Quelle: Prime Video / Andreas Büttner
Ihre erste gemeinsame fiktionale Serie ist da: Im Interview sprechen Anke Engelke und Bastian Pastewka über die Dreharbeiten zu „Perfekt Verpasst“ in Marburg, über die Auswirkung ihrer Freundschaft auf ihre Arbeit und zukünftige Projekte.
Anke Engelke (58) und Bastian Pastewka (52) sind ab 15. August in ihrer ersten gemeinsamen fiktionalen Serie zu sehen: „Perfekt Verpasst“ startet am 15. August bei Prime Video. Darin spielen die beiden die Singles Maria und Ralf, die in der Kleinstadt Marburg wohnen und sich noch nie getroffen haben, obwohl sie perfekt zusammenpassen. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erzählen die beiden Darsteller, wie die Idee zur Serie entstanden ist und warum Marburg der perfekte Drehort war. Zudem verraten die seit vielen Jahren befreundeten Schauspieler, wie die Darstellung eines vermeintlichen Liebespaars für sie war und ob sie in der Zukunft auch wieder als Comedy-Duo in Erscheinung treten werden.
Sie standen bereits öfter gemeinsam vor der Kamera. Was war in der Zusammenarbeit zu Ihrer ersten gemeinsamen fiktionalen Serie anders?
Anke Engelke: Wir waren bislang eher in kleinteiligeren Formaten zusammen zu sehen. Ich war zu Gast bei „Pastewka“ oder Bastian bei „Ladykracher“ und natürlich gehörten wir Ende der 90er zum Ensemble der „Wochenshow“. Aber in diesen Formaten wurden für uns nie dramaturgische Bögen gespannt. Bei Wolfgang und Anneliese haben wir uns dann und wann Backstorys zu ihrer Vergangenheit und ihrer Karriere ausgedacht. Aber es hat nie wirklich einen komplexen Erzählstrang gegeben. Das ist der essenzielle Unterschied, dass wir dieses Mal wirklich eine Geschichte erzählen wollten.
Wie ist die Idee zur Serie entstanden?
Engelke: Im Oktober 2020 haben Bastian und ich uns einen Konferenzraum gemietet – mit grösstmöglichem Abstand wegen der Pandemie. Wir haben uns gefragt: „Was haben wir schon miteinander gemacht und was würden wir mal wieder gern miteinander machen?“ Das „wieder“ verschwand dann: „Was würden wir mal gerne miteinander machen?“ Lustig waren wir schon miteinander, also haben wir nach anderen Genres gesucht, die uns interessieren. Basti schaut viel mehr Krimis oder Science-Fiction, das interessiert mich alles weniger. Am Ende der Woche kamen wir zum Schluss, dass die Liebe Thema sein soll. Und dann kam Basti mit der genialen Idee: „Was ist, wenn die sich gar nicht treffen, wenn die sich nicht kennen?“
Bastian Pastewka: Und Anke meinte: „Wir nennen die Serie ‚Never ever‘.“ Das war unser Arbeitstitel. Wir haben zwei, drei Wochen ins Land gehen lassen, haben uns noch mal getroffen. Wir merkten beide, dass wir von dieser Idee tatsächlich angefixt sind. Dann ging es darum: Wer sind wir? Wo sind diese Figuren beheimatet? Marburg als Ort des Geschehens stand sofort fest.
Warum diese Stadt?
Pastewka: Marburg hat eine Innenstadt, die man mit zwei Aufzügen erreichen kann. Ich hatte dieses Bild vor Augen, wie die Fahrstühle von der Unter- zur Oberstadt mit unseren Figuren darin aneinander vorbeifahren.
Engelke: Auch das Pittoreske an Marburg hat dir gefallen, ich kannte die Stadt vorher gar nicht. Für die Serie war es wichtig, dass es keine Grossstadt ist. Und nicht, weil wir Berlin, München, Hamburg und Köln schon kennen und das alles scheinbar abgedreht und abgegrast ist, sondern auch wegen der Idee: Wo findet das normale Leben statt? Ein Grossteil der Menschen, hier in Deutschland, lebt nicht in einer Grossstadt und damit wollten wir uns auseinandersetzen.
