Buon appetito! Diese Gerichte holen Südtirol zu uns nach Hause

Ferne Länder bereisen, andere Kulturen kennenlernen, neue Gerichte probieren – das alles ist wegen des Coronavirus derzeit nicht möglich. Zwei Südtiroler Köche bieten einen Ausweg aus der Kulinarik-Krise.

Nicht nur die mehr als 300 Sonnentage im Jahr ziehen deutsche Urlauber nach Südtirol. Das Südtiroler Landesinstitut für Statistik zählte im vergangenen Jahr 16,4 Millionen Übernachtungen aus Deutschland. Kein Wunder, denn zwischen Alpen und Dolomiten sowie Bozen und Meran kommen Besucher kulturell, landschaftlich und kulinarisch auf ihre Kosten – normalerweise. Denn wegen der Corona-Pandemie ist die nördlichste Provinz Italiens vorerst für Touristen „gegessen“. Wer nicht auf den Geschmack verzichten möchte, verwandelt die eigene Küche ganz einfach in Klein-Südtirol.

„Natur auf dem Teller“ im Sarntal

Heinrich Schneider ist Michelin-Koch und beweist, dass die Südtiroler Küche nicht nur aus Speck, „Vinschgerlen“ und Knödeln besteht. Für seine Kreationen zieht er gerne los in die heimischen Wälder und bringt „die Natur auf den Teller“, wie er selbst sagt. So sind auch seine „Glacierten Kalbswangen mit frischen Kräutern und Karottencreme“ entstanden, die er in seinem Restaurant „Terra“ serviert und die man – mit ein wenig Fingerspitzengefühl und Geduld – auch zuhause nachkochen kann. Für vier Personen benötigt man:

Glacierte Kalbswangen mit Kräutern und Karottencreme

700g Kalbswangen (4 Stück), 20g Traubenkernöl, 6g Salz, schwarzer Pfeffer aus der Mühle, 240g Zwiebeln geschält, 100g Selleriestangen, 100g Karotten, 30g Tomatenmark, 0,5l trockener Weisswein, 1,5l brauner Kalbsfond (alternativ Gemüsefond oder Wasser), 20g gemischte Kräuter (Thymian, Rosmarin, Oregano, Salbei, Majoran), 6 Nelken, 6 schwarze Pfefferkörner. Zum Binden des Jus: 50g Wasser und 25g Maisstärke.

Zuerst werden die Kalbswangen von den Häuten befreit und mit Salz und Pfeffer gewürzt. Dann das Öl in einem breiten Topf erhitzen und die Kalbswangen langsam rundum anbraten. Die Abschnitte dazu geben und mitbraten. Alles mit Weisswein ablöschen und diesen Vorgang mehrmals wiederholen. Das Gemüse wird grob geschnitten und kommt ebenfalls in den Topf, wo alles auf mittlerer Hitze brät. Dieses Anbraten und Ablöschen (Glacieren), zuerst mit Wein und dann mit Kalbsfond, solange fortsetzen, bis man eine schöne braune Farbe erhält.

Nun immer etwas Fond dazugeben, einen Deckel auf den Topf setzen, ohne den Topf komplett zu schliessen, damit die Feuchtigkeit entweichen kann. Die Wangen auf diese Art drei Stunden schmoren. Zuletzt wieder ein wenig Fond dazugeben und die Kräuter und Gewürze hinzufügen. Nach ca. 15 Minuten die Sauce passieren, fein filtern und mit einem Teil der Wasser-Stärkemehl-Mischung ganz leicht binden und auf die gewünschte Konsistenz einkochen.

Für die Karottencreme

800g Karotten, 30g Butter, 10g Traubenkernöl, 700g Gemüsefond oder Wasser, Salz, 40g Sahne, 20g kalte Butter, 20g italienisches Olivenöl e.v.

Zuerst die Karotten schälen und in feine Scheiben schneiden. Dann die Butter und das Öl in einem Topf erwärmen und die Karotten dazu geben. Langsam farblos dünsten und ab und zu mit dem Fond leicht angiessen und sparsam salzen. Weiter dünsten, immer etwas Fond dazugeben und einkochen bis die Karotten ganz weich sind. Zum Schluss Sahne dazu geben, kurz etwas einkochen und mit kalter Butter und Olivenöl im Mixer pürieren.

