen. Es ging mir also nicht um die Musik, sondern darum, verletzlich zu sein und in der Lage zu sein, sich der Welt zu stellen und so normal zu sein, wie es unter diesen Umständen möglich war.

Meine Frau und ich waren aber gleichzeitig sehr bewegt von der unglaublichen Unterstützung und dem Mitgefühl, das wir erfahren haben. Nicht nur von der Öffentlichkeit, sondern auch von den Medien. Ein neues Album und eine Tour sind sehr gute Möglichkeiten, den Menschen etwas zurückzugeben und danke zu sagen. Nur eine bewusste Entscheidung gab es nie. Alles entwickelte sich sehr organisch.

Die Menschen, die in meiner Band spielen, sind meine besten Freunde. Sie gehören zur Familie. Ich habe sie einfach eingeladen, um Zeit miteinander zu verbringen. Dann haben wir natürlich auch gejammt und es fühlte sich einfach so gut an. Das ganze Album ist quasi an diesem Tag entstanden. Da ist mir klar geworden, dass ich völlig vergessen hatte, wie gut sich das anfühlt.

Vorheriger ArtikelWeihnachten im Südtirol
Nächster ArtikelHerzogin Kate verzaubert beim Diplomaten-Empfang in London