Welt-Hepatitis-Tag: Die wichtigsten Infos zur Infektionskrankheit

Millionen Menschen weltweit sind mit Hepatitis infiziert – viele wissen es nicht einmal. Doch wie gefährlich ist die Infektionskrankheit? Prof. Dr. Christoph Sarrazin klärt die wichtigsten Fragen.

Weltweit leiden 325 Millionen Menschen an einer chronischen Hepatitis B oder C. Das ergab eine aktuelle Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Auch in Deutschland sind Hunderttausende von der Infektionskrankheit betroffen, die eine Leberentzündung verursacht. Das Problem: Oftmals haben die Patienten keine eindeutigen Symptome. „Das führt dazu, dass bei vielen Infizierten die Krankheit nicht bemerkt wird“, erklärt Prof. Dr. Christoph Sarrazin, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberhilfe e.V.

Zum Welt-Hepatitis-Tag am 28. Juli klärt er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur spot on news die wichtigsten Fragen rund um die Krankheit.

Wie äussert sich eine Erkrankung an Hepatitis?

Prof. Dr. Christoph Sarrazin: Bei einer Virus-Hepatitis handelt es sich um eine Infektion mit dem Virus der Hepatitis A, B, C, D oder E. Wenn man sich mit einem dieser Viren infiziert hat, treten in circa 80 Prozent der Fälle keine eindeutigen Symptome auf, die auf eine Lebererkrankung hindeuten. Das können Kopfschmerzen, Gliederschmerzen, Übelkeit oder Fieber sein. Nur 20 Prozent der Hepatitis-Infizierten haben eine Gelbsucht und/oder sehr hohe Leberwerte. Das führt dazu, dass bei vielen Infizierten die Krankheit nicht bemerkt wird.

Wenn man sich Infiziert hat, was passiert dann?

Sarrazin: Hat man sich infiziert, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder gibt es eine akute Infektion, die der Körper von allein ausheilt. Nach ein paar Wochen oder Monaten ist die Sache erledigt. Die andere Möglichkeit ist, dass die Erkrankung chronisch wird. Das kann bei der Hepatitis B und C passieren. Wenn die Krankheit chronisch wird, hat der Patient ebenfalls unspezifische Symptome – wie Müdigkeit oder Abgeschlagenheit – die nicht unbedingt auf eine Lebererkrankung hinweisen. Deshalb gibt es eine sehr hohe Dunkelziffer bei der chronischen Hepatitis B und C.

Wie weit ist Hepatitis B und C verbreitet?

Sarrazin: Hepatitis B und C sind weltweit enorm verbreitet. Wir gehen von über 100 Millionen Infizierten aus. In Deutschland haben wir circa 200.000 Patienten bei Hepatitis C und circa 200.000 mit Hepatitis B, die das Virus unerkannterweise mit sich herumtragen. Zum Vergleich: Es gibt in Deutschland 80.000 bis 90.000 Menschen mit einer HIV-Infektion.

Welche Form ist gefährlicher?

Sarrazin: Hepatitis A und E heilen praktisch immer vollständig aus. Diese Formen verlaufen nur in seltenen Fällen so schwer, dass es zu einem Leberversagen kommt. Bei Hepatitis B und C ist ein akutes Leberversagen und eine anschliessende Lebertransplantation ebenfalls sehr selten. Durch die chronische Infektion kommt es allerdings häufig zu einer Leberzirrhose. Je nach Aktivität der Erkrankung rechnen wir mit durchschnittlich 20 Jahren, bis die Leber komplett zerstört ist. Eine solche Zerstörung kann zu einigen Problemen führen – wie Wasser im Bauch, Krampfadern in der Speiseröhre oder eine Verschlechterung der Hirnfunktion.

Wie kann man sich mit Hepatitis anstecken?

Sarrazin: Das Hepatitisvirus ist unterschiedlich übertragbar – je nachdem, mit welchem Virus wir es zu tun haben. Mit chronischen Viren wie Hepatitis B und C kann man sich nicht leicht anstecken. Die Viren müssen direkt in den Körper gelangen – zum Beispiel über das Blut. Wenn man sich an einer Nadel sticht oder auch durch Geschlechtsverkehr kann das Virus in den Körper gelangen. Früher wurden die meisten Infektionen durch medizinische Massnahmen wie Blutinfusionen verursacht, weil man das Virus noch nicht kannte.

Hepatitis B ist erst seit den 1970er-Jahren und Hepatitis C erst seit 1989 bekannt. Heute kommt es vor allem im Drogenbereich, durch Tätowierungen und Piercings sowie bei homosexuellem Geschlechtsverkehr zu Infizierungen. Hepatitis A und E werden hingegen durch Essen übertragen. Über kontaminiertes Wasser oder Nahrungsmittel – das können zum Beispiel Schalentiere sein. Aber auch durch Fleisch – wie häufig beim Hepatitis-E-Virus, das insbesondere durch unzureichend gegartes Wild- und Schweinefleisch übertragen wird.

Welche Therapien gibt es?

Sarrazin: Bei der Hepatitis A und E gibt es keine Therapien, weil man auch keine braucht. Schliesslich heilen beide Formen praktisch immer allein aus. Wenn es in den ganz seltenen Fällen zum Leberversagen kommt, gibt es die Lebertransplantation. Die Hepatitis E kann in ganz seltenen Fällen, wenn das Immunsystem nicht richtig funktioniert, chronisch werden. Dann gibt es eine Therapie dafür.

Bei Hepatitis B läuft die Therapie darauf hinaus, dass man die Vermehrung des Virus hemmt – ähnlich wie bei Aids. Dafür muss der Patient Tabletten einnehmen, die er nicht mehr absetzen darf. Das Virus kann dadurch nichts mehr anstellen, die Leber erholt sich und man bekommt keine Zirrhose. Bei Hepatitis C ist das Virus nicht in der Lage, im Körper ohne ständige Vermehrung zu überleben. Um es loszuwerden, müssen Patienten für acht oder zwölf Wochen Medikamente, die die Virusvermehrung hemmen, einnehmen. Das Virus wird eliminiert und kann keinen Schaden mehr anrichten.

Wann sollte man zum Arzt gehen?

Sarrazin: Wir kämpfen dafür, dass ein allgemeines Screening eingeführt wird. Es wird aktuell vorgeschlagen, dass einmal im Leben bei der Gesundheitsvorsorgeuntersuchung eine Hepatitis B und eine Hepatitis C Diagnostik mitgemacht wird. Diese Vorsorgeuntersuchung macht man ab dem 35. Lebensjahr.

Bis es diesen Check gibt, gilt folgendes: Man sollte in sich gehen und sich überlegen, ob man sich vielleicht irgendwann angesteckt haben könnte. Hat man vielleicht eine Bluttransfusion bekommen, einmal Drogen ausprobiert oder hat sich im Ausland bzw. unter unsterilen Bedingungen tätowieren lassen? Hat man eine solche Risikosituation erlebt, sollte man sich testen lassen.

Welche Ziele verfolgt die Leberhilfe mit dem Welt-Hepatitis-Tag?

Sarrazin: Wir verfolgen seit einigen Jahren im Wesentlichen das Ziel: „Find the missing Millions“ (zu Deutsch: „Findet die fehlenden Million“). In Deutschland sind es keine Millionen, sondern ein paar Hunderttausend. Aber global gesehen sind es viele Millionen. Wenn wir tolle Medikamente haben, aber nicht wissen, wer die Erkrankung hat, bringt uns das auch nichts. Deswegen muss das höchste Ziel sein, die unbekannten Patienten zu finden.

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