Schlechte Laune oder Depression? So erkennt man den Unterschied

Wenig Sonne und der Lockdown-Light schlagen vielen aufs Gemüt. So unterscheiden Sie ein Down von einer Depression.

Neben den derzeitigen Einschränkungen des öffentlichen Lebens schlägt vielen auch die dunkle Jahreszeit aufs Gemüt. Wie sich eine Down-Phase von einer Depression unterscheidet, weiss Dr. med. Iris Hauth. Sie ist Chefärztin und Ärztliche Direktorin des Alexianer St. Joseph-Krankenhauses in Berlin-Weissensee und Autorin des Buches „Keine Angst!“ (Piper). Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erklärt sie, wodurch sich Herbstblues und eine schwerwiegende Depression unterscheiden lassen.

Das unterscheidet den Herbstblues von einer Depression

„Der Herbstblues zeichnet sich durch Antriebslosigkeit, ein erhöhtes Schlafbedürfnis und Heisshunger aus“, erklärt die Expertin. Bei einer Depression kämen dazu noch weitere Symptome: „Hoffnungslosigkeit, Selbstzweifel, Konzentrationsstörungen, Anspannung, Zustände bis hin zu suizidalen, also lebensmüden Gedanken.“ Die Grenze zwischen einem Herbstblues und einer saisonalen Depression sei fliessend, aber nicht die zu einer schweren Depression, sagt Dr. Hauth.

Denn Depressionen seien intensiver: „Da fällt einem das Zähneputzen morgens schon extrem schwer, nichts macht mehr Freude und man schirmt sich von seinen sozialen Kontakten ab. Wer Depressionen hat, bekommt weder den beruflichen noch den privaten Alltag bewältigt.“ Halte dieser Zustand länger als 14 Tage an, „ist es dringend notwendig, sich Hilfe zu holen“, appelliert die Psychologin.

Mehr Depressionen aufgrund der Corona-Krise?

Noch gebe es keine konkreten Zahlen dazu, ob mehr Menschen als zuvor wegen der Corona-Pandemie unter psychischen Störungen leiden, sagt Dr. Hauth. „Aber Krankenkassenzahlen belegen bereits, dass mehr Arbeitnehmer wegen psychischer Störungen arbeitsunfähig sind.“ Nun komme noch der zweite Lockdown-Light hinzu, das sei „eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft, die sie so noch nie erlebt hat und für die es auch keine Bewältigungsstrategien gibt“. Diese Situation löse laut Dr. Hauth beklemmende Gefühle aus: „Es herrscht Angst, sich zu infizieren, es herrscht Angst vor den ökonomischen Folgen. Der Light-Lockdown verhindert zudem, freudigen Aktivitäten nachzukommen. Die Corona-Pandemie und deren Folgen können bei Menschen zu einem Gefühl des Kontrollverlusts führen.“

Darauf reagiere jeder anders, „manche empfinden Wut, andere Verzweiflung, wieder andere Aggression“, erklärt die Psychologin. Viele Menschen würden zudem erheblichen Stress spüren „und wenn dieser längere Zeit anhält, ist das ein Risikofaktor, psychische Erkrankungen wie Depression und Angst zu entwickeln“. Weiter warnt die Autorin: „Bei manchen führt der chronische Stress zu erhöhtem Alkoholkonsum und ist ein Weg in die Abhängigkeit.“

Besondere Sorgen macht sich die Psychologin um Menschen, die derzeit nicht arbeiten können und dadurch mit existenziellen Ängsten konfrontiert sind. Sie seien frustriert, „weil sie dem, was sie lieben, nicht nachgehen können, was wiederum das Selbstwertgefühl schwächt“. Was die Ärztliche Direktorin ausserdem erlebt: „Patienten über 65 Jahren sind sehr ängstlich, da sie als Risikogruppe gelten und ihren üblichen Tätigkeiten, wie soziale Kontakte pflegen oder kulturelle Veranstaltungen besuchen, nicht machen können.“

So geraten Sie nicht in die Negativspirale

Dr. Hauth ist eine grosse Befürworterin der Tipps, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt, um nicht in „den Corona-Trott“ zu kommen. „Nachrichten hören, aber nur seriöse. Checken Sie etwa einmal am Morgen die RKI-Zahlen und schauen sie abends die Tagesschau“, schlägt sie vor. Ein weiterer Tipp: „Lassen Sie Ihre negativen Gefühle wie Frust und Trauer ruhig zu und sprechen Sie darüber mit Freunden und Familie, denn geteiltes Leid ist halbes Leid.“

Trotz der Einschränkungen, die die Corona-Krise mit sich bringt, gibt es genug Aktivitäten, die für Aufheiterung sorgen. „Überlegen Sie: Was kann ich trotzdem Schönes machen? Vielleicht probieren Sie etwas Neues aus, etwa ein Instrument oder eine Sprache lernen“, schlägt Dr. Hauth vor. Zudem empfiehlt die Expertin, den Kontakt zu Mitmenschen zu halten und regelmässig an die frische Luft zu gehen.

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