Pastewka: Das Spannende daran ist ja auch: Wie unwahrscheinlich ist es, dass sich zwei Menschen in dieser kleinen Innenstadt mit den kleinen Fachwerkhäusern nicht über den Weg laufen? Es ist doch klar, dass man ein Sportgeschäft oder einen Buchladen nicht übersehen kann. Wir haben also eine grosse Unwahrscheinlichkeitsrechnung aufgemacht und ein kleines erzählerisches Puzzle aufgebaut. Es gibt keine Szene, die ihrer selbst willen interessant ist, sondern sie hat immer eine Verbindung: Maria und Ralf haben durch gemeinsame Freunde eine Schnittmenge, ohne es zu wissen. Jochen ist zum Beispiel der Pfleger von Marias Vater und gleichzeitig der beste Freund von Ralf. Wir haben vorne viel gepflanzt, was wir hinten ernten konnten.
Wie waren die Dreharbeiten dann in der Stadt?
Pastewka: Den Menschen von der Stadtverwaltung Marburg, die für uns Strassen sperren mussten, Ankündigungen aufhängen mussten oder die Kirmes aus unserer ersten Folge extra für uns aufstellen liessen, danken wir auf Knien dafür, dass sie sich so reingehängt haben. Da war viel Verantwortung und Logistik dahinter.
Engelke: Wir haben schon viel gedreht und haben viel auf dem Buckel. Aber so was habe ich noch nie erlebt. Eine reizende Kollegin von der Stadt Marburg hatte wirklich Ahnung von Film und wusste genau, was sie wann sperren muss, was sie wo wann anmelden muss, wenn wir mit unseren zehn Trailern angerückt sind. Unfassbar, mit wie viel Bock, Herz, Verständnis, Geduld und Kompetenz uns da geholfen wurde. Ich würde mich so freuen, wenn jetzt Menschen aufgrund der Serie nach Marburg fahren wollen würden.
Was war Ihnen bei Ihren beiden Figuren Maria und Ralf wichtig?
Pastewka: Wir fanden gut, dass die Figuren schon viel hinter sich haben und trotz dieser Erfahrungen jetzt plötzlich vor einer Art von Neuanfang stehen. Maria merkt, dass sie ein paar Chancen verpasst hat, zum Beispiel ein Buch zu schreiben oder den Konflikt mit ihrer Konkurrentin sauber zu lösen. Sie hat ausserdem noch eine Dreiecksverhältnis an der Hacke. Ralf hingegen hat zwei Töchter und lebt in Scheidung. Daneben haben wir einen ganzen Figurenkosmos ausgebreitet, denn es ist nicht nur eine gemeinsame Serie von Engelke und Pastewka, sondern eine Ensembleserie. Alle Figuren haben ihre Bewandtnis, und sei es der Scheidungsanwalt aus der ersten Folge, der hinten noch einmal auftaucht.
War die Vorstellung für Sie komisch, ein vermeintliches Liebespaar zu spielen?
Engelke: Nein, gar nicht. Wir können das voneinander trennen, dass wir befreundet sind, aber für die Serie spielen müssen, dass zwischen uns mehr ist als Freundschaft. Ich glaube, da haben wir uns am wenigsten Sorgen gemacht. Mir hat viel mehr Angst gemacht, dass wir in so einer verantwortungsvollen Position waren. Wir waren Teil des Executive-Producer-Teams, wir haben im so genannten writers‘ room gesessen. Ich dachte zwischenzeitlich: „Oh Gott, ich mache hier doch etwas, was ich eigentlich gar nicht kann.“ (lacht)
Sie bringen sich gerne gegenseitig zum Lachen. Wie schwer war es, ernst zu bleiben?
Engelke: Es stehen genügend Leute am Set, die das nicht lustig finden, wenn wir da Quatsch machen und alles aufhalten. Vieles ist durchchoreografiert und man hat keine Zeit, weil zum Beispiel das Licht weggeht oder sich ein Regenschauer ankündigt.
Pastewka: Alle Szenen haben wie gesagt einen Sinn und gehörten zum Puzzlespiel. Es war nicht so, als hätten wir da die Zeit oder auch die Lust gehabt, unheimlich viel herumzuexperimentieren und aus unseren Figuren auszubrechen. Man dient dem Stück, darum geht es bei so einer spezifischen Serie.
Engelke: Da haben wir wirklich drauf geachtet. Wir hatten so feine Leute im Team, die im Zweifel nicht gesagt hätten: „Könnt ihr mal ein bisschen schneller machen oder könnt ihr mal ein bisschen weniger rumalbern.“ Die würden sich gar nicht trauen, uns das zu sagen, weil sie uns eben lustig finden, was ich niemandem übelnehme (lacht).
