„The Last Dance“: Das macht die Doku über Michael Jordan so besonders

Eine Doku-Serie auf Netflix erzählt die unglaubliche Geschichte von NBA-Legende Michael Jordan und dessen unbedingtem Siegeswillen. Darum ist „The Last Dance“ ein Volltreffer.

Wenn am kommenden Montag (18. Mai) beim US-Sportsender ESPN die beiden letzten Folgen der Doku-Serie „The Last Dance“ ausgestrahlt werden, kennt die interessierte Welt ihren Ausgang bereits. Natürlich hätte es seinen dramaturgischen Reiz, nicht zu wissen, ob dieser letzte Tanz der Chicago Bulls um Basketball-Ikone Michael Jordan (57) gelingt. Doch selbst 22 Jahre nach dem Ende der goldenen Ära erinnern sich die Leute noch zu gut an dieses Basketball-Märchen und den Grössten seines Fachs – als wäre es gestern gewesen. Die Doku-Reihe, die hierzulande auf Netflix verfügbar ist, erkundet in zehn Teilen die unglaubliche Geschichte von Superstar Michael Jordan und dessen unbedingtem Siegeswillen. Das macht „The Last Dance“ zum Sportereignis des Jahres.

Auf besonderer Mission

Nachdem Regisseur Jason Hehir (43) die Verwertungsrechte an dem Material für ESPN erhalten hatte und allen voran Jordan selbst grünes Licht gab, konnte die Doku – einige Monate früher als geplant – ausgestrahlt werden. Der Live-Sport wurde durch das Coronavirus nahezu vollständig lahmgelegt und so sahen die ersten beiden Folgen allein in den USA via ESPN knapp sechs Millionen Menschen. Grundvoraussetzung für das Erscheinen der aufwendig inszenierten Reihe: In ihrer letzten grossen Saison 1997/98 gewährten die Chicago Bulls einem Filmteam von NBA Entertainment uneingeschränkten Zutritt und liessen sich auf ihrer Mission zum sechsten Meistertitel in sieben Jahren, also ihrem zweiten „Three-peat“, begleiten.

Vor jener Saison war es beschlossene Sache, dass der Vertrag von Bulls-Trainer Phil Jackson (74) nicht verlängert würde – das Management um Jerry Krause (1939-2017) wollte einen Neuanfang mit einem jungen Team. Und da sich auch Michael Jordan weigerte, ohne Jackson bei der Mannschaft zu bleiben, ergab sich ein einzigartiges Endspiel-Szenario, bei dem einige bereits im Vorfeld Heldenstoff witterten – auch die Filmemacher.

Dream-Team Chicago Bulls im Fokus

Mit der Mappe, die Phil Jackson seinen Spielern vor dem NBA-Start 1997 in die Hand drückte, stand dann auch der Titel für den letzten Team-Tango fest: „The Last Dance“. Den Namen für sein Abschlussprojekt borgte sich der Chef-Coach übrigens von Regisseur Martin Scorsese (77) und dessen Film „The Last Waltz“ über das letzte Konzert von The Band im Jahr 1976.

Im Zentrum der eindrucksvoll aufgebauten und geschilderten Basketball-Doku steht das legendäre Siegerteam der Chicago Bulls von 1991 bis 1998, angeführt vom damaligen Traum-Trio der NBA. Neben „His Airness“ Michael Jordan gab es da noch Scottie Pippen (54), Jordan-Sidekick und bester zweiter Mann der Liga, sowie Dennis „The Worm“ Rodman (59), der sich als Enfant terrible mit körperlicher Präsenz auf dem Platz und abseits davon durch Party-Orgien und Frauengeschichten einen Namen machte.

