Abnehmen und gesund bleiben: Darum ist die Mittelmeer-Diät so gut

Wer auf besonders gesunde Weise abnehmen will, sollte es mit der Mittelmeer-Diät versuchen. Was diese Ernährungsform so besonders macht, erklärt Dr. med. Petra Bracht.

Strenge Diäten funktionieren auf lange Sicht nicht. Das hat laut „British Medical Journal“ gerade eine neue Analyse von Studien bestätigt, in denen die Ernährungsweisen von über 21.000 Menschen untersucht wurden. Viele der 14 getesteten Diäten führten demnach nach sechs Monaten zu einem verbesserten Blutdruck und einem durchschnittlichen Gewichtsverlust von etwa fünf Kilo. Nach einem Jahr waren die meisten dieser Vorteile allerdings verschwunden – ausser bei der sogenannten Mittelmeer-Diät. Was diese Ernährungsform hervorhebt, erklärt Ernährungsmedizinerin Dr. med. Petra Bracht („Klartext Ernährung“) im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.

Was hebt die Mittelmeer-Diät unter anderen Diäten hervor, warum ist diese Ernährungsform besonders gesund?

Dr. med. Petra Bracht: Entwickelt hat sich diese mediterrane Ernährungstradition in den Regionen der europäischen Mittelmeerküsten. Untersucht wurde sie erstmalig in den abgeschiedenen Lagen der arbeitenden Landbevölkerung in Kreta, das zu den Regionen der „Blue Zones“ gehört, in denen die gesündesten und meisten hundertjährigen Menschen dieser Welt leben. Hierbei werden hauptsächlich pflanzliche Lebensmittel gegessen, wie reichlich frisches Obst, Nüsse, frisches Gemüse, Hülsenfrüchte, viele Gewürze, Olivenöl, ausreichend Vollkorngetreide und in den Küstenregionen Fisch. Sehr sparsam geht man hingegen mit Fleisch, Wurst und Milchprodukten um. Es werden zudem meist nur saisonale und regionale Lebensmittel verwendet.

Wie funktioniert die Mittelmeer-Diät?

Bracht: Durch die hohen Anteile pflanzlicher Lebensmittel in der täglichen Ernährung ist sie einerseits extrem gehaltvoll an allen wichtigen Nährstoffen, sekundären Pflanzenstoffen, Antioxidantien sowie Vitaminen. Andererseits enthält diese Ernährungsweise im Vergleich zur normalen deutschen durchschnittlichen Ernährung weniger Kalorien. Ganz zu schweigen von den Zusatzstoffen, Zucker, zu viel Salz, gesättigten Fetten, Cholesterin, Hormonen, Purinen und AGE’s wie Acrylamid, die für die Entstehung unserer Zivilisationskrankheiten zu einem grossen Anteil verantwortlich sind.

Wie gut eignet sich diese Ernährungsweise für Menschen, die abnehmen wollen?

Bracht: Perfekt, insbesondere wenn man noch auf den Fisch verzichtet, was im Übrigen viele Bewohner der Mittelmeerregion praktizierten, die nicht direkt in der Küstenregion gelebt haben. Damals wurden die Küsten direkt nämlich von vielen gemieden, da sie permanent Angriffen und Überfällen ausgesetzt waren. Dann ist sie meiner Einschätzung nach eine der besten Ernährungsweisen, um während der angestrebten Gewichtsreduktion auch gesund und anschliessend dauerhaft schlank zu bleiben. Es gibt keinen gefürchteten Jojo-Effekt und der Erfolg ist garantiert.

Toppen kann man diese Mediterrane-Diät noch, in dem man auch Fleisch, Wurst und Milchprodukte völlig weglässt, sich also für die rein pflanzliche Variante entscheidet. Durch den hohen Anteil an Ballaststoffen und Fasern bleibt das Hungergefühl aus. Ausserdem kommt es zu keinerlei Nährstoffmängeln, wie das bei den allermeisten Diäten der Fall ist. Durch die grosse Auswahl an Gerichten und keinerlei Einschränkungen lässt sie sich dauerhaft durchführen. Zusätzlich ist es möglich, sie zu variieren, indem man Einflüsse der asiatischen Küche hinzunimmt, ganz im Sinne von „Mediterrasian“.

Wie profitiert man jenseits des Abnehmens von der Mittelmeer-Diät?

