Johann Lafer: „Ich war Mitte 50 und fühlte mich total leer“

„Ich bin gegangen wie eine Ente, an Sport war gar nicht mehr zu denken“: Johann Lafer erzählt im Interview, wie er unter seinen Knieschmerzen litt. Inzwischen hat er einiges in seinem Leben verändert.

Starkoch Johann Lafer (62) litt jahrelang unter Knieschmerzen, die durch Arthrose verursacht wurden. Aber er fand einen Ausweg. Zusammen mit dem Schmerzspezialisten Roland Liebscher-Bracht und Ernährungsmedizinerin Dr. Petra Bracht hat er nun das Buch „Essen gegen Arthrose“ (Gräfe und Unzer) veröffentlicht, in dem er seine Geschichte erzählt. Im Interview mit spot on news erklärt der 62-Jährige, wie sehr er unter den Schmerzen gelitten und wie viel er durch eine Ernährungsumstellung schon abgenommen hat.

Über Ihre Probleme schreiben Sie, Sie hätten irgendwann solche Schmerzen gehabt, „dass mir mein Beruf keine Freude mehr gemacht hat“. Wie hat sich das im Alltag bemerkbar gemacht?

Johann Lafer: Vielleicht eins vorweg, ich liebe meinen Beruf! Aber nach über 45 Jahren als Hochleistungskoch mit teils 14 bis 16 Stunden auf den Beinen sieben Tage die Woche, da schickt der Körper irgendwann Warnsignale, die ich aber lange ignoriert habe. Erst zippte es nur hier und da, als es schlimmer wurde, habe ich einfach Schmerztabletten genommen. Ich bin gegangen wie eine Ente, an Sport war gar nicht mehr zu denken. Ich wusste nicht mehr, kommt es vom Knie oder von der Hüfte? Egal, ich habe immer weitergemacht, bis ich eines Tages, als ich meine Tochter in London besuchen wollte, nicht mehr aus dem Flieger steigen konnte. Da kam ich dann erst zur Besinnung, dass es so nicht weitergehen konnte.

Was mussten Sie wegen Ihrer Schmerzen beruflich und privat zwischenzeitlich aufgeben?

Lafer: Ich war damals Mitte 50 und fühlte mich total leer. Natürlich habe ich weitergearbeitet, privat bin ich nicht mehr aufs Rad gestiegen, nicht mehr Skigefahren, noch nicht einmal mehr mit unserer Labradorhündin spazieren gegangen. Wenn du immer Schmerzen mit dir herumträgst, macht das auch etwas im Kopf mit dir. Das Hirn arbeitet einfach nicht mehr frei, die Kreativität und Lust auf alles war mir vergangen. Aber es musste ja weitergehen im Job. Ich habe dann mehrere Ärzte konsultiert und die Diagnose war eindeutig: Arthrose im linken Knie. Der Arzt erklärte mir das so, es sei wie ein abgefahrener Reifen und um eine Operation käme ich nicht mehr herum. Das wurde dann zunächst auf die „sanfte“ Tour durchgeführt, der Knorpel wurde geglättet, aber danach war es letztendlich nur für kurze Zeit etwas besser.

Sie haben sich dann doch für eine grosse Knie-OP entschieden. Wie lange haben Sie anschliessend gebraucht, um sich wieder voll bewegen zu können?

Lafer: Ja, ich habe mich dann einer Knie-OP unterzogen, bekam ein neues Knie-Gelenk und war zum ersten Mal über Silvester und Neujahr nicht für meine Gäste da. Das war furchtbar für mich. Noch schlimmer waren allerdings die Wochen und Monate danach in der Reha. Ich musste bei Null anfangen, das Laufen und die Bewegung im Knie erst ganz langsam und qualvoll mit täglichen Therapien wieder lernen. Insgesamt hat es über ein halbes Jahr gedauert bis ich wieder halbwegs schmerzfrei laufen konnte. Und eine längere Pause konnte und wollte ich mir nicht mehr leisten, ich war dann froh, wieder am Herd stehen zu können. Der Zustand war dann okay für mich, ich fand wieder zu meiner alten Leidenschaft und Leistung zurück. Aber das währte nicht ewig… Dann ging es im rechten Knie los und ich hatte echt Horror, die ganze Tortur noch einmal zu durchleben. Ich war am Boden zerstört und wusste nicht, was ich machen sollte.

Dann haben Sie Petra Bracht und Roland Liebscher-Bracht kennengelernt. Was hat sich durch die beiden für Sie geändert?

Lafer: Ja, das war eher zufällig. Der Programmleiter von Gräfe und Unzer hat uns zusammengebracht, ehrlich gesagt, war ich ziemlich skeptisch, als ich von der Liebscher&Bracht-Methode hörte. Wie sollte mir ein Schmerzspezialist, der noch nicht einmal Arzt ist, und eine Ernährungsmedizinerin helfen können, wo ich doch bereits so viele Ärzte konsultiert hatte und sie alle das gleiche zu mir sagten: Arthrose ist nicht heilbar und um eine weitere Operation käme ich nicht herum. Und nun behaupteten Liebscher und Bracht genau das Gegenteil. Aber egal, ich fuhr zu ihnen in die Praxis nach Bad Homburg, ich hatte ja nichts zu verlieren.

