Guido Maria Kretschmer kann sich „kein Leben ohne Frauen vorstellen“

Guido Maria Kretschmer mit Natalia Wörner (l.) und Janin Ullmann.

Quelle: L'Oréal Paris

„Frauen spüren, dass ich ein guter Freund bin“, erklärt Mode-Designer Guido Maria Kretschmer. „Ich könnte mir kein Leben ohne Frauen vorstellen.“

2021 jährt sich am 8. März der Internationale Frauentag zum 100. Mal. Doch brauchen wir heutzutage überhaupt noch einen Tag, der auf die Rechte von Frauen aufmerksam macht? „Auf jeden Fall“, stellt Mode-Designer Guido Maria Kretschmer (55) am Rande der digitalen Konferenz von L’Oréal Paris „We celebrate Women“ klar. „Es ist wichtig und es geht nicht darum, an diesem Tag alle Frauen zu feiern, sondern es geht darum, einfach auch die Stimme zu erheben und zu sagen: ‚Was läuft da immer noch nicht richtig?'“ Das Kosmetikunternehmen engagiert sich seit Jahren im Bereich Women’s Empowerment und setzt aktuell das internationale Trainingsprogramm „Stand Up“ gegen Belästigungen in der Öffentlichkeit in den Fokus.

„Ich glaube es gibt viele Wege und Möglichkeiten, Female Empowerment gemeinsam nach vorne zu bringen“, erklärt Markenbotschafterin Iris Berben (70). Man dürfe jedoch nicht vergessen, auch die Männer mit einzubeziehen. „Wir müssen das mit den Männern zusammen nach vorne treiben. Wir haben viele gute, viele starke Männer an unserer Seite“, so die 70-Jährige.

Kretschmer geht hier seit vielen Jahren mit gutem Beispiel voran. „Ich könnte mir kein Leben ohne Frauen vorstellen“, erklärt der Designer und verrät im Interview unter anderem, welche Frauen in seinem Leben eine ganz besondere Rolle spielen.

Was zeichnet Ihrer Meinung nach eine starke Frau aus?

Guido Maria Kretschmer: Eine starke Frau ist natürlich eine, die weiss, dass sie genauso schwach ist wie selbstbewusst. Eine, die um ihre Stärken und ihre Schwächen weiss. Eine, die das gut in Einklang bringt. Auch das Leben so zu nehmen wie es ist und das können starke Frauen. Es auch alleine zu machen.

Sie haben eine starke weibliche Fan-Base. Was glauben Sie, warum Sie bei vielen Frauen so gut ankommen?

Kretschmer: Ach auf meine Mädchen ist Verlass, das habe ich schon mein ganzes Leben gewusst. Ich könnte mir kein Leben ohne Frauen vorstellen. Ich mag Frauen und ich kann gut mit ihnen plaudern. Ich bin gerne an ihrer Seite, ich mag ihren Humor und wie sie denken, weil ich ähnlich denke in vielen Situationen. Wir sind uns oft einig und ich finde ein Leben ohne gute Mädels wäre doch schrecklich. Natürlich mag ich auch Männer gerne. Aber es ist auch so, dass Frauen spüren, dass ich ein guter Freund bin. Ich bin „Eine von euch“, wie auch mein Magazin heisst. Das ist ein Claim, den ich auch so unterschreiben kann. Ich bin glaube ich der einzige Mann, der ein Frauenmagazin hat und das mit seinem Namen tragen darf. Das finde ich schon mal bezeichnend. Frauen sind mir einfach sehr nah und daher bin ich sehr dankbar, dass ich einen Teil der „Stand Up“-Initiative von L’Oréal Paris sein darf und sie damit noch ein bisschen mehr unterstützen kann.

Welche Frauen haben Ihr Leben geprägt?

Kretschmer: Ich bin sehr frauensozialisiert. Meine Mutter, meine Grossmutter, ich habe viele Tanten und eine gute Freundin meiner Mutter, die ich sehr geschätzt habe. Dann aber auch Vorbilder, die ich hatte und an denen ich mich hochgehangelt habe. Ich bin ein grosser Fan von Hildegard Hamm-Brücher, die Gründerin der FDP, eine ganz tolle Frau. Der habe ich immer geschrieben und auch ein paar Schauspielerinnen. Ganz unterschiedliche Menschen, bei denen ich dachte: Wie toll! Ich bin auch ein grosser Fan von Jil Sander und von Designerinnen, die ich schon lange kenne. Natürlich auch von Chanel. Ich mag es auch gerne, wenn Frauen schreiben. Wenn ich jetzt so überlege: Ich habe sehr, sehr viel Frauenliteratur gelesen; auch Autorinnen, die ich nach wie vor sehr schätze.

Seit 100 Jahren gibt es den Internationalen Frauentag. Gefeiert wird am 8. März, doch braucht es diesen Tag heute noch?

Kretschmer: Oh ja, den braucht es auf jeden Fall! Es ist wichtig und es geht nicht darum, an diesem Tag alle Frauen zu feiern, sondern es geht darum, einfach auch die Stimme zu erheben und zu sagen: „Was läuft da immer noch nicht richtig?“ Und wenn es der einzige Tag ist, an dem Frauen mal wertgeschätzt werden, dann wäre mir das ganz lieb. Es gibt ja auch noch Muttertag, aber was machen dann die, die nicht Mütter sind? Ich glaube, es braucht diese Erinnerungstage und es braucht einen Tag, an dem man der Gesellschaft nochmal zeigt, dass noch nicht alles gut läuft und dass nicht alle emanzipiert sind.

78 Prozent aller Frauen haben Belästigung in der Öffentlichkeit schon mal erlebt. Schockiert Sie diese hohe Zahl?

Kretschmer: Ehrlicherweise nicht. Ich dachte sogar, dass diese Zahl noch höher liegt. Sobald man sich in der Öffentlichkeit bewegt, erlebt man doch sehr schnell, wie viele Menschen Grenzen überschreiten und ich denke gerade Frauen werden davon ein Lied singen können. Deshalb bin ich sehr froh, dass die „Stand Up“-Initiative einen wichtigen Schritt gegen Belästigung in der Öffentlichkeit geht. Gemeinsam mit der Non-Profit Organisation „Hollaback“ ist hier eine Trainingsprogramm entstanden, das Frauen und Männer über Interventionsmassnahmen für Zeugen von Belästigungssituationen aufklären soll. Das ist wirklich ein grossartiges Projekt und ich hoffe sehr, dass damit viele Leute erreicht und sensibilisiert werden, damit diese wirklich beängstigende Zahl sinkt. Auch die Öffentlichkeit sollte ein geschützter Ort sein, an dem sich jeder frei bewegen kann, ohne Sorge davor zu haben, Belästigung erfahren zu müssen.

Warum scheuen sich auch heute noch viele Frauen davor, öffentlich ihre Meinung zu vertreten?

Kretschmer: Ich glaube das ist einfach soziologisch zu erklären. Es heisst ja auch oft, dass Frauen das schwächere Geschlecht sind und sie auch häufig unterlegen sind. Ich denke, dass sich viele Frauen deshalb etwas zurückhalten, damit man ihnen nichts nachsagt oder sie negativ in Erscheinung treten, weil sie sich zum Beispiel aufreizend kleiden. Ich glaube auch, dass Frauen in manchen Situationen dazu neigen, nicht ihre Meinung zu vertreten oder Angriffe zu ertragen, weil sie einfach Angst haben. Das ist, glaube ich, ein grosses Thema, dass sie sich davor scheuen zu sagen: „Der hat das und das mit mir gemacht“, weil da dann eben auch gleichzeitig oft die Retourkutsche kommt: „Aber sie hat doch… etc.“ Da ist die Gefahr, dass es eine Spirale ist, aus der man nicht mehr entkommen kann.

Haben auch Sie Momente, in denen Sie an sich zweifeln, und was machen Sie dagegen?

Kretschmer: Ja natürlich zweifle auch ich an mir. Es gibt immer mal Kleinigkeiten, bei denen ich unsicher bin und denke: „Wie mache ich das?“ Ich probiere immer mich selbst zu reseten und zu denken: „Was macht jetzt wirklich Sinn und was ist das für ein Gefühl? Brauche ich das wirklich? Dann geht es mir schon besser, wenn ich denke: „Ok, das ist doch nicht so für mich gemacht.“ Als junger Mensch denkt man eher: „Ja, da bin ich dabei“ und später „Das hätte ich mir lieber mal gespart.“ Trotzdem macht man immer viel und sammelt damit eben auch Erfahrung und das gehört auch dazu. Bei mir hilft es immer Dinge zu hinterfragen und wenn ich einmal zweifle, eben auch an die Momente zu denken, die gut laufen und keinen Grund zum Zweifeln geben.

Wie gehen Sie mit negativem Feedback um?

Kretschmer: Ich bin ganz ehrlich nicht gemacht für negative Schlagzeilen. Ich habe Gott sei Dank auch noch nicht so viel Negative erlebt. Ich wüsste nicht, wie ich damit umgehen würde, wenn das jetzt so massiv wäre wie bei anderen Kolleginnen und Kollegen, denen häufiger negative Kritik entgegenschlägt. Ich würde wahrscheinlich aus der Öffentlichkeit verschwinden. Das würde ich mir nicht antun. Es gibt immer Leute, die sich ständig im Ton vergreifen und böse Briefe oder Mails schicken. Das ist zwar selten bei mir, aber passiert schon mal. Dann verletzt mich das auch und ich frage mich, wie man das machen kann, die kennen mich doch gar nicht. Aber wenn man vorne seinen Kopf raushängt, dann hat man eben auch Fahrtwind. Ich würde aber auch merken, wenn mir das zu viel wird und es sein lassen. Dafür ist mir mein Leben viel zu schade, mich beleidigen zu lassen.

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