Was gestressten Müttern in Corona-Zeiten helfen kann

In der Corona-Phase sind Mütter noch mehr gefordert als sonst. Wie sie trotzdem entspannen können, erklärt Yogalehrerin und Mutter Jennifer Herzog im Interview.

Mütter haben in der Regel vieles parallel zu managen, im aktuellen Corona-Ausnahmezustand kommen häufig noch Homeschooling und Homeoffice dazu. Mit welchen Tricks gestresste Mütter trotzdem für Entspannung sorgen können, erklärt Sportwissenschaftlerin, Yogalehrerin und Buchautorin Jennifer Herzog (geb. 1979) anlässlich des bevorstehenden Muttertags (10. Mai) im Interview mit spot on news. Dabei verrät sie auch, wie sie persönlich den Spagat meistert.

Wie geht es Ihnen persönlich als Mutter in Corona-Zeiten?

Jennifer Herzog: Manchmal fühle ich mich wie ein Blatt im Wind. Da sind die Tage, an denen ich es geniesse, mehr Zeit mit meinem Sohn, meiner Familie zu haben. Es gibt aber auch Tage, an denen ich einfach überwältigt bin von den gegenwärtigen Umständen, der beruflichen Unsicherheit, und ich meine Männer zudem auf den Mond schiessen könnte (lacht). Aber zum Glück merke ich mittlerweile die Anzeichen hierfür immer früher und kann rechtzeitig Platz für die dringend benötigte Aus- oder besser gesagt Allein-zeit schaffen. Eine Atemübung im Nebenzimmer oder ein kleiner Spaziergang können wirklich Wunder bewirken.

Wie bekommen Sie Homeschooling plus Homeoffice plus Hausarbeit unter einen Hut?

Herzog: Struktur und feste Tagesabläufe sind für mich unerlässlich! Mein Mann und ich setzen uns jeden Sonntagabend zu einem Familien-„Jourfix“ zusammen, um die bevorstehende Woche zu planen. Bei wichtigen (Arbeits-) Terminen geben wir dem anderen Rückendeckung, ansonsten wechseln wir uns nach Möglichkeit bei der Kinderbetreuung ab. Gemeinsam mit unserem siebenjährigen Sohn haben wir einen Wochenplan erstellt, in welchem wir mit Hausarbeiten rotieren.

Wenn ich es dann noch schaffe, das Paretoprinzip zu beherzigen und mit 80 statt 100 Prozent zufrieden zu sein, funktioniert das die meiste Zeit ganz prima. Und wenn es dann an manchen Tagen wieder gar nicht klappt, ist das auch total in Ordnung.

Was ist für Sie bei der 24/7-Kinderbetreuung am anstrengendsten?

Herzog: Den Bedürfnissen aller Familienmitglieder gerecht zu werden und dabei auch meine eigenen nicht zu vergessen. Was mir dabei hilft, ist, immer mal wieder wohlwollend bei mir selbst „vorbeizuschauen“, mehrmals am Tag im Tun einfach innezuhalten und mich zu fragen: „Wie geht es mir gerade?“ Wenn ich Anzeichen für Stress und Überforderung wahrnehme, kann ich so leichter gegensteuern und in Balance bleiben.

Welche Tipps zur Beschäftigung der Kinder können Sie Müttern geben?

Herzog: Da nun vermehrt online bestellt und geliefert wird, sammeln sich automatisch mehr Pappkartons in der Wohnung an. Daraus lassen sich kreative (Hoch-) Häuser bauen. In vielen Paketen findet sich neuerdings oftmals Recyclingpapier als Füllmaterial. Statt dies oder auch anderen Papiermüll in die Tonne wandern zu lassen, kann es mit Kindern einfach mit Wasserfarben, Fingerfarben oder Stempeln kreativ gestaltet und damit zu individuellem Geschenkpapier upgecycelt werden. Auch fallen massig Toilettenpapierrollen an, die sich in eine Murmelbahn verwandeln können…

Welche Tipps helfen gegen den Lagerkoller?