Be like Mike – Faszination „Air Jordan“

Die Hauptfaszination von „The Last Dance“ gilt aber natürlich Michael Jordan selbst, der nicht nur durch sein sportliches Übertalent, sondern auch durch Sieger-Tugenden wie Ehrgeiz, Wille und Kampfgeist zum wohl grössten Basketballspieler aller Zeiten wurde. Jordan, dessen beispiellose Karriere bereits zu College- und Rookie-Zeiten absehbar war, kam 1984 im dritten Pick der NBA-Drafts als eine Art Heilsbringer zu den Chicago Bulls.

Als der junge Michael Jordan zu Beginn bei seinem neuen Verein in die Umkleide platzte und ein Team voller Eskapaden vorfand, war sein Ziel klar: Der Beste zu sein. Er spielte jedes Spiel, als wäre es sein letztes, machte jeden Spieler um sich herum besser und sparte dabei nicht mit klaren Ansagen und harscher Kritik an seinen Kollegen. Darüber hinaus war Jordan ein Wettbewerber, der nichts mehr hasste, als zu verlieren. Nur die kleinste Stichelei seiner Gegner war Futter für seine Rache auf dem Spielfeld und Motivation, es allen zu zeigen. Denn am Ende gewann immer nur einer: Michael Jordan.

Schnell war „MJ“ zum besten Spieler der Liga avanciert, die Konkurrenz war meist chancenlos. Dazu kamen ein früher Schuh-Deal mit Nike (Air Jordan), Merchandise-Verkäufe und andere Werbeverträge, durch die der 1,98-Meter-Mann über die Jahre mehrere Milliarden US-Dollar Umsatz generierte und zu einer kulturellen Ikone wurde. Die Menschen wollten sein wie Michael Jordan, kamen nur wegen ihm zu den Spielen ins Stadion und verehrten ihn wie eine Gottheit – er war der Rockstar der Basketball-Branche und darüber hinaus.

Seine Popularität ist bis heute ungebrochen. ESPN wählte Jordan 1999 vor Baseballspieler Babe Ruth (1895-1948) und Box-Ikone Muhammad Ali (1942-2916) zum „Sportler des Jahrhunderts“.

Bewegende Momente – auch mit Kobe Bryant

Doch „The Last Dance“ liefert weit mehr, als nur die sportlichen Erfolge des besten Basketballers der Geschichte aufzulisten. Die Serie verdeutlicht auch die Bedeutung und Strahlkraft, die eine einzelne Person auf andere ausüben kann.

Neben zahlreichen aktuellen Interviews und O-Tönen von Spielern wie Jordan selbst, seinen Teamkameraden, Stars wie Larry Bird (63) oder Magic Johnson (60), den ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama (58) und Bill Clinton (73), diversen Sportjournalisten und anderen Weggefährten kommt auch der 2020 verstorbene Kobe Bryant (1978-2020) zu Wort. Es sind bewegende Momente, wenn der junge Bryant dem Alphatier Jordan auf dem Platz gegenübersteht und rückblickend erklärt, dass er alles, was er erreicht hat, ihm zu verdanken hat.

Der Einfluss des Mannes mit der Trikotnummer 23 geht weit über das Spielfeld hinaus, auch wenn sich Jordan nie als gesellschaftlicher oder politischer Leader sah („Republikaner kaufen auch Sneaker“). Er sah seine Verantwortung gegenüber anderen und seine Führungsrolle vor allem im Spiel selbst. Nach einer unglücklichen Fussverletzung in seiner zweiten Saison bei den Bulls sagten die Ärzte Jordan, dass eine erneute Verletzung mit zehnprozentiger Wahrscheinlichkeit sein Karriereende bedeuten würde. Bei einer Diskussion darüber fragte Teambesitzer Jerry Reinsdorf (84) Jordan in „The Last Dance“: „Wenn Du Kopfschmerzen hast und ein Doktor dir zehn Tabletten gäbe, von denen eine aber tödlich sein könnte, würdest du sie dann nehmen?“ Darauf antwortet Michael Jordan: „Kommt darauf an, wie stark die verdammten Kopfschmerzen sind.“

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