Anne-Sophie Mutter: Darum ist sie so ein grosser John-Williams-Fan

Anne-Sophie Mutter spielt am 14. September ihr erstes Open-Air-Konzert mit der Filmmusik von John Williams. Im Interview verrät sie, warum sie so ein grosser Fan seiner Musik ist und was sie an Yoda aus „Star Wars“ fasziniert.

Am 14. September ist es soweit: Anne-Sophie Mutter (56) spielt ihr erstes Open-Air-Konzert auf dem Königsplatz in München. Gemeinsam mit dem Royal Symphony Orchestra wird sie unter der Leitung von David Newman (65) Filmmusik von John Williams (87) spielen – von „Stars Wars“ und „Harry Potter“ bis hin zu „Die Geisha“ und „Schindlers Liste“. Am 30. August ist bereits ihr dazugehöriges neues Album „Across the Stars“ erschienen. Im Interview erzählt sie, wie die Arbeit mit John Williams war und warum sie so ein grosser Fan von Yoda ist.

Das Konzert am 14. September in München ist ja Ihr erstes grosses Open-Air-Konzert. Warum gerade jetzt?

Anne-Sophie Mutter: Weil das Programm stimmt und weil ich das grosse Glück hatte, vor sieben Jahren John Williams persönlich zu begegnen. Daraus hat sich eine künstlerische Freundschaft entwickelt. Er schrieb zuerst ein kleines Konzert für mich, für Kammerorchester, Geige und Harfe, das ich in Tanglewood vor drei Jahren uraufgeführt habe. Durch diese musikalische Nähe habe ich überhaupt erst gewagt, ihn zu fragen, ob er für mich ein oder zwei Themen umschreiben würde.

Ich bin ein Hardcore-Fan von John Williams‘ Filmmusik. Aus diesen ein, zwei Themen, die ich sonst in ein anderes klassisches Programm eingefügt hätte, ist ganz selbständig mehr geworden. Er hat auch total Feuer gefangen und ganz entgegen des ursprünglichen Planes hat John Williams selbst alle Titel, die wir aufgenommen haben und die ich am 14. September auch spielen werde, neu geschrieben. Das adelt das Projekt natürlich. Zum einen hat man das so in Europa noch nie gehört und zweitens erleben wir auf dem Königsplatz natürlich auch eine Uraufführung.

Was ist für Sie der grosse Reiz daran, dieses Programm als Open-Air-Konzert zu spielen?

Mutter: Es ist die Musik, die mich seit Jahrzehnten bewegt, aufregt, mit der ich lebe, mit der ich gross geworden bin, mit der meine Kinder gross geworden sind. Dieses tiefe emotionale Erlebnis möchte ich mit vielen Menschen teilen. Das ist meine grosse Motivation, dass ich die Musik nicht nur mit den John-Williams-Fans, sondern auch mit Menschen teilen kann, die sonst mit Klassischer Musik nichts am Hut haben. Diese werden an dem Abend hoffentlich mal erleben, was für ein unglaublich emotionsgeladenes, aufregendes, virtuoses Instrument die Geige ist.

Auf was freuen Sie sich beim Konzert am meisten?

Mutter: Auf jeden einzelnen Titel und auf die Stimmung. Ich hatte ein Konzert in Amerika, da hat John Williams auch die zweite Hälfte dirigiert. Er reist ja gar nicht mehr nach Europa. Das ist zwar schade, aber er schickt uns sozusagen seine Vertretung in David Newman. Der ist ja auch selbst weltberühmter Komponist. In Amerika ist John natürlich der Nationalheld. Man kann sich nicht vorstellen, wie das Publikum dort reagiert, wie emotionsgeladen ein solcher Abend abläuft.

Ich möchte ein Stück weit weg von dem gut erzogenen und kultivierten Klassik-Publikum, das natürlich grossartig ist, aber ich hab’s auch ganz gern, wenn mal geschrien wird vor Begeisterung, weil ich das nämlich auch selber tue, wenn ich in Konzerten von Kollegen bin. Das erhoffe ich mir, dass das für uns alle ein unvergesslicher, emotionsgeladener Abend wird, an dem alle richtig Spass haben und viele Generationen hingehen, weil Johns Musik ja mindestens zwei, wenn nicht drei Generationen von Menschen bereits erreicht hat.

Wieso haben Sie sich denn gerade München und den Königsplatz als Konzert-Location ausgesucht?