Für den Rosmarinschaum

250g Frischmilch, 7g Rosmarin, Salz, etwas Sojalecithin

Die Milch mit dem Rosmarin wärmen und 20 Minuten ziehen lassen. Den Rosmarin entfernen, salzen und etwas Sojalecithin dazu geben. Zuletzt mit dem Stabmixer aufschäumen. Zum Anrichten die Karottencreme in der Mitte des Tellers platzieren, Kalbswange daraufsetzen, mit etwas Jus glacieren, mit Zitronenmelisse, Pfefferminze, Estragon belegen und zum Schluss mit etwas Rosmarinschaum alles abrunden – fertig!

Burgen, Schlösser und Handwerkskunst

Nein, noch nicht ganz, denn was wäre ein alpin-mediterranes Gericht ohne passende Weinempfehlung? Die gibt im Restaurant Schneiders Schwester Gisela, Herrin über den Weinkeller, und entscheidet sich in diesem Fall für den Arzio Merlot-Cabernet. Wer den Wein vor Ort probieren möchte, kann für die Zeit nach Corona eine kleine Stippvisite in die Region rund um das Sarntal ins Auge fassen. Kulturelle Highlights des Sarntals Val Sarentino sind Burg Reinegg und Ansitz Kränzelstein und im nahen Bozen – direkt am Eingang ins Sarntal – Schloss Runkelstein, die freskenreiche „Bilderburg“.

Weniger herrschaftlich geht es zwischen den typischen Bauernhöfen im Tal selbst zu. Viele Handwerksbetriebe sind hier angesiedelt, die sich auf die Federkielstickerei, Wolle und die Produktion von Latschenkiefern-Öl spezialisiert haben. Wer vorab schon mal schauen will, kann das über die verschiedenen Panoramakameras tun.

Nachhaltige Küche aus dem Etschtal

Keine italienische Küche ohne Pasta! Anton Dalvai hat sich Genuss mit Verantwortung und Nachhaltigkeit auf die Fahne geschrieben. Im Gasthaus „Dorfner“ in Gschon/Neumarkt kommen vor allem Produkte vom eigenen Bauernhof auf den Tisch, so wie in seiner gratinierten Radicchio-Speck-Lasagnette. Die ist deutlich schneller zubereitet als die Kalbswange, aber ebenso schmackhaft. Hier das Rezept für vier Personen:

4 Nudelplatten (ca. 20×20), 40g Butter, 40g Mehl, 500 ml Milch, Muskat, Salz, 250g Radicchio, 5 ml Weissweinessig, 120g Südtiroler Speck g.g.A., 80g Stilfser Käse gehobelt, Schnittlauch als Garnitur

Den gewaschenen und geschnittenen Radicchio mit den in Streifen geschnittenen Speck in Butter andünsten, mit dem Weissweinessig ablöschen, mit Mehl bestäuben und der Milch aufgiessen. Ca. zehn Minuten köcheln lassen, und mit Salz und Muskat abschmecken. Nun in einer Auflaufform mit der Béchamelsauce, den Nudelplatten und den Käseraspeln die Lasagne belegen und anschliessend bei 180 Grad für ca. 40 Minuten backen. Dazu empfiehlt der Koch einen Klaus Lentsch Lagrein Amperg.

Mit dem Fahrrad durch das Etschtal bis nach Verona

Zu verkosten ist der Wein eigentlich in der Vinothek in Sankt Pauls – Eppan, nur eine halbe Stunde von Gschon entfernt. Doch die kleinen Orte nahe Bozen sowie das sich dazwischen erstreckende Etschtal sind derzeit leider für Touristen tabu. Kein Grund, nicht trotzdem einen genaueren Blick auf die Umgebung zu werfen. Gleich neben dem Weiler mit dem „Dorfner“ liegt der Naturpark Trudner Horn. Im Sommer gibt es geführte Touren sowie Naturerlebniswege und für die Zeit bis dahin schon mal virtuelle Wanderungen durch das Naturparadies. Auch die malerische Maria-Schnee-Kapelle mit hölzernem Dachreiter aus dem frühen 17. Jahrhunderts ist einen Abstecher wert.

Wer lieber radelt und etwas Zeit mitbringt, probiert am besten den Etschtalradweg aus. Er ist insgesamt 300 Kilometer lang und startet am Reschenpass. Von dort geht es nach Meran über Bozen nach Trient und weiter bis nach Verona. Unterwegs laden zahlreiche Gasthöfe zu einer Verschnaufpause und einer kleinen Stärkung ein – auf dass es bald wieder heisst: Buon viaggio e buon appetito!

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