So wird der „Tatort: Ich töte niemand“ aus Franken

Das wird kein „Tatort“ wie jeder andere. Der vierte Franken-Krimi „Ich töte niemand“ hat es in allen Belangen in sich. Auf seichte Kost darf man am kommenden Sonntag also nicht hoffen…

Dunkel, dramatisch, deprimierend – und dabei grandios. Eines kann man gleich vorneweg verraten: Dieser „Tatort“ hat es in sich. Es ist der vierte Krimi aus Franken und „Ich töte niemand“ ist mit Abstand der stärkste Film mit Dagmar Manzel (59) und Fabian Hinrichs (43) in den Hauptrollen seit Beginn der Reihe im Jahr 2015. Das neueste Werk thematisiert die Entwicklungen der neuen und alten Rechten, aber auch die des islamischen Fundamentalismus‘ und kommt dabei überraschend vollkommen ohne einem erhobenen Zeigefinger aus.

Dennoch und wahrscheinlich gerade deswegen werden die grotesken Überschneidungen der autoritären Weltanschauungen wunderbar entlarvt und aufgedeckt. Den fatalen Kreislauf aus Gewalt und Gegengewalt, basierend auf Werten, die komplett pervertiert wurden: Ehre, Würde oder Anstand hat hier kaum einer der Beteiligten – obwohl sie ständig damit argumentieren. Selten wurde dieses komplexe Thema in einem Fernsehfilm so gut umgesetzt – ohne mit billigen Klischees zu spielen. Der beste Satz im ganzen Film: „Wir hätten uns viel zu sagen. Egal, woher Sie kommen.“ Bitte mehr davon!

Darum geht’s

Während die Mordkommission Franken ausgelassen die Einweihung von Felix Voss‘ (Hinrichs) neuer Wohnung feiert, wird andernorts ein Geschwisterpaar tot aufgefunden. Bruder und Schwester wurden brutal erschlagen. Ihr Ziehsohn Ahmed (Josef Mohamed) ist seit der grausigen Tat verschwunden. Offenbar hatte er sich zur Tatzeit im Haus aufgehalten. War er Zeuge? Warum ist er abgetaucht?

Zwei Tage später stirbt ein Kollege der Nürnberger Polizei völlig überraschend während einer Autofahrt an einer fatalen Wechselwirkung von Medikamenten. Für Ringelhahn (Manzel) ist diese Nachricht eine Katastrophe. Der tote Frank Leitner (André Hennicke) war ein enger Freund. Ein am Tatort gefundenes Indiz lässt vermuten, dass Leitner während des Mordes vor Ort war. Ein Fall, der Paula an ihre Grenzen führt, und dem sie ohne ihren Kollegen Felix nicht gewachsen wäre.

Lohnt sich das Einschalten

Absolut! Wer seichte Krimi-Kost à la Münster erwartet, der ist hier natürlich komplett fehl am Platze. „Ich töte niemand“ geht unter die Haut, von der ersten Sekunde an. Man fiebert mit den Kommissaren mit und kann ihre innere Zerrissenheit und Traurigkeit miterleben. Vor allem Hinrichs überzeugt einmal mehr in der Rolle des jungen Kommissars. Seine Ambivalenz – zwischen aufbrausendem Ermittler und zweifelndem Mensch – trägt weite Strecken des ganzen Films.

Auch der eigentliche Plot ist sowohl spannend als auch realistisch erzählt und steigert sich immer mehr, ohne auch nur in einer Sekunde übertrieben oder albern zu werden. Am Sonntagabend blickt der „Tatort“-Zuschauer in die tiefsten Abgründe der Menschheit und wird sich aller Voraussicht noch lange an diesen Film erinnern – inklusive des fulminanten Schlussdialoges. Mehr wird aber nicht verraten…

Vorheriger ArtikelDas Coachella ruft: Die Festivaltrends 2018
Nächster ArtikelSarah Lombardi begeistert auf dem goldenen Teppich der Echo-Verleihung