„Tatort: Dunkle Zeit“: So wird Falkes neuer Fall

Der neue „Tatort“ aus Niedersachsen nimmt sich eines brandaktuellen Themas an: der aufkeimende Rechtspopulismus und die daraus resultierende gespaltene Stimmung im Land. Wir verraten, ob sich der Krimi lohnt.

Nach den Zombies aus „Böser Boden“ von vorletzter Woche bekommen es Falke (Wotan Wilke Möhring) und Grosz (Franziska Weisz) in „Tatort: Dunkle Zeit“ jetzt mit Rechtspopulisten zu tun. Ein Thema, das schnell in Allgemeinplätzen und geifernden Schlagabtäuschen ausufern könnte. Zum Glück hat man sich jedoch einen Autoren und Regisseur ins Boot geholt, der genügend Beobachtungsgabe und Fingerspitzengefühl für das Thema mitbringt.

Darum geht es

Für Falke kommt es einer Bestrafung gleich, als er und Grosz zum persönlichen Schutz von Nina Schramm, Fraktionsvorsitzende der „Neuen Patrioten“, abgestellt wird. Zum Leidwesen seiner Kollegin machen Falke und die Rechtspopulistin keinen Hehl aus ihrer gegenseitigen Abneigung. Als Schramms Wagen durch eine Explosion zerstört und dabei ihr Ehemann Richard getötet wird, melden rechte Netzwerke den Anschlag eines „linken Mobs“ und werfen der Polizei vor, tatenlos zu zuschauen. Für die Ermittler ergeben sich allerdings Ungereimtheiten in der medienwirksamen Kampagne der Rechtspopulisten.

Wer sind diese Neuen Patrioten?

Wie schon so oft wurde der „Tatort“ von der Realität eingeholt. Schon Monate vor der Bundestagswahl wurde „Dunkle Zeit“ gedreht, und doch rühmt sich Schramm damit, in Falkes Heimatort ein Wahlergebnis von 13 Prozent geholt zu haben – das Ergebnis, das zuletzt die AfD auf Bundesebene knapp erreichte. Im „Tatort“ nennt sich die Partei allerdings Die Neuen Patrioten, kurz DNP – mit einem Deutschland hintendran ergäbe das eher eine NPD. Doch spiegelt der Film nicht nur deutsche Zustände wider. Nicht umsonst nimmt die erste Einstellung den US-Präsidenten Donald Trump ins Visier, und der aufkeimende Rechtspopulismus ist schliesslich ein europaweites Problem.

So oder so hatte der NDR reichlich Stoff für Falkes Fall in einer politisch unruhigen Zeit, in der populistische Ideologien auf nahrhaften Boden fallen. Drehbuchautor und Regisseur Niki Stein (56, „Rommel“) arbeitet aktuell an einer Reihe über Adolf Hitler und erzählte dem NDR, dass er beim Schreiben dieses „Tatorts“ immer wieder Parallelen zu den Nationalsozialisten entdecken konnte. „Es ist im Grunde die gleiche Geschichte: Man folgt einer grossen völkischen Idee, gibt klare Feindbilder aus und entwickelt eine Strategie, wie das Establishment zu bekämpfen ist. Dann ist es nur noch ein kleiner Schritt, bis man sagt: Wir schaffen auf radikale Art und Weise ein Problem aus der Welt, weil das Ziel, das wir vor Augen haben, so gewaltig ist.“

Lohnt das Einschalten?

Durchaus. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich die Krimireihe der aktuellen sozialpolitischen Stimmung annimmt. Bei dem „Tatort“-versierten Stein, der in der Folge „Der Inder“ schon das Streitthema Stuttgart 21 und in „HAL“ Datenschutz und künstliche Intelligenz behandelte, ist ein derart komplexes Reizthema in guten Händen. Er bildet ab, anstatt zu urteilen und zeigt, wie versiert eine Partei wie die fiktiven Neuen Patrioten ihre Wähler umgarnt, wie schwer es mitunter ist, ihr mit logischen Argumenten beizukommen, und wie verhärtet die Fronten wirklich sind.

Schade, dass der Film an anderer Stelle Potential verschenkt. So nuanciert charakterisiert wie Schramm sind ihre Parteifreunde nicht geraten. Dem weitaus weniger spannenden Nebenschauplatz, auf dem zwei militante Aktivisten eine parasitäre Beziehung eingehen, während sie einen Anschlag planen, wird ausserdem zu viel Raum gegeben. Interessanter ist das Verhältnis der Ermittler, das sich immer noch nicht erwärmen will (sie bleiben erstmal beim „Sie“). Und vor allem sind es die Dialoge zwischen Schramm und den Kommissaren, die ins Schwarze treffen. Was die unbelehrbare Politikerin, der streitbare Falke und die angestrengt diplomatische Grosz ineinander auslösen, dürfte vielen Deutschen bekannt vorkommen.

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