Mutter: München ist meine Wahlheimat, ich lebe hier seit genau 30 Jahren. Meine Kinder sind hier zur Schule gegangen, ich habe die meisten meiner Freunde hier. Der Königsplatz ist ein sensationell schöner Rahmen unter freiem Himmel. Der Titel hat sich ja auch angeboten für das Konzert, nicht nur, weil es ein „Star Wars“-Originalthema ist, sondern ich spiele ja auch „Across the Stars“, unter den Sternen auf dem Königsplatz. Ich glaube, auch für die Zuhörer gibt es keine coolere Location.

Sie haben ja wirklich sehr eng mit John Williams zusammengearbeitet. Was ist für Sie das Besondere an seiner Musik?

Mutter: Das Besondere an seiner Musik ist, dass sie ohne den Film eine so grosse Präsenz hat. Diese Musik steht eigenständig für sich. John Williams hat bereits für den ersten „Star Wars“-Film starke Themen und Leitmotive entwickelt und jeder Figur ein eigenes Thema komponiert. Dass dieses neunteilige Epos erst nach 40 Jahren zum Ende kommt, ist sicherlich auch der Musik von John Williams geschuldet, der für grosses symphonisches Orchester schreibt, wirklich noch in der klassischen Tradition.

Seine Melodienvielfalt, seine Orchestrationskunst und sein enormes Verständnis der kulturellen Unterschiede in der Musik zeichnen ihn aus. Wenn Sie sich „Geisha“ anhören – da wird man einfach nach Japan versetzt. Bei „Schindlers Liste“ ist es das Jiddische in der Musik. Bei „Star Wars“ natürlich dieses unglaublich Heroische, Galaktische – John Williams ist wie kein anderer in der Lage, eine Emotion in Musik umzusetzen, die dem Film eine Tiefe gibt, die ohne seine Musik nicht da wäre.

Wie lang hat denn schon der Wunsch in Ihnen geschlummert, mit John Williams zusammenzuarbeiten?

Mutter: Vieles in meinem Leben schien sich so zu ergeben. Wenn ich zurückschaue und diese Entwicklung sehe, wie ich da immer ins Kino renne… meine Kinder sind auch grosse John-Williams-Fans. Dann begegne ich ihm persönlich und es entwickelt sich so. Ich bin allerdings ein Mensch, der Dinge dann auch vorantreibt. Wenn ich eine Möglichkeit sehe, einen musikalischen Wunsch in die Tat umzusetzen, dann kann ich auch sehr hartnäckig sein. Deswegen sagt John auch in einem der Interviews, die ich mit ihm führen durfte: Anne-Sophie is many things but she’s not a woman you can say no to. So musste er sich wohl seinem Schicksal fügen.

Jetzt sind Sie ja wirklich ein Weltstar auf der Geige. War es trotzdem noch eine Herausforderung, John Williams‘ Musik zu spielen?

Mutter: Ja, gerade an den drei Tagen intensivster Proben, die ich im März mit ihm hatte. Er ist ja nicht der erste Komponist, mit dem ich arbeite, aber er war derart detailgenau. Er arbeitet permanent an seiner Musik. Diese Besessenheit, wirklich das Beste zu schreiben, was möglich ist, das hat mich total fasziniert. Die Spontaneität beim Muszieren – man muss sich das so vorstellen in diesen Hollywood Studios: Da sitzt also der Komponist und zwei Herren an ihren Computern und wenn der Komponist beschliesst, er will etwas umschreiben, dann wird das sofort in den Computer eingespeist und dann bekommt das Orchester einen neuen Satz Noten.

Ich sage Ihnen, es gibt nichts Aufregenderes. Da wird wirklich noch komponiert, während man schon aufnimmt. Absolut irre. Das habe ich in der sogenannten klassischen Musik so nie erlebt, so einen lebendigen Schaffensprozess. Das ist natürlich auch eine Herausforderung, weil man da wahnsinnig schnell sein muss und das habe ich bei der Gelegenheit auch gelernt.

Sie sind ein sehr grosser Yoda-Fan – was fasziniert Sie an der „Star Wars“-Figur?

Mutter: In der Ruhe liegt die Kraft. Er ist Pazifist, er ist ein weiser und ein witziger Kerl, er besitzt magische Fähigkeiten. Ich wette, unter seinem Gewand steckt eine kleine Geige.

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