Urlaub in Südtirol: So schützen die Hoteliers ihre Gäste vor dem Virus

Nach dem Lockdown blüht der Tourismus in Südtirol wieder. Doch wie gehen Hotels und Gastronomie mit der „neuen Normalität“ um? Können Touristen mit Abstand, Hygiene und Alltagsmasken dennoch entspannt vom Alltag abschalten?

Südtirol traf es im März dieses Jahres besonders hart: Das Auswärtige Amt erklärte die autonome Provinz frühzeitig zum Risikogebiet. Der Hotel- und Gaststättenverband sprach von einem „touristischen Super-Gau“. Doch inzwischen melden immer mehr Hotels Vollauslastung. Der Schock sitzt den Hoteliers noch im Nacken, aber sie haben sich schnell und kreativ auf die neue Situation eingestellt.

In der Meraner Appartementanlage gibt es Desinfektionsmittel mit besonderem Duft

Zum Beispiel die Familie Oberhofer-Kiniger in Algund bei Meran. Mutter Heidi und ihre Töchter Judith und Paula hatten das Apartment-Hotel „VillaVerda“ gerade erst nach dreijähriger Planungs- und Bauphase eröffnet. Angelehnt an eine Jugendstilvilla aus dem Jahr 1908 entstand eine grosszügige, moderne Park-Anlage mit Naturbadeteich, Infinity-Pool und viel Grün. Das ungewöhnliche Konzept der drei zierlichen Ladys, finanziert vom Senior, schien aufzugehen: Grosszügige Appartements und viel Platz für Gäste, die gerne ihren eigenen Weg gehen. Das Haus bietet nur Frühstück, aber dies sehr opulent und in Homemade-Qualität. Und dann kam der Lockdown.

Passend zum gehobenen Ambiente schafften die drei Chefinnen Design-Desinfektionsspender an. Und auch die allgegenwärtigen Desinfektionsmittelflaschen mit der Aufschrift „Be careful“ sind im Corporate Design gehalten. Besondere Note: Der Inhalt, angemischt in einem örtlichen Betrieb, enthält einen Hauch Teebaumöl. Abstand zu halten, fällt in der weitläufigen Anlage nicht schwer, ist sie doch ohnehin nur für 80 Gäste ausgelegt. Dass sowohl Personal als auch Gäste konsequent Masken tragen, ist eine unausgesprochene Selbstverständlichkeit. Die leidgeprüften Italiener haben ein spürbar ernsteres Verhältnis zur Pandemie. So hat Heidi Oberhofer nur ein Kopfschütteln für die Demonstrationen in Deutschland übrig: „So etwas gibt es bei uns nicht.“ Auch in der Innenstadt von Meran finden sich keine Maskenmuffel. Sogar in der Fussgängerzone tragen die meisten Masken, ohne dass es Pflicht wäre.

Hotel mit Arzt wird zur „Covid-Protected Area“

Das Wellnesshotel Belvedere in Jenesien, einem malerischen Dorf oberhalb von Bozen, hat sich kurzerhand zur „Covid-Protected Area“ erklärt. Möglich machen das ungewöhnliche Umstände. Vor einigen Jahren verliebte sich der Münchner Arzt Dr. Hans Leonhardy in die Hotelchefin Renate Reichhalter, gründete mit ihr eine Familie und zog nach Südtirol. Während er seine ärztliche Tätigkeit vor der Pandemie deutlich reduziert hatte, ist er jetzt wieder Fulltime-Arzt. „Das ärztliche Behandlungsangebot im Hause ist ein ausschlaggebendes Buchungskriterium geworden“, so der Mediziner. Jeder anreisende Gast füllt einen detaillierten Fragebogen aus, wird von ihm gesehen und einer Fiebermessung und einem Corona-Test unterzogen. Bei über 800 Tests habe es bisher kein positives Ergebnis gegeben.

„Unsere Gäste schätzen die medizinische Absicherung im Hintergrund“, so Leonhardy, der befürchtet, dass sich die Corona-Situation nicht so schnell ändern wird. Der Arzt, der auch zu Schmerztherapien, weiblichem Zyklus, Detox und Ernährung berät, wird daher weiterhin auch alle seine Mitarbeiter wöchentlich höchstpersönlich testen. Ziel ist, dass sich die Gäste im Haus so normal wie möglich bewegen können. Dem Shutdown konnte die Familie auch etwas Positives abgewinnen: Das Paar hat die Zeit genutzt, um eine Software einzuführen, die Unverträglichkeiten und Allergien der Gäste speichert und einen neuen Biopool realisiert.

