Darum ist „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ ganz grosses Kino

„Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ zählt zu den besten Filmen von Regisseur Martin McDonagh. Zwei seiner Schauspieler wurden mit dem Oscar ausgezeichnet.

Der Film „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ (2017) war in der Award-Season 2017/2018 in aller Munde. Der durchaus sperrige Titel der tiefschwarzen Tragikomödie von Regisseur Martin McDonagh (50) sollte aber niemanden abschrecken. Die schräge Story über Tod, Trauer, Rache und Läuterung zählt zu den besten Filmen der letzten Jahre und ist am Montag, 27. Juli, um 20:15 Uhr im Ersten zu sehen. Nicht nur Hauptdarstellerin Frances McDormand (60) wurde für ihre Performance als beste Hauptdarstellerin mit dem Oscar ausgezeichnet. Dieser Film ist ganz grosses Kino.

Frances McDormand fordert Gerechtigkeit

Mildred Hayes (McDormand) hat all ihr Erspartes und noch ein wenig mehr zusammengeklaubt. Die geschiedene, alleinerziehende Mutter will sich mit dem Geld aber nicht etwa einen Urlaub oder eine neue Bleibe finanzieren. Sie mietet sich für die 4.000 Dollar drei marode Werbetafeln ausserhalb ihrer beschaulichen Heimatstadt und stellt mit ihnen den allseits beliebten Polizeichef Willoughby (Woody Harrelson, 59) an den Pranger.

Sieben Monate ist es nun her, dass Mildreds Tochter vergewaltigt und ermordet wurde. Einen Verdächtigen gibt es nicht, die Ermittlungen der örtlichen Polizei sind weitestgehend eingestellt. Doch die toughe Mildred will und kann sich damit nicht abfinden und startet mit ihrer Aktion bewusst einen Kleinkrieg. Nicht nur mit der Polizei, sondern mit fast jedem einzelnen der schrägen Bewohner der Kleinstadt. Lange dauert es nicht, ehe ihr Feldzug für Gerechtigkeit nationale Wellen schlägt.

Zwei Oscars für zwei starke Performances

„Wie läuft das ‚Foltern von Negern‘-Business, Dixon?“, fragt Mildred süffisant. Besagter Dixon (Sam Rockwell, 51) ist nicht nur unfassbar einfältig, sondern auch ein Rassist, Muttersöhnchen… und Polizist – nicht die beste aller Kombinationen. „Das darf man nicht sagen! Das heisst jetzt ‚Foltern von Farbigen‘-Business“, erwidert der völlig frei von Ironie. McDormand an einem und Rockwell am anderen Ende der Intelligenz-Skala dieser verbalen Scharmützel ist das Highlight von „Three Billboards“ und macht allzu deutlich, warum die beiden für ihre Performances sämtliche Preise abgeräumt haben. Rockwell gewann für seine Darbietung den ersten Oscar seiner Karriere als bester Nebendarsteller.

Der Film macht eben nicht den Fehler, Charakteren wie Dixon den Raum zur Entfaltung zu verwehren. Zudem konzentriert sich der Film nicht nur auf die Hauptfigur. Das Schauspieltalent verteilt sich bei „Three Billboards“ auf mehreren Schultern. Auch Woody Harrelson als angesehener, schwer kranker Polizeichef bekommt seine denkwürdigen Momente. Ebenso wie „Game of Thrones“-Star Peter Dinklage (51) oder Caleb Landry Jones (30) in Nebenrollen.

McDormand als verbitterte, trauernde und ungemein vulgäre Mildred Hayes ist aber selbstredend das Herzstück des Films. Völlig verdient hat sie 2018 ihren zweiten Goldjungen eingesackt (den ersten gab es 1997 für „Fargo“ der Coen-Brüder). Das berühmte Regie-Brüderpaar ist dabei ein gutes Stichwort. Schon bei „Brügge sehen… und sterben?“ (2008) hatte Filmemacher McDonagh eine im Kern sehr ähnlich schräge Figurenzeichnung wie die Coen-Brüder etabliert, ohne jedoch ihren Stil einfach zu kopieren. Bei „Three Billboards“ ist es ihm gelungen, seinen ebenfalls grandiosen Vorgängerfilm in dieser Hinsicht noch einmal zu toppen.

Rigorose Sozialkritik

Im Gegensatz zu den latent und weniger latent rassistischen Bewohnern von Ebbing diskriminiert Mildred Hayes nicht. Mit seltenen Ausnahmen verachtet sie einfach jeden in ihrem Umfeld und bringt den Mitmenschen somit eine verquere Form der Gleichberechtigung entgegen. Freunde macht man sich mit so einer Einstellung nicht, womit die Krawallbürste mehr als leben kann.

Und so wird einer Gruppe Jugendlicher so lange in die Weichteile getreten (Jungs wie Mädchen), bis sich einer der Kids als Flaschenwerfer outet. Dem Pfarrer, der sie zur Vernunft bringen will, rät sie, sich erst einmal um die unzähligen Kinderschänder in der Kirche zu kümmern. Und der Reporterin, die scheinheilig ein Ende des Kleinkriegs fordert, schmettert sie entgegen: „Einen Scheiss bedeutet das, du behinderte Kuh. Das ist erst der verkackte Anfang. Sende das mal in deiner ‚Guten Morgen Missouri‘-Frühstücksfernsehen-Scheisse, du Miststück!“.

Die Beispiele zeigen, dass „Three Billboards“ einigen Zuschauern zu derbe sein dürfte. Zudem wird ihnen der vor Sozialkritik nur so strotzende Streifen unter Umständen zu plakativ sein – irgendwie passend bei einem Film, der sich um Billboards (zu Deutsch: „Plakattafeln“) dreht.

Womöglich weil „Three Billboards“ mit seiner zugegeben sehr forsch vorgetragenen Kritik allzu häufig ins Schwarze trifft, gab es nur zwei Oscars aus den sieben Nominierungen. Am Ende des Tages bringt der Film aber die aufbauende Aussage unter das Volk, dass selbst der engstirnigste und fehlerbehaftetste Mensch das Potenzial zum Helden in sich trägt.

Fazit

Auch wenn zum Vergleich als Erstes die Filme der Coen-Brüder in den Sinn kommen, ist „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ einzigartige, für manchen vielleicht zu derb gewürzte, ganz grosse Filmkost. Allein das bärenstark auftrumpfende Ensemble um die Oscarpreisträger Frances McDormand und Sam Rockwell ist jedoch das Ansehen wert.

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