Haben Sie während des Drehs noch etwas über den jeweils anderen gelernt?
Engelke: Ich habe über Basti zum Beispiel gelernt, dass er ein guter Regisseur sein könnte. Er hat so ein feines Näschen und so ein gutes Gespür für Timing und für Dramaturgie. Er sieht, wie die Figuren sich entwickeln. Im writers‘ room habe ich gemerkt, wie er beim Entwickeln von einer Szene früh im Blick hat, was hinten raus passiert. Das habe ich so noch nie erlebt bei ihm. Diese Bögen, die habe ich gar nicht so hinbekommen. Auch am Set bin ich mehr ein Moment-Mensch. Ich will etwas in diesem Moment fühlen und dann kann ich das auch spielen.
Pastewka: Anke ist viel wagemutiger. Sie nimmt komplizierte Aufgaben sofort an. Sie ist die Erste, die sagt: „Das klingt total anstrengend. Wann geht’s los?“ Und sie ist wahnsinnig genau bei ihrer Figurenfindung. Bei „Perfekt Verpasst“ waren ihr die wuscheligen Haare und das Nasenpiercing total wichtig.
Engelke: Ich brauche so eine Biografie und ich muss erzählen, ohne es zu verbalisieren, was die Rolle für eine Vergangenheit gehabt haben könnte. Ich möchte eine Projektionsfläche sein. Ich möchte, dass man da was draufbeamt und sagt: „Ja, solche Menschen kenne ich, ich war auch mal eine Verrückte und ein bisschen crazy.“
Pastewka: Bei mir ist das leider nicht möglich, weil ich nur dieses eine Gesicht habe (lacht). Immerhin haben wir uns dazu entschieden: diesmal bekomme ich einen Bart. Meinen Wunsch nach einer Brille hat unsere Kamerafrau wegen der Spiegelung abgelehnt. Aber ich bin dankbar, dass ich nicht jeden Tag ein Piercing in die Nase oder eine neue Haarpracht bekommen habe. Ich bin einfach in meine Sportweste geschlüpft.
Und welche Gemeinsamkeiten haben Sie bei der Arbeit?
Engelke: Es ist bekannt, dass wir beide Streber sind, das fällt auch immer wieder unangenehm auf, zuletzt bei ‚LOL‘, wo gesagt wurde: „Was haben die denn alles vorbereitet?“ Freigeister wie Teddy oder Kurt Krömer haben nichts in der Hosentasche und holen trotzdem was raus, das ist die Ungerechtigkeit der Welt, wie begabt die sind. Wir zwei müssen das eben proben bis zum Get No.
Pastewka: Ich glaube, dass man uns beiden mitunter nachsagt, dass wir möglicherweise schwierig sind. Ich schütze mich mit der Behauptung, dass es immer im Dienst der Sache ist.
Eine fiktionale Serie ist jetzt abgehakt. Was können Sie sich noch an gemeinsamen Projekten vorstellen, einen Podcast vielleicht?
Engelke: Bei Podcasts sind wir beide schon gut ausgelastet.
Pastewka: Momentan ist es gerade so schön, diese Serie zu haben, dass es unmöglich ist, sofort ein anderes „untitled Engelke-Pastewka-project“ anzuschieben.
Engelke: Was feststeht ist, dass wir den Blick nicht verkleinern und jetzt nur noch die eine Rolle spielen wollen. Sondern wir machen auf und lassen alles erst mal durch. Es ist toll, was Menschen uns immer wieder zutrauen, auch an Kreativem. Basti hat jüngst wieder Sachen gedreht, an die er vielleicht vor zwei Jahren nicht im Geringsten gedacht hätte und bei mir ist auch ganz viel zwischendurch passiert und das nicht, weil ich in einem Interview gesagt habe, was ich gerne mal spielen würde.
Würden Sie auch noch mal ein Erfolgsduo wie Jenny und Mel oder Wolfgang und Anneliese zurückbringen?
Engelke: Da legen wir uns nicht fest. Ich glaube, wir sagen: Jetzt gerade nicht, aber wer weiss, irgendwann? Kurz vor ‚LOL‘ haben wir auch noch mal gedacht: Was ist denn mit Wolfgang und Anneliese? Aber die beiden sind ja nie weg, die sind nicht raus, die führen ein Eigenleben.
Pastewka: Die hat man noch im Körper, da kann man sofort hinswitchen: Servus, macht’s guat!