„Mulan“: Lohnt sich die Realverfilmung?

Der Disney-Klassiker „Mulan“ hat ein actiongeladenes Remake bekommen. Die Realverfilmung wird nun auf Disney+ veröffentlicht. Hat sich das Warten gelohnt?

„Mulan“ schafft es doch noch in diesem Jahr zu allen Fans. Allerdings erscheint die Realverfilmung des Disney-Klassikers nicht wie geplant auf den Kinoleinwänden dieser Welt, sondern ab 4. September auf dem Streamingdienst Disney+. Der Film ist für Kunden zunächst jedoch nicht über das reguläre Abo abrufbar. Dafür ist ein VIP-Zugang notwendig, zum Preis von 21,99 Euro. Ab 4. Dezember wird „Mulan“ dann auch für alle regulären Abonnenten zugänglich sein. Wer eins zu eins eine Live-Action-Version des Zeichentrickfilms aus dem Jahr 1998 erwartet, könnte enttäuscht werden.

Die Saga von Hua Mulan: Darum geht es

Mulan, gespielt von Yifei Liu (33, „Forbidden Kingdom“), die mit ihrer Mutter, ihrem Vater und ihrer Schwester in einem Rundhaus lebt, ist schon als Kind aussergewöhnlich. Bei der Jagd nach einem Huhn macht sich ihr kriegerisches Talent bemerkbar. Dieses solle sie allerdings niemandem zeigen, mahnt ihr Vater.

Jahre später soll sich Mulan eigentlich damit beschäftigen, einen Ehemann zu finden, doch es kommt anders: Als China von Eindringlingen aus dem Norden überfallen wird, muss jede Familie einen Mann in den Kampf schicken. Heimlich geht die junge Frau anstelle ihres Vaters zur Armee und gibt sich als Mann aus. Nach hartem Training kristallisiert sich Mulans Können heraus und im Kampf beweist sie sich. Doch: Kann sie weiter verheimlichen, dass sie eine Frau ist und wird sie es schaffen, China zu retten?

Durch ihr „Chi“ wird Mulan zur Superheldin

Die Realverfilmung von Regisseurin Niki Caro (53, „Whale Rider“) weist einige Unterschiede zur Zeichentrickversion auf. So lernt Mulan die Kriegskunst nicht erst Stück für Stück, sondern sie wurde ihr von Geburt an in die Wiege gelegt. Immer wieder ist die Rede von „Chi“. Der chinesische Begriff lässt sich in Bezug auf den Film am besten mit Kraft und Energie übersetzen. Ihr „Chi“ musste Mulan als Frau stets verheimlichen, als „Mann“ in der Armee kann sie dem „Chi“ schliesslich freien Lauf lassen und ist zu Unglaublichem fähig: Sie trifft mit ihren Pfeilen haargenau ihr Ziel, trägt schwere Wassereimer einen Berg hinauf oder springt in riesigen Sätzen über Dächer.

Nichts davon erinnert mehr an das liebe Mädchen aus dem Zeichentrickfilm, das vor allem durch Köpfchen überzeugte. Zwar wird Mulan immer noch als klug dargestellt, die Superhelden-Power lässt das allerdings in den Hintergrund rücken. Von dem tollpatschigen Mädchen entwickelt sich die Figur zu einer mutigen, selbstbewussten Kriegerin.

Böse Hexe statt witzigem Mushu

Die neue Mulan braucht ihren einstigen Wegbegleiter, den kleinen, roten, lustigen Drachen Mushu, nicht mehr. Er fehlt komplett. Statt Mushu wacht ein wunderschöner, farbenfroher Phoenix über die Kriegerin – dieser kann allerdings nicht sprechen. Die Glücksgrille wurde durch eine eher langweilige Spinne ersetzt. Einige Personen sind den Zeichentrickfiguren nachempfunden, etwa die lustigen Kriegsgefährten, der liebende, alte Vater oder der weise König Chinas.

Es kommen auch neue Figuren hinzu. Mulan hat nun eine Schwester. Die Gegner werden zudem von der mächtigen Hexe Xian Lang (Gong Li, 54) unterstützt. Diese Rolle wurde aus der Zeichentrickfigur des Adlers weiterentwickelt, der rechten Hand des gewalttätigen Anführers Bori Khan (Jason Scott Lee, 53). Die Rolle des Hauptmanns Li Shang wurde adaptiert: Die männliche Hauptfigur ist nun der Rekrut Chen Honghui (Yoson An, 28). Die mögliche Romanze zwischen ihm und Mulan rückt aber deutlich in den Hintergrund. Im Vordergrund steht vor allem eins: Frauenpower.

Zwischen Klischees und starken visuellen Effekten

Die Realverfilmung spielt weiterhin mit Rollenklischees. Nicht nur Männer, sondern allen voran Frauen stellen sich Mulan in den Weg und beschwören sie, sich „weiblich“ zu verhalten. Einige Frauen im Film, allen voran die Heiratsvermittlerin, vertreten ein gewisses Frauenbild: Sie soll „Ehre für das Haus“ bringen und eine gute Ehefrau sein, „schweigsam, beherrscht, anmutig und diszipliniert“. Mit diesen Vorstellungen wird aber schliesslich gebrochen. Mulan entwickelt sich zur Kriegerin, die „loyal, mutig und aufrichtig“ ist.

Die Darstellung Chinas ist ebenfalls von Stereotypen geprägt, wobei die klassischen Kostüme der Darsteller durch Farbe und Liebe fürs Detail brillieren.

Von Beginn an werden die Zuschauer regelrecht in die Welt von Mulan hineingezogen. Das funktioniert nicht nur durch die exzellenten schauspielerischen Leistungen, sondern vor allem durch die starken visuellen Effekte. Satte Farben, eine spannende Kameraführung und traumhafte Landschaftsbilder tragen ihren Teil dazu bei. Hinzukommen die ausgeklügelten Kampfchoreographien, die für überraschende Momente sorgen.

Fazit

Die Realverfilmung von „Mulan“ glänzt sowohl mit lustigen Szenen und Gesprächen als auch mit ernsten, rührenden Momenten. Die Saga von Hua Mulan lädt zum Lachen und zum Weinen ein. Obwohl „Mulan“-Fans das Ende bereits kennen, wird der Film – vor allem dank der zahlreichen Neuerungen – nicht langweilig. Für Spannung ist durchgehend gesorgt. Mit der feministischen Vorreiterin Mulan erschafft Disney eine neue Superheldin, die ihr „Chi“ für das Gute einsetzt. Die „neue“ Geschichte überzeugt. Da fällt es kaum auf, dass die Musicalnummern sowie Mushu fehlen.

Ein Wermutstropfen: Die aufwendigen Action-Aufnahmen könnten auf einem kleinen TV-Bildschirm nicht so imposant wirken wie auf der grossen Kinoleinwand. „Mulan“ wäre durchaus ein klassischer Kinohit gewesen. Doch die Realverfilmung hat auch in den eigenen vier Wänden ganz grosses Kino zu bieten.

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