50 Minuten Privat-Spa dank Corona

Keinen Biopool, dafür aber eine zentrale Lage im Stadtzentrum von Innichen bietet das traditionsreiche „Post Hotel“ der Familie Wachtler. In der geschäftigen Fussgängerzone, in die der Gast des 4*-Designhotels beim Dinner blickt, herrscht strenge Maskenpflicht. Carabinieri beobachten täglich aufmerksam, ob sich alle Besucher der pittoresken Marktgemeinde daran halten. Die Corona-Ausbrüche im benachbarten Sexten sorgen für eine besondere Sensibilität im Hochpustertal. Selbst auf den Pfaden rund um die imposanten drei Zinnen, die das Wahrzeichen der Dolomiten-Region darstellen, sieht man insbesondere ältere Wanderer, die auch in der Natur nicht auf ihren Mund-Nasen-Schutz verzichten wollen.

Die Junior-Chefin des Hauses hat für die grosse Vorsicht unter den Italienern Verständnis. Die Situation in Italien sei eine ganz andere als in Deutschland. In Italien kenne jeder jemanden, der ein Corona-Opfer kennt. Die Einheimischen hätten daher einfach mehr Respekt vor dem Virus. Die Notwendigkeit, im Hotel eine Maske zu tragen, werde aber auch von deutschen Touristen schnell akzeptiert. Corona hat auch in dem Adult-Hotel für Veränderungen gesorgt: Die an ein Grand-Hotel erinnernde Hotelbar, an der sich sonst auch gerne Einheimische treffen, ist für Nicht-Gäste aus Sicherheitsgründen geschlossen, der Empfangsbereich aus massigem Holz mit Plexiglas abgeriegelt. Eine durchaus angenehme Neuerung gibt es im Spa-Bereich: Die Gäste müssen den Saunagang zwar anmelden, dafür haben sie die stylische Relax-Zone aber für 50 Minuten ganz für sich allein. Die restlichen zehn Minuten sind für eine intensive Desinfektion durch das Hotelpersonal reserviert.

Manch ein Gast diskutiert über die Maskenpflicht

Ganz anders handhabt den Saunagang das Team des Falkensteiner Hotels in Antholz/Pustertal. Dass gerade um einen Neubau erweiterte 4*-Haus nahe dem Staller Sattel vergibt Termine im 15-Minuten-Takt. Die Gäste können sich eigenhändig in Listen eintragen. Das führt mitunter dazu, dass sich die Touristen untereinander streng anblicken oder gegen die Saunatür klopfen, wenn die Zeit abgelaufen ist. Das Wandererhotel in Rasen-Antholz gibt sich viel Mühe, die strengen Vorschriften einzuhalten. An jedem Lift hängt ein Desinfektionsspender, Stifte werden vor Weitergabe an Gäste gründlich desinfiziert. Auch am Buffet herrscht Desinfektions- und natürlich Maskenpflicht. Auch Einweghandschuhe stehen am Buffet bereit.

Die Pflicht werde nicht von allen Gästen ohne weiteres akzeptiert, berichtet die Rezeptionistin. Je nach Herkunft gebe es Unterschiede: Italiener seien problemlos, Österreicher würden schon mal renitent und Deutsche zeigen sich nach gelegentlicher Erinnerung kooperativ. Dennoch komme es immer mal wieder zu Szenen, bei denen das Personal vermitteln müsse. Etwa, wenn sich Gäste beim Kellner über unmaskiert herumlaufende Tischnachbarn beschweren. Auch die in der ersten Phase verbindliche, aber inzwischen aufgehobene, Pflicht, bei Gästen Fieber zu messen, habe für Diskussionen gesorgt. Trotz all der Umstellungen freut sich das Haus, dass das Sicherheitskonzept aufgeht und die Zimmer nach den schwierigen Monaten wieder voll ausgelastet sind.

Der befürchtete Super-Gau ist also für die Südtiroler Hotellerie in diesem Jahr ausgeblieben, empfindliche Verluste hat es dennoch gegeben. Den meisten Gastgebern ist klar, dass die Lage wieder schnell kippen kann – und sie handeln entsprechend verantwortungsvoll. Stand heute, bei gerade einmal 240 positiv Getesteten in ganz Südtirol, ist der Wohlfühl-Urlaub im Norden Italiens gesichert.

Vorheriger ArtikelLionel Messi startet weltweite Kampagne
Nächster Artikel„Big Performance“: Wie funktioniert die neue Musikshow?