Jörg Hartmann: „Es war schon irgendwie absurd“

Der „Tatort“ feiert Jubiläum und im neuesten Film „In der Familie“ besuchen die Urgesteine Batic und Leitmayr das Dortmunder Team. Jörg Hartmann verrät im Interview: „Das war die Landung zweier Ausserirdischer.“

Zwei „Tatort“-Teams prallen in „In der Familie“ für die Jubiläumsfolge aufeinander: Dortmund und München. Wie die Schauspieler Jörg Hartmann (51) und Anna Schudt (46) den Besuch aus München empfanden und ob sie die drastische Gewaltdarstellung grenzwertig finden, verrieten sie im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news.

Ehrt es Sie als Dortmunder Team, bei der Jubiläumsfolge dabei zu sein?

Jörg Hartmann: Also ich finde das schon sehr toll.

Anna Schudt: Es ist ein prestigeträchtiges Ding und wir haben uns schon sehr gefreut, dass wir das mit den Münchnern zusammen machen dürfen.

Wie kam es denn überhaupt zu dieser Zusammenarbeit?

Hartmann: Man konnte sich dafür als Team regelrecht bewerben. Und dann hat unser Redakteur gesagt, er würde gerne die Dortmunder ins Rennen schicken. Und der Bayerische Rundfunk wohl die Münchner Kollegen. Ich weiss aber nicht, wie viele andere Teams da noch mitgemacht haben, ob es da längere Diskussionen gab oder ein Auswahlverfahren oder sowas.

In der ersten Folge besuchen Sie Batic und Leitmayr in Dortmund, in der zweiten Folge ist es andersrum, allerdings reist nur Peter Faber nach Bayern. Warum nicht auch Frau Bönisch?

Schudt: Es war schon schwierig, sechs Tatort-Kommissare in diesen beiden Filmen zu bedienen, auch weil es so starke Episoden-Hauptrollen gibt. Die Autoren haben lange daran herumgedoktert, wie das funktionieren kann. Aber am Ende musste einfach Platz für die wirkliche Geschichte gemacht werden und da haben drei Kommissare einfach gereicht. Das finde ich auch völlig in Ordnung.

Hartmann: Wir haben in Dortmund eigentlich das auffällige Dogma, nur aus der Perspektive der Kommissare zu erzählen. Das haben wir für diese Doppelfolge über Bord geworfen, um das Innenleben dieser Mafia-Familie erzählen zu können. Da bleibt dann einfach was auf der Strecke.

Wie haben Sie den Besuch der beiden „Tatort“-Urgesteine Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl in Dortmund erlebt?

Schudt: Lustig war das. (lacht)

Hartmann: Das war die Landung zweier Ausserirdischer. (lacht) Es war schon irgendwie absurd: Man kennt die beiden ja auch irgendwie gefühlt seit Ewigkeiten. Das sind Gesichter, die sich eingeprägt haben. Als die beiden bei uns im Präsidium auftauchten, war das schon ein bisschen wie „Versteckte Kamera“.

Was sind denn die Unterschiede der beiden Teams?

Hartmann: Wir haben natürlich lange überlegt, wie man aus dieser Verschiedenheit Kapital schlagen kann. Dieses München und Dortmund sind zwei Welten, wo völlig unterschiedliche Charaktere aufeinanderprallen. Ich fand das sehr schön und reizvoll.

Herr Hartmann, im zweiten Teil reisen Sie nach München. Wie war das für Sie?

Hartmann: Das war eine schöne, reizvolle Abwechslung in dieser ganz anderen Umgebung zu spielen. Und dann gibt es ja auch noch dieses herrliche Panorama von Bad Reichenhall zu bewundern. Wie schafft man es als Dortmunder Kommissar sonst zu so einer Postkartenidylle? Schade war aber schon, dass die anderen Kollegen nicht dabei sein konnten.

Dieser „Tatort“ geizt nicht mit expliziter Gewaltdarstellung. Gerade die Szene am Ende des ersten Films, als der Mann völlig verzweifelt seine Frau erwürgt, um seine Tochter zu retten, hat es in sich…

Hartmann: Die Deutschen lieben so sehr Krimis. Und ein Krimi ist nun mal brutale Realität. Da geht’s um Mord und Totschlag und Abgründe. Und das ist das, was wir hier in Dortmund eigentlich immer versuchen zu machen: ans Eingemachte gehen.

Oft werden „Tatort“-Folgen aber auch dafür gerügt, am Sonntagabend Gewalt zu realistisch darzustellen.

Hartmann: Ich finde es richtig, wenn man eine Mafia-Geschichte erzählt, das nicht irgendwie verklärt darzustellen – oder sogar wie oft in Mafia-Filmen mit einem coolen Touch. Es ist die brutale Realität, was die Mafia treibt. Wie diese Gewalt so in eine Familie eindringen kann und Leben zerstört. Ich finde das eigentlich sehr treffend und konsequent erzählt. Das tut weh, aber dieses Milieu ist nicht lustig.

Am Ende des ersten Teils kommt es zwischen Ihnen beiden zu einer innigen, zärtlichen Umarmung. Finden die beiden Kommissare irgendwann mal noch wirklich zusammen?

Schudt: Na ja, es ist natürlich so: Jede Form von Erlösung in dieser Spannung zwischen den beiden würde das alles zunichtemachen. Wenn ich jetzt Drehbuchautorin wäre, würde ich mich davor hüten, dies aufzulösen. Das eigentlich Interessante daran ist ja, dass die beiden zwei Pole sind, die sich abstossen und trotzdem eine magnetische Anziehung haben. Dieses Paradoxon finde ich eigentlich ganz toll.

Herr Hartmann, wie ist da die männliche Sicht der Dinge?

Hartmann: Ich will da gar nicht so viel aus dem Nähkästchen plaudern. Wir haben danach noch zwei Teile gedreht. Aber mal so viel: Diese merkwürdig verquere Liebesgeschichte zwischen Bönisch und Faber wird schon noch eine nicht unbedeutende Rolle spielen…

Wir feiern jetzt 50 Jahre „Tatort“. Können Sie sich daran erinnern, wann und wie Sie das erste Mal auf diese Reihe aufmerksam wurden?

Hartmann: In der Tat war es bei mir Schimanski, wahrscheinlich auch weil ich im Ruhrgebiet aufgewachsen bin. Auf dieses raubeinige und dieses merkwürdige Milieu habe ich als Kind mit einer Mischung aus Faszination und Distanz geguckt.

Schudt: Ich muss gestehen, dass „Tatort“ bei uns gar nicht angeschaut wurde. Ehrlich gesagt kannte ich die Reihe überhaupt nicht wirklich, bis zu dem Punkt, als ich in einem der Filme mitgespielt habe.

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