Verena Altenberger: „Bessie ist so ein bisschen aus der Zeit gefallen“

Quelle: BR/Provobis Gesellschaft für Film und Fernsehen/Hendrik Heiden

Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff ist inzwischen Kriminaloberkommissarin. Das zeigt sich auch an ihrem Äusseren, wie Schauspielerin Verena Altenberger im Interview erklärt. 

Der „Polizeiruf 110: Bis Mitternacht“ (5.9., 20:15 Uhr, das Erste) von Regisseur Dominik Graf (68) ist der vierte Fall von Ermittlerin Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff, die inzwischen von der Polizeioberkommissarin zur Kriminaloberkommissarin aufgestiegen ist. Gespielt wird sie von der Österreicherin Verena Altenberger (33, „Generation Beziehungsunfähig“), die bei den diesjährigen Salzburger Festspielen als kurzhaarige Buhlschaft gefeiert wurde. Auch im Interview zum Krimi, der beim Münchner Filmfest Premiere feierte, ging es unter anderem um symbolträchtige Äusserlichkeiten. Die erfolgreiche Schauspielerin erklärte spot on news am Rande der Premierenveranstaltung ausserdem, welcher Wesenszug sie mit ihrer Rolle Bessie verbindet.

Bei Ermittlerin Elisabeth „Bessie“ Eyckhoff gibt es im „Polizeiruf 110: Bis Mitternacht“ optisch eine Veränderung. Sie hat eine ganz andere Frisur. Hat das was mit dem neuen Dienstgrad zu tun?

Verena Altenberger: Es ist eine Mischung aus einer künstlerischen Überlegung und einer beruflichen Gegebenheit. Ich hatte vorher recht langes Haar und musste es mir auf Schulterlänge kürzen lassen, weil ich im Anschluss an den „Polizeiruf 110: Bis Mitternacht“ in Österreich den Film „Unter der Haut der Stadt“ gedreht habe. Darin spiele ich eine krebskranke Frau, die eine Glatze bekommt. Die sollte erst geklebt werden und damit nicht zu viel Haar versteckt werden muss, haben die beiden Maskenbildnerinnen der Filme sich darauf geeinigt, welche Haarlänge für Bessie nicht zu kurz ist und welche etwas besser unter einer Silikon-Glatze versteckt werden kann. Der Kompromiss war dann schulterlang. Man kann beim Film ja wirklich ganz viel Tolles faken. Im Endeffekt habe ich mir dann wirklich eine Glatze rasieren lassen. Das war aber erstmal so nicht geplant.

Und warum ist Bessies Pony weg?

Altenberger: Nachdem ich mit schulterlangem Haar plus Pony plötzlich viel zu jung für die Rolle aussah, haben wir den Pony etwas zur Seite geschoben. Dann haben wir aus der Not eine Tugend gemacht und fanden die Veränderung gut, weil wir in der Krimireihe ja auch von einem kleinen Zeitsprung erzählen. Letztlich lässt sich über Frisur immer ganz gut erzählen, dass ein neuer Lebensabschnitt begonnen hat.

Und noch ein Äusserlichkeiten-Thema fällt im Krimi auf: Beim Umziehen sieht man Bessies Achselhaare: Warum wollten Sie und/oder Regisseur Dominik Graf das zeigen?

Altenberger: Nach wie vor ist es automatisch eine Art Emanzipationsstatement. In dem Fall wurde es aber nicht bewusst gesetzt, stattdessen hatte Bessie schon beim allerersten „Polizeiruf“ Achselhaare. Das war etwas, was ich mir für die Rolle ausgedacht habe. Weil für mich eine der innerlichen Schönheiten dieser Rolle ist, dass sie so ein bisschen aus der Zeit gefallen ist. Ich kann nicht greifen, ob Bessie in den 1980ern hängengeblieben ist oder vielleicht sogar so eine ganz alte Seele hat oder eine total moderne Frau ist. Manchmal redet sie auch, wie eine 30-Jährige vielleicht eher nicht reden würde. Manchmal wirkt sie älter, manchmal wirkt sie jünger. Ich mag, dass Bessie so anachronistisch ist. Man kann sie in keine Zeit packen. Und da fand ich die Achselhaare eine schöne Idee. Weil auch die Achselhaare sind eine Mischung aus unmodern, also 1970er oder 1980er, aber auch wieder total im Kommen. Ich habe 16-jährige Kolleginnen, die jetzt plötzlich wieder Achselhaare haben. Ist es jetzt supermodern oder total altmodisch?

Man sieht die Achselhaare auch tatsächlich in jedem einzelnen Fall…

Altenberger: Das stimmt, nur selten so präsent wie im „Polizeiruf 110: Bis Mitternacht“. Das liegt sicher auch ein bisschen daran, dass Dominik Graf einfach so eine Freude daran hat, wenn etwas im übertragenen Sinn nicht ganz glatt ist. Er mag Ecken und Kanten und komische Menschen. In diesem Sinn feiert er dann natürlich auch so ein bisschen die Achselhaare, weil es unerwartet ist. Und genau deswegen hält er dann natürlich nochmal drei Sekunden länger drauf.

Bessie hat auch in diesem Krimi wieder neue Kollegen. Bekanntermassen ist es Teil dieses Konzepts, trotzdem die Frage: Bleibt diesmal wer?

Altenberger: Ich weiss es noch nicht. Wir suchen immer erst das Drehbuch aus und schauen dann, wen wir brauchen. Mich gibt es als Konstante, aber ob dann drei weitere KollegInnen mitermitteln oder einer oder keiner, ob es eine Chefin braucht oder einen Chef, das hängt von der jeweiligen Geschichte ab. Ich habe das nächste Drehbuch für den fünften Fall schon in meinem Mail-Postfach, aber ich konnte es wegen der Vorbereitungen für mein Engagement bei den Salzburger Festspielen noch nicht lesen. Insofern weiss ich noch nicht konkret, wie und mit wem ich ermitteln werde. Es ist aber jederzeit möglich, dass ein bereits bekannter Kollege zurückkehrt.

Bessie fühlt sich im Krimi in die Psyche des Verdächtigen ein. Konnten Sie diesen Wesenszug gut nachvollziehen?

Altenberger: Ja, auf jeden Fall. Bessie ist einfach interessiert an Menschen, möchte sie verstehen und das unabhängig davon, ob sie Gutes oder Schlechtes tun. Sie selber möchte gerne Gutes tun. Aber sie ist auch nicht per se abgestossen von Menschen, die Schlechtes tun. Sie hat Interesse daran, warum sie das machen. Was muss im Leben eines Menschen passieren, dass er so etwas Böses tut. Diese Eigenschaft von Bessie hat mich auch als Schauspielerin angetrieben. Und unter anderem deswegen mag ich meinen Beruf auch so gern, weil ich mich für Menschen in allen Fassetten interessiere. Ich finde es einfach spannend, wie sich Menschen verhalten.

Der Schluss des Krimis ist ein Hoffnungsschimmer…

Altenberger: Das ist auch eine Aussage, die transportiert werden soll: Es ist nicht unmenschlich. Alles ist menschlich. Das Beste, was wir tun können, ist, uns helfen zu lassen – und zu helfen, ehrlich zu helfen.

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