Max von Sydow ist tot: Seine Karriere zwischen Himmel und Hölle

Von Westeros in eine weit, weit entfernte Galaxis, vom Sohn Gottes zum Leibhaftigen höchstpersönlich: Die beispiellose Karriere von Max von Sydow.

Fast auf den Tag genau in einem Monat, am 10. April 2020, wäre der Schauspieler Max von Sydow 91 Jahre alt geworden. Doch am vergangenen Sonntag, das gab die Witwe des schwedisch-französischen Mimen nun bekannt, endete von Sydows Leben, das er über 70 Jahre lang inbrünstig dem Schauspiel gewidmet hatte. Dank seiner beispiellosen Karriere konnte er sich schon zu Lebzeiten und von Angesicht zu Angesicht mit Gott und dem Teufel auseinandersetzen – Angst vor dem grossen Unbekannten wird der Schauspieler mit den kernigen Gesichtszügen so oder so nicht gehabt haben.

Sein Tanz mit dem Teufel

Ein düsteres Zimmer, die Luft so kalt, dass die hektischen Atemzüge eines gebrechlichen Paters zu sehen sind. Auf dem Bett ein kleines Mädchen, gefesselt. In wenigen Augenblicken wird sie Gift und Galle speien und ihren Kopf um 360 Grad drehen. Noch heute ist „Der Exorzist“ aus dem Jahr 1973 ein Paradebeispiel für puren Leinwand-Horror.

Fast 25 Jahre war Max von Sydow, der einen der Titelhelden mimte, zu diesem Zeitpunkt bereits im Schauspielgeschäft. Was damals wohl selbst er nicht geglaubt hätte: Es sollten bis zu seinem Tod noch über 45 weitere Jahre im Showbiz folgen, in denen er unter anderem selbst zum leibhaftigen Teufel werden durfte.

Schicksalsbegegnung in Malmö

Für die Initialzündung seiner einzigartigen Karriere sorgte eine Begegnung im Jahr 1955. Sechs Jahre nach seinem Schauspieldebüt im Film „Rya-Rya – Nur eine Mutter“ zog der gebürtige Schwede pommerscher Abstammung nach Malmö. Dort lernte er den Regisseur Ingmar Bergman (1919-2007) kennen, mit dem er gemeinsam den Sprung ins internationale Rampenlicht schaffte. Das gelang 1957 in Form des Mittelalter-Dramas „Das siebente Siegel“. Hauptdarsteller von Sydow mimte darin einen vom Glauben abgefallenen Kreuzritter, der im Schachspiel mit dem Tod um sein Leben zockt. Noch zahlreiche Zusammenarbeiten sollten folgen, etwa in „Schande“ oder „Die Stunde des Wolfes“.

Inzwischen waren längst auch US-amerikanische Produktionen auf den Schweden aufmerksam geworden. Und so bekam er im Film mit dem hochtrabenden Namen „Die grösste Geschichte aller Zeiten“ mal eben die Hauptrolle verliehen – die des Jesus Christus. Der fast 200 Minuten lange Monumentalstreifen wartete zudem mit Charlton Heston (1923-2008) als Johannes der Täufer und John Wayne (1907-1979) als Zenturio bei der Kreuzigung auf.

Von Gottes Sohn zum Leibhaftigen

1973 schliesslich der eingangs erwähnte Skandalfilm „Der Exorzist“, der Sagen zufolge reihenweise für kollabierende Zuschauer und so für herrliche PR sorgte. Zwei Oscars heimste der Horrorfilm ein, von Sydow war endgültig in der Traumfabrik angekommen. Es folgten die Filme „Die drei Tage des Condor“ als Gegenspieler von Robert Redford (83), das schrille „Guilty Pleasure“ namens „Flash Gordon“ oder auch „Conan der Barbar“, in dem von Sydow den „greisen König Osric“ spielte – mit Anfang 50.

Eine einzigartige Ehre wurde ihm 1983 zuteil. Er verkörperte im „James Bond“-Streifen „Sag niemals nie“ mit Sean Connery (89) den berühmten 007-Schurken Ernst Stavro Blofeld. Doch der Film ist der einzige, der nicht von Eon Productions stammt und daher kein Teil der offiziellen „Bond“-Reihe. Ein Jahr später tauchte der Name Max von Sydow dann noch im stargespickten Ensemble von David Lynchs „Der Wüstenplanet“ auf.

15 weitere namhafte Produktionen sollte es dauern, ehe er den vollständigen Wandel vom Sohn Gottes über den Exorzisten hin zum Leibhaftigen vollbracht hatte. In der Stephen-King-Verfilmung „In einer kleinen Stadt“ (1993) war er der Teufel in Menschengestalt, der die Bewohner mit immer perfideren Tricks dazu bringt, sich gegenseitig zu massakrieren. Von Sydow war inzwischen im Rentenalter angekommen.

Ein Altstar mit Durchhaltekraft

An den Ruhestand dachte der Schauspieler aber Mitte der 90er noch lange nicht – im Gegenteil. Daran erinnern eindrucksvoll die fast 30 weiteren Produktionen, die bis zum heutigen Tage folgen sollten. Darunter Filme wie „Judge Dredd“, „Minority Report“, „Shutter Island“ oder „Extrem laut & unglaublich nah“, um nur einige zu nennen.

Der jüngeren und jüngsten Generation ist er aber wohl für zwei recht kurze, dennoch beachtliche Auftritte ein Begriff. So wurde ihm die bedauernswerte Rolle zuteil, zu Beginn von „Star Wars: Das Erwachen der Macht“ als erstes Opfer von Schurke Kylo Ren (Adam Driver, 36) herhalten zu müssen. Doch auch Serien-Fans machte er auf sich aufmerksam…

In der HBO-Hitserie „Game of Thrones“ verkörperte er drei Folgen lang den Dreiäugen Raben, der den jungen Bran Stark (Isaac Hempstead-Wright, 20) wortwörtlich unter seine Fittiche nimmt und ihn als Nachfolger in seine Künste einweiht. Dafür wurde er mit einem Emmy als „Herausragender Gaststar in einer Drama-Serie“ ausgezeichnet.

Auch nach seinem Tod wird von Sydow noch einmal in einem Film zu sehen sein. Laut der Internetseite „IMDb“ („Internet Movie Database“) hat er den Film „Echoes of the Past“ fertigdrehen können, das Drama befinde sich demnach bereits in der Postproduktion. Ein Veröffentlichungstermin hierzulande ist allerdings noch nicht bekannt.

Der Oscar blieb ihm verwehrt

Zuletzt lebte Max von Sydow in zweiter Ehe (seit 1997) mit Catherine Brelet und hatte die französische Staatsbürgerschaft angenommen. Von seinen vier Kindern kann sein ältester Sohn, Henrik von Sydow, übrigens so langsam an den Ruhestand denken. Das Kind aus erster Ehe mit Christina Olin ist inzwischen 62 Jahre alt.

Angesichts der 70 Jahre langen Karriere eines Max von Sydow eigentlich undenkbar, aber: Der Darsteller war bislang „nur“ zwei Mal für einen Oscar nominiert („Pelle, der Eroberer“ sowie „Extrem laut & unglaublich nah“), erhalten hat er keinen. Ähnliches Spiel bei den Golden Globes. Die zwei Nominierungen für „Der Exorzist“ und „Hawaii“ wurden nicht mit einem Preis belohnt.

Vorheriger ArtikelUS-Countrystar Dolly Parton will mit 75 noch mal aufs „Playboy“-Cover
Nächster ArtikelAktuelle Zahlen: Die Cloud ist auf dem Vormarsch