So beeinflusst die Corona-Pandemie Beziehungen

Manche Partnerschaften blühen während der Corona-Pandemie auf.

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Die Corona-Pandemie und ihre Folgen verändern die Bedürfnisse in partnerschaftlichen Beziehungen. Das geht aus einem Test des Paartherapeuten Wieland Stolzenburg hervor.

Die Corona-Pandemie hat offenbar Einfluss auf die Bedürfnisse in einer Partnerschaft. Der Paartherapeut und Autor Wieland Stolzenburg (unter anderem „103 Fragen für Paare“) hat festgestellt, dass viele seit Beginn der Krise die Wertschätzung ihres Partners auf neuem Weg erfahren möchten. Zwischen Mitte August 2018 und Anfang Februar 2021 wertete er seinen Test „Fünf Sprachen der Liebe“ aus. Stolzenburg verglich mehr als 50.000 Ergebnisse. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news spricht er über seine Erkenntnisse.

Das sind die „Fünf Sprachen der Liebe“

Bei den „Fünf Sprachen der Liebe“ handelt es sich um einen Begriff aus der Paartherapie, der von dem amerikanischen Therapeuten Gary Chapman entwickelt wurde. Chapman vertritt die Annahme, dass es fünf verschiedene sogenannte Liebessprachen gibt, die Menschen in Beziehungen sprechen. Diese sind Lob und Anerkennung, gemeinsame Zeit, Geschenke und Aufmerksamkeiten, Hilfsbereitschaft und Unterstützung sowie Körperkontakt und Intimität.

„Die Sprachen drücken aus, wann wir uns von unserem Partner geliebt fühlen“, erklärt Stolzenburg. Zum besseren Verständnis nutze er folgenden Vergleich: „Es gibt Fahrzeuge, die fahren mit Benzin, andere mit Diesel oder Elektrizität. Wenn wir ein Benzinfahrzeug mit Benzin tanken, fährt das Auto. Betanken wir dieses jedoch mit Diesel, wird es nicht weit kommen.“ Ähnlich gestalte es sich in Liebesbeziehungen: „Der eine Mensch mag in seinem Liebestank am liebsten Komplimente und Anerkennung, ein anderer kann damit weniger anfangen. Sein Treibstoff der Liebe ist beispielsweise Körperkontakt und Zärtlichkeit.“ Wer über die eigenen Sprachen der Liebe sowie über die des Partners Bescheid wisse, könne viele Missverständnisse und Konflikte vermeiden. Dann würden „Verständnis füreinander und mehr Nähe viel leichter möglich“, berichtet der Beziehungsberater.

Das ist Paaren seit Beginn der Corona-Pandemie am wichtigsten

„Seit Beginn der Corona-Krise im Frühjahr 2020 sind einige Veränderungen sichtbar geworden“, beschreibt der Paartherapeut seine Beobachtungen. Stolzenburg verglich die Testergebnisse bis Ende Februar 2020 mit denen ab März 2020. Die Sprache der Liebe „Gemeinsame Zeit“ konnte demnach ein Plus von 16 Prozent verzeichnen und „Körperkontakt und Intimität“ sogar ein Plus von 20 Prozent. Nach wie vor wichtig sei die Sprache „Hilfsbereitschaft und Unterstützung“. „‚Lob und Anerkennung mit einem Minus von neun Prozent sowie „Geschenke“ mit einem Minus von fünf Prozent wurden den Menschen weniger wichtig. Sie landeten seltener auf dem ersten Platz der fünf Sprachen der Liebe“, erzählt Stolzenburg.

Insgesamt gaben 24,7 Prozent der Testteilnehmer an, dass ihnen „Körperkontakt und Intimität“ am wichtigsten sei. Für 24 Prozent ist „Gemeinsame Zeit“ die wichtigste Sprache der Liebe, gefolgt von „Hilfsbereitschaft und Unterstützung“ mit 23,4 Prozent. 19,1 Prozent finden, dass „Lob und Anerkennung“ essenziell sind. Die Sprache „Geschenke und Aufmerksamkeiten“ empfänden derzeit dagegen weniger Menschen als zentral.

Weshalb sich die Bedürfnisse vieler während der Corona-Pandemie verändert haben, darüber könne er nur mutmassen, sagt der Experte. „Das, was uns während der Krise am meisten fehlt, ist Körperkontakt und gemeinsame Zeit. Das sind genau die beiden Sprachen der Liebe, die deutlich häufiger als Nummer-eins-Liebessprache herauskamen. Wenn wir andere Menschen nicht sehen oder spüren, dann sind diese Bedürfnisse nicht gedeckt.“

„Die Corona-Krise zeigt die Qualität der Partnerschaften“

Was laut des Autors wegen Corona deutlich werde, sei die Qualität von Partnerschaften. Stolzenburg erklärt: „Einerseits gibt es viele Beziehungskrisen und damit auch Trennungen und andererseits erblühen Partnerschaften. Es zeigt sich also, wie stabil und harmonisch die Beziehungen sind und es werden genau die Themen sichtbar, denen Paare bisher aus dem Weg gegangen sind.“ Sein Tipp für Paare: „Offene Kommunikation über das eigene Befinden und die eigenen Bedürfnisse sind essenziell. Auch wenn das für manche Paare etwas Neues sein mag, sich wirklich Zeit für qualitativen Austausch zu nehmen und den anderen am eigenen Seelenleben teilhaben lassen, das hilft.“

Zudem sei es vor allem in Zeiten der Corona-Pandemie wichtig, sich klarzumachen, „dass nicht alle Schwierigkeiten mit dem Partner zu tun haben und er damit nicht verantwortlich für all das Herausfordernde ist“. Anderen die Schuld zu geben sei immer leichter, denn dann sei man selbst „fein raus“, sagt Stolzenburg. Doch letztendlich sei der Partner „nur ein Spiegel für uns selbst“. Er empfiehlt: „Die Energie sollten wir nicht nutzen, unseren Partner zu kritisieren oder zu verändern, sondern auf uns zu schauen: Was kann ich konkret dazu beitragen, dass mein Leben leichter und besser wird? Was kann ich meinem Partner geben und was kann ich für die Beziehung investieren, damit sie schöner und liebevoller wird?“ Dabei könnten auch die Sprachen der Liebe hilfreich sein.

Gemeinsame Projekte – aber auch Zeit allein

Vor allem durch Homeoffice oder Kurzarbeit fühlen sich manche träg und öfter schlecht gelaunt. Um dem vorzubeugen, würden Paare davon profitieren, „wenn sie sich kleine oder grosse Projekte suchen, die sie gemeinsam angehen können“, erzählt Stolzenburg und nennt Beispiele: „Jeden Tag aus einem Kochbuch zusammen etwas Neues kochen, die Wohnung und den Keller ausmisten, zu einem Yoga-Onlinekurs anmelden oder sie lernen zusammen eine neue Fremdsprache.“

Doch neben diesen gemeinsamen Aktivitäten sei auch entscheidend, dass jeder Raum und Zeit für sich habe, „zum Durchschnaufen und um mal nicht in Verbindung mit dem anderen zu sein“. „Hier helfen ganz pragmatische Abmachungen, wer wann spazieren ist oder wer wann das Wohnzimmer für eine Stunde für sich hat“, empfiehlt der Autor.

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