Bracht: Sie ist eine köstlich schmeckende und abwechslungsreiche und – vor allem wenn der Fisch noch wegfällt – sehr gesunde Ernährungsweise mit einem hohen Ballaststoffanteil für ein gesundes Mikrobiom (Darmflora) und somit ein Garant für ein gut funktionierendes Immunsystem. Denn durch gesunde Ballaststoffe, die nur in Pflanzen zu finden sind, werden die guten Darmbakterien ernährt und die schlechten – die mit steigendem Anteil an tierischen Nahrungsmitteln immer zahlreicher werden würden – müssen verhungern.

Auch die grossen Mengen an sekundären Pflanzenstoffen, die ebenfalls in keinen tierischen Produkten zu finden sind, sind absolut notwendig zur Erhaltung der Gesundheit, aber auch zum Gesundwerden bei schon vorhandenen Krankheiten. Sie wirken teilweise effizienter als manches Medikament und das ganz ohne Nebenwirkungen. Diese sekundären Pflanzenstoffe sind die wohl wertvollsten Gesundmacher in unserer Ernährung und dienen den Pflanzen zum Schutz gegen Sonnenbrand, Insekten, Bakterien und auch Viren. Genau diese Funktionen übernehmen sie auch in unserem Körper. Aber Achtung: Konventionell angebaute Pflanzen enthalten viel weniger davon, da sie mit allen möglichen Insektengiften usw. gespritzt sind und die so behandelten Pflanzen die eigenen Schutzmechanismen dadurch nicht mehr aufbauen. Daher sollten die pflanzlichen Lebensmittel am besten aus biologischem Anbau sein.

Eignet sich die Ernährungsform, was die Beschaffung von frischen Zutaten hierzulande angeht, für das gesamte Jahr?

Bracht: Definitiv. Mittlerweile gibt es schon in den herkömmlichen Supermärkten das Angebot sowohl aus regionalen Gebieten als auch mit den Hinweisen auf Saisonalität. Was mich besonders freut, ist, dass zunehmend mehr Wert auf kontrolliert biologischen Anbau gelegt wird. Und wer Märkte liebt, kann sich hier das ganze Jahr über perfekt mit den entsprechenden Lebensmitteln versorgen.

Kommen auch Menschen, die ungeübt im Kochen sind, damit zurecht?

Bracht: Diese Küche findet nicht auf Sterneniveau statt, sondern musste immer einfach und schnell funktionieren und viele hungrige Münder und Bäuche füllen und zudem noch kostengünstig sein. Daher ist sie bestens geeignet, für alle, die einsteigen wollen, aber auch für diejenigen, die Kochen lieben. Denn es ist eine ehrliche Küche, die danach schmeckt, was auf dem Teller ist.

Sie versprechen ja in Ihrem neuen Buch „Klartext Ernährung“ Aufklärung im Ernährungsdschungel, wie gelingt Ihnen das?

Bracht: Claus Leitzmann und ich tragen hier unser Wissen von gemeinsam etwa 75 Jahren um das Thema gesunde Ernährung zusammen. Er aus seinem wissenschaftlichen Blickwinkel, ich aus meiner Praxiserfahrung. Wir haben die „Ups“ und „Downs“ von den unterschiedlichsten Ernährungsempfehlungen und Diäten erlebt, die teilweise mit erheblichen Auswirkungen auf die Gesundheit einhergehen. Überzogene Versprechen, Enttäuschungen, Gewichtszunahmen bis hin zu Entstehungen von Krankheiten, es war alles dabei. Nicht ohne Grund sterben die meisten Menschen an Herz-Kreislaufkrankheiten, die zu einem ganz hohen Teil (70-80%) ernährungsbedingt sind. Übergewicht ist das sichtbare Resultat einer falschen Ernährungsweise und der Beginn der meisten Krankheiten.

Menschen sind verunsichert, da sie nie gelernt haben, worauf man bei einer gesunden Ernährung Wert legen soll. Daher haben wir uns in unserem Buch „Klartext Ernährung“ vorgenommen, Klarheit zu schaffen und verständlich für alle zu schreiben. Unser grösster Wunsch wäre es, wenn das Fach Ernährung endlich nicht nur während des Medizinstudiums gelehrt würde, sondern auch allen Schülern während der Schulzeit.

Infos zu Dr. med. Petra Bracht

Dr. med. Petra Bracht spezialisiert sich seit über 30 Jahren auf die Bereiche Ernährung und Schmerzen. Ihr Werk „Klartext Ernährung“, das sie gemeinsam mit Prof. Dr. Claus Leitzmann verfasst hat, ist gerade erschienen. Am Mittwoch, 3. Juni um 19 Uhr, findet eine Live-Lesung/Gespräch mit Petra Bracht und Claus Leitzmann auf dem YouTube-Channel von Liebscher & Bracht statt.

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