Herzog: Ganz klar: an die frische Luft gehen! Den Kopf von Alltagsgedanken freiräumen und mit allen Sinnen da sein. Dabei können spielerische Übungen helfen: Wie klingt der Frühling? Mache Dich auf die Suche nach Geräuschen, die für diese Jahreszeit typisch sind und das Frühjahr vom vorangegangenen Winter unterscheiden. Gehe nach draussen, schliesse Deine Augen und achte bewusst auf die Geräusche um Dich herum. Kannst Du die verschiedenen Stimmen der zurückgekehrten Vögel orten?

Was hat sich durch die Ausgangsbeschränkungen etc. positiv verändert?

Herzog: Wie bei den meisten einschneidenden Erlebnissen wird man plötzlich wieder wach für die wesentlichen Dinge im Leben. Ist dankbar für die Gesundheit, das Miteinander. Wir freuen uns darüber, mehr Zeit gewonnen zu haben, die wir sonst durch das Pendeln zur Arbeit oder zur Schule verlieren. Das sind bei mir wöchentlich zehn Stunden. Wir erleben vieles gemeinsam und nehmen mehr am Leben der anderen teil, tauschen uns mehr aus. Wir kochen, basteln, spielen so viel wie nie. Mein Mann hat das Heimwerken für sich entdeckt und ich habe aus der Not eine Tugend gemacht und gelernt, Yoga-Videos zu erstellen und zu streamen, um mit meinen Schülern in Kontakt bleiben zu können.

Darüber hinaus ist es eine grosse Freude zu sehen wie die Natur aufblüht, sich das Klima erholt. Ein Thema das mir sehr am Herzen liegt. Plötzlich ist es möglich, dass der CO2-Ausstoss gesenkt wird. Wenn das nur ansatzweise auch nach Corona so bleiben könnte… davon träume ich.

Wie können Sie am besten Entspannen? Welche Tipps haben Sie für andere Mütter?

Herzog: Mir hilft es ungemein, mich erst zu bewegen, um dann leichter entspannen zu können: eine 10-minütige Yoga-Sequenz oder ein schöner Song, zu dem es sich so richtig abzappeln lässt. Wenn es mal brennt und es ganz schnell gehen muss, greife ich auf eine Notfall-Atemübung zurück, die ich allen Mamas ans Herz lege:

Lege beide Hände auf den Bauch. Atme durch die Nase langsam in den Bauch ein. Stell Dir dabei vor, dass Du im Bauch einen Ballon aufblasen möchtest. Nimm wahr, wie sich Dein Bauch nach vorne, zur Seite und nach hinten ausdehnt. Mit dem Ausatmen lass die Luft – und damit den Ärger, die Wut, die Ungeduld – wie bei einem Ballon mit einem Zischen oder Lippenblubbern langsam wieder entweichen. Tschhhhh… Wiederhole das so lange, bis Du Dich besser fühlst. – Funktioniert übrigens auch wunderbar bei Kindern.

Welche Tipps haben Sie für eine positive Einstellung zu den Corona-bedingten Umständen?

Herzog: Zu allererst denke ich ist es wichtig, die Situation erst einmal zu akzeptieren. Natürlich ist viel Leid entstanden, das möchte ich in keinem Fall herunterspielen, aber auf jedes Tief folgt ein Hoch, denn alles Leben vollzieht sich in Zyklen. Es liegt immer an uns, was wir daraus machen, worauf wir den Blick lenken. Schlussendlich ist es unsere Entscheidung, dass wir die Schwierigkeiten zum Anlass nehmen, uns zu erheben und über uns hinaus zu wachsen, zu lernen und Dinge zum Positiven zu verändern. Ich glaube fest daran, dass auch in dieser Krise etwas Gutes steckt.

Mehr Tipps gibt es in diesem Buch

Mehr Tipps und Tricks gibt es in diesem liebevoll gestalteten Buch nachzulesen: „Du bist eine Heldin – Das Mitmachbuch für Mamas“ von Jennifer Herzog ist im Kösel-Verlag erschienen und kostet 14 Euro.

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