Wie Heil- und Kurbäder unsere Gesundheit jetzt stärken können

47 Heilbäder und Kurorte gibt es in Bayern. In Bad Wörishofen entwickelte Sebastian Kneipp seine fünf Säulen der Kneipptherapie.

Quelle: www.bayern.by - Tobias Gerber

Kur- und Heilbädern lastet seit Jahren ein etwas angestaubtes Image an. Doch gerade in Zeiten von Corona rückt der Gesundheitstourismus immer mehr in den Fokus. Dr. med. Christian Alex erklärt im Interview am Beispiel der bayerischen Heilbäder, wie natürliche Heilanwendungen sowohl in der Prävention als auch der Rehabilitation unterