Kathy Kelly: «Es war schwierig, als ich Angelo grossziehen musste»

Kathy Kelly erzählt im Interview, warum sie sich mit „Wer lacht überlebt“ für ein deutschsprachiges Album entschieden hat.

Mit der Kelly Family feierte sie 2017 ein fulminantes Comeback. Doch der Erfolg mit ihrer Familie ist Kathy Kelly (56, „Morning of my life“) schon lange nicht mehr genug. Bereits seit 2001 ist sie auch solo unterwegs, am 15. März 2019 erscheint ihr neues Album „Wer lacht überlebt“, mit dem sie ab Oktober auf Deutschlandtour geht. Warum sich die Sängerin zum ersten Mal für ein deutschsprachiges Album entschieden hat, erzählt sie im Interview.

2017 haben Sie nach 18 Jahren ein „Kelly Family“-Comeback mit ihren Geschwistern gewagt. Was hat Ihnen das bedeutet?

Kathy Kelly: Es war ein Traum, den wir alle hatten und der in Erfüllung gegangen ist. Dass es tatsächlich dazu kommt, haben wir selbst nicht richtig geglaubt. Wie die Fans und die Presse reagiert haben, das war teilweise besser als in den 90ern. Es fühlte sich leicht an und wir haben viel Freude zurückbekommen.

Sie haben früh Verantwortung für ihre Geschwister übernommen. Sind Sie immer noch die „Mami“ in der Familie?

Kelly: Alle sind erwachsene Personen, die auch Kinder haben oder bald haben werden. Von daher bin ich weniger die Mami für sie, sondern ich bin immer die Älteste in der Gruppe, das geht nicht weg. Ich kann das Leben sehr gelassen und entspannt geniessen, sie haben alles selbst im Griff.

Mit 19 Jahren waren Sie praktisch alleine für eine grosse Familie zuständig. Gab es Situationen, wo Sie gezweifelt haben, dass Sie das schaffen?

Kelly: Es war eine schwierige Zeit, als Barbara-Ann [Stiefmutter von Kathy Kelly, Anm. d. Red.] starb und ich Angelo grossziehen musste. Ich hatte Momente, wo ich dachte: „Oh Gott, hoffentlich passiert nichts mit dem Kind“. Meistens habe ich aber nicht darüber nachgedacht, ob ich damit klar komme. Die Situation war da und ich habe mich jeden Tag aufs Neue dazu entschieden: Ich bleibe hier. Angelo ist glücklicherweise super grossgeworden und heute sehr erfolgreich mit seiner Familie.

Sie waren früh also auch ein Vorbild. Wer hat Sie selbst geprägt?

Kelly: Grosse, weibliche Stärke hat mir immer imponiert. Wir hatten in Spanien ein Kindermädchen, die alleinige Ernährerin ihrer Familie war. Sie hat immer angepackt, ohne sich zu beschweren. In späteren Jahren war es meine Mutter, die heute in Amerika lebt. Aus dem Musikbereich auch Tina Turner. Ich dachte immer, wenn sie Power hat, dann kann ich das auch.

Welchen Auftritt mit der „Kelly Family“ werden Sie nie vergessen?

Kelly: Meine Top drei: Bei einem Open Air in der Schweiz waren wir die Vorgruppe von Whitesnake und Aerosmith. Wir waren uns unsicher, ob uns die Rock-Fans überhaupt mögen und haben alles gegeben – am Ende sind sie ausgeflippt. In Wien spielten wir bei einem Festival als Headliner vor 250’000 Menschen. Und letztes Jahr war Berlin ein Highlight, die Waldbühne hat gekocht.

Ab 2001 waren Sie das erste Kelly-Mitglied, das eine Solokarriere startete. Wieso war Ihnen das wichtig?

Kelly: Als Person möchte man sich austoben, entwickeln und auch selbstständiger werden, nur so kann man in der Gruppe wieder stärker sein. Es gibt Facetten in der Stimme, die innerhalb einer Gruppe keinen Platz finden und die ich gerne zeigen wollte. Anfangs war es noch komisch, alleine auf der Bühne zu stehen, mittlerweile nicht mehr. Ich habe meine perfekte Balance gefunden.

Ihr neues Album heisst „Wer lacht überlebt“ – ein Lebensmotto von Ihnen?

Kelly: So weit würde ich nicht gehen. Aber ich habe gemerkt, dass sich durch Lachen, Humor und positivem Denken vieles entspannt, das Leben wird leichter. Als Lebensmotto habe ich das meiner Grossmutter übernommen: „I mean well.“ Wenn du jemandem nur Gutes wünschst, dann kommt das auch zu dir zurück.

Es ist Ihr erstes deutschsprachige Album. Wie kam es dazu?

Kelly: Man hat mich jahrelang gefragt, ob ich es machen würde, fühlte mich aber vor zehn, zwölf Jahren nicht bereit dazu. Ich habe nur aus Spass ein paar Singles aufgenommen und habe Opern von Wagner und Beethoven auf Deutsch gesungen. Das Album sollte mein Leben in den verschiedensten Ländern erzählen und mir wurde klar, dass ich in Deutschland die meisten Jahre meiner Karriere verbracht habe. Es soll ein Dankeschön an meine deutschen Fans und Unterstützer sein, die mich nie fallen haben lassen.

Wie war es für Sie auf Deutsch zu Texten und zu Singen?

Kelly: Ich bin jemand, der Herausforderungen mag. Ich habe erst einmal auf Englisch und Spanisch gedacht und dann übersetzt. Das Singen war dann gar nicht so schwer, wie ich dachte. Nach zwei, drei Sessions hatte ich den Dreh heraus. Für mich ist es eine Ehre auf eurer Sprache zu singen. Wichtig war mir, dass ich meine aussergewöhnliche Art zu singen und die Gefühle auch auf Deutsch transportieren konnte.

Was erfahren langjährige Kelly-Fans durch das Album über Sie?

Kelly: Es geht um meine eigenen Geschichten, nicht um die meiner Familie, was mich bewegt und geprägt hat. „Torero, Senior und Clochard“ handelt von meinem allerersten Bühnenauftritt mit Akkordeon auf dem Plaza Major in Madrid. Ich war zwölf Jahre, sehr scheu und hielt in den ersten Momenten die Augen geschlossen. Als ich sie öffnete, stand eine riesige Menge vor mir. Drei Männer haben dann mit dem Hut Geld eingesammelt für mich. Meinen ersten Verdienst habe ich monatelang aufgehoben.

Sie sind viel umhergereist und singen auch über Venedig, Pamplona, Amsterdam und Paris. Gibt es einen Ort, wo Sie sich zuhause fühlen?

Kelly: Ich habe sechs Jahre in Irland gelebt, als mein Sohn dort auf ein College ging. Dort fühle ich mich Zuhause, dort bin ich unter meinen eigenen Leuten. Auch wenn ich ein Weltenbummler bin, ist es schön zu wissen, je älter man wird, wo man hingehört. Davon erzählt das Lied „Inchydoney“. Ob ich dort noch einmal leben werde, wer weiss. Ideal wäre eine Mischung: im Winter Spanien, im Sommer Irland und an Weihnachten Deutschland (lacht).

Nach so vielen Stationen in ihrer Karriere – Was möchten Sie unbedingt noch erreichen?

Kelly: Ich habe mich als Opernsängerin ausbilden lassen, das will ich weiterverfolgen. Auch ein Album auf Englisch, Spanisch oder noch eines auf Deutsch kann ich mir vorstellen. Meine musikalische Neugier ist unendlich.

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