„Die Puppenspieler“: Ulrich Matthes über Kirchenkritik an Weihnachten

Seit seinem aufsehenerregenden „Tatort“-Auftritt ist Ulrich Matthes auch ausserhalb des Theater-Kosmos ein Star. Im zweiten Teil von „Die Puppenspieler“ hat er seinen grossen Auftritt. Im Interview dazu erklärt er, wie er sich als Papst fühlte und ob Kirchenkritik rund um Weihnachten in Ordnung ist.

Für seine Rolle als Murot-Widersacher und brutaler Killer im aufsehenerregenden „Tatort: Im Schmerz geboren“ (2014, Leichenrekord, fünf Grimme-Preise etc.) wurde der Berliner Theater-Star Ulrich Matthes (59, „Krieg“) mit dem Grimme-Preis und der Goldenen Kamera ausgezeichnet.

Am heutigen Freitagabend steht nun sein grosser Auftritt als spanischer Papst Alexander VI. (1431-1503) im zweiten Teil des Zweiteilers „Die Puppenspieler“ (20:15 Uhr, das Erste) an. Im Interview blickt Matthes nochmal auf den „Tatort“-Erfolg zurück. Er verrät aber auch, wie er sich als mächtiger Papst fühlte und gibt eine deutliche Antwort auf die Frage, ob Kirchenkritik rund um das Weihnachtsfest in Ordnung ist…

Werden Sie denn immer noch auf den vielfach ausgezeichneten „Tatort: Im Schmerz geboren“ (2014) angesprochen?

Ulrich Matthes: Ja, das kommt tatsächlich immer noch vor, gerade neulich erst wieder. Ich war privat im Theater, als mich ein anderer Zuschauer ansprach. Er meinte, er sei ein begeisterter Fan unseres „Tatorts“ und würde ihn sich zusammen mit seiner Frau alle zwei, drei Monate ansehen. Das fand ich ein grosses Kompliment. Gleichzeitig war es aber auch eine kuriose Vorstellung, dass es Menschen gibt, die ihn immer wieder ansehen.

Hat der „Tatort“ beruflich viel für Sie verändert?

Matthes: Ja, schon. Ich habe einige Nachfolge-Angebote bekommen, unter anderem „Die Puppenspieler“. Manches konnte ich wegen meines festen Engagements am Deutschen Theater in Berlin nicht machen.

In „Die Puppenspieler“ spielen Sie den Papst. Wie haben Sie sich in dieser Rolle gefühlt?

Matthes: Ziemlich mächtig! Vor allem, als ich mit der Tiara, der Papstkrone, und dem irre schweren Krönungsmantel des Papstes auf den Balkon hinausgetreten bin: Urbi et orbi… Kostüme machen Leute, das ist einfach so. Auch wenn mir da noch keine zig Tausend Menschen zujubelten – das wurde hinterher am Computer generiert. Stattdessen war am Drehort in Tschechien nur eine grosse Grasfläche, auf der zwei Jungs Fussball spielten. Ab und zu musste der Aufnahmeleiter dann auch für Ruhe sorgen, wenn ich als Papst hinaustrat. Das war schon etwas desillusionierend. Umso grösser musste ich meine Fantasie spielen lassen: Wie ist es wohl, wenn jemand, der so machtgierig und machtbewusst ist wie der Kardinal Borgia, am Ziel seiner Wünsche ankommt?

Ihre Rolle ist einer der „Puppenspieler“. Worin unterscheiden sich die damaligen Machtausübungsmechanismen von den heutigen?

Matthes: Die Menschen heute sind erstmal nicht wesentlich anders, als sie es damals waren. Aber wir leben Gott sei Dank in einer funktionierenden Demokratie. Wir haben eine freie Presse und eine freie, unabhängige Justiz. Das war damals natürlich nicht so.

„Die Puppenspieler“ wird kurz nach Weihnachten ausgestrahlt, obwohl darin auch deutlich Kritik geübt wird an Religion und Kirche. Was halten Sie davon?

Matthes: Man kann ein gläubiger Mensch sein und bestimmte Verwerfungen und institutionelle Probleme der Weltkirchen trotzdem kritisch sehen. Das ist kein Widerspruch. Ich finde gut von der ARD, dass sie diesen Zweiteiler an Weihnachten bringt. Dass bestimmte Aspekte der Katholischen Kirche in früheren Jahrhunderten wie die Inquisition schrecklich und menschenverachtend waren, hat die Katholische Kirche inzwischen ja hoffentlich selbst eingesehen. Und dass es dort immer noch bestimmte reaktionäre Tendenzen gibt, steht ja wohl auch fest. Auf der anderen Seite tut die Katholische Kirche sehr viel Soziales und Gutes, Stichwort Caritas, das ist unbenommen.

Wie sollte sich die Kirche weiterentwickeln?

Matthes: Ein Beispiel: Dass es für Geschiedene immer noch keinen kirchlichen Segen gibt, wenn sie sich wiederverheiraten wollen, ist im 21. Jahrhundert absurd. Ein anderes Thema ist der Umgang mit Homosexuellen. Ich kann nur hoffen, dass der nächste Papst mindestens so liberal sein wird wie der jetzige. Damit die Katholische Kirche, die in Europa immer mehr Mitglieder verliert, sich der gesellschaftlichen Entwicklung weiter öffnet. Wir fordern zurecht vom Islam, dass bestimmte Dinge, die da im Argen liegen wie das reaktionäre Frauenbild, auf den Prüfstand geraten. Da kann sich die Katholische Kirche aber auch an die eigene Nase fassen, immer noch.

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