Roland erklärte mir dann, dass der Arthrose-Schmerz mit Muskelspannung und verhärteten Faszien zu tun hat und versprach mir, den Schmerz lindern zu können und dass ich mit ein paar Behandlungen bei ihm und konsequenten Übungen zu Hause die Arthrose besiegen könnte. Ich war skeptisch. Dann legte er los, drückte an verschiedenen Punkten rund ums Knie und fragte mich immer, wie schmerzvoll die Berührung auf einer Skala von 1 bis 10 sei. Ziemlich schmerzvoll, eher bei 10, aber ich hielt durch und nach einer Weile der Osteopressur liess der Schmerz nach. Und echt ohne Scherz, danach konnte ich die Treppe runtergehen, fast ohne Schmerz und ohne zu humpeln. Ich ging gleich nochmals rauf und wieder runter und konnte mein Glück kaum fassen! War ich doch die letzten Jahre so oft wie möglich nur noch im Fahrstuhl unterwegs.

Innerhalb eines halben Jahres haben Sie 16 Kilo abgenommen. Möchten Sie Ihr Gewicht weiter reduzieren und was hat sich seitdem körperlich bei Ihnen noch verändert?

Lafer: Der Gewichtsverlust war ein willkommener Nebeneffekt. Dr. Petra Bracht empfahl mir eine komplette Ernährungsumstellung, vor allem den Verzicht auf Fleisch. Sie ist ja selbst aus Überzeugung und wissenschaftlicher Erkenntnis seit über 30 Jahren Veganerin, das konnte ich mir für mich nun gar nicht vorstellen. Aber sie listete mir Lebensmittel auf, die entzündungshemmend sind, und so habe ich angefangen, wieder mehr Gemüse und Hülsenfrüchte zuzubereiten und auch zu experimentieren. Und plötzlich empfand ich die Ernährung auf pflanzlicher Basis als Genuss und merkte am eigenen Körper, wie gut es mir damit ging. Alle Blutwerte, Cholesterin und Zuckerwerte verbesserten sich innerhalb von wenigen Wochen. Jetzt versuche ich, mein Gewicht zu halten, es dürften auch noch ein paar Kilo weniger werden, aber es fühlt sich auch so schon richtig gut an.

Wie haben Sie Ihre Ernährung umgestellt? Und wie halten Sie es mit dem Fleisch- und Wurstkonsum, haben Sie das Gefühl, Sie müssen auf etwas verzichten?

Lafer: Ich gebe zu, dass mir die Umstellung am Anfang recht schwergefallen ist. Vor allem als Koch und Genussmensch wollte ich ja nicht verzichten. Aber ich habe die Gemüseküche ja schon immer geschätzt. Und es hat mir unglaublich Spass gemacht, basierend auf den 28 entzündungshemmenden Lebensmitteln, die Petra Bracht empfohlen hat, neue Rezepte zu kreieren. Heute kann ich gut auf Fleisch verzichten und trotzdem genussreich essen.

Haben Sie schon mal Intervallfasten probiert oder fasten Sie auf andere Weise regelmässig?

Lafer: Fasten war mir nicht fremd, weil ich mich seit Jahren in den ersten Januarwochen in eine Fastenklinik begebe. Das ist am Anfang immer sehr hart, aber so nach ein bis zwei Wochen merke ich jedes Mal, wie Körper und Geist wieder leichter und auch arbeitsfähiger werden. Und auch die Geschmacksnerven werden durch Fasten wieder sensibilisiert. Das tägliche Intervallfasten liegt mir nicht so, aber dessen heilende Wirkung ist unbestritten.

Wie oft machen Sie Ihre Übungen und wie viel Zeit kostet Sie das?

Lafer: Zunächst war ich schludrig und habe nicht so richtig an die Übungen von Liebscher-Bracht geglaubt. Aber nach dem ersten Wiederauftreten der Knieschmerzen und einer erneuten Behandlung habe ich mir geschworen, die empfohlenen Übungen Tag für Tag in mein Leben zu integrieren. Das sind nur zehn Minuten am Tag, die ich meistens morgens absolviere. Jetzt nehme ich sogar ein Seil und einen Fusskeil mit auf Reisen, um die Übungen überall durchzuziehen.

Wie geht es Ihnen heute? Haben Sie die Änderungen in Ihrem Leben zu neuen Dingen inspiriert?

Lafer: Ich brauche keine Tabletten mehr, bin absolut schmerzfrei und fühle mich wie neugeboren! Ich habe wieder viel mehr Spass an meiner Arbeit, bin spontaner geworden und geniesse meine wieder gewonnene Bewegungsfreiheit, kann wieder Wandern gehen und Radfahren. Und ja, ich probiere auch Neues aus. Angesichts der aktuellen Situation, dass die Leute wieder vermehrt zu Hause kochen, will ich die Menschen mit Kochvideos unterstützen und inspirieren. Auch in der Hoffnung, dass sich zukünftig wieder mehr Menschen mit frischen Zutaten und gesund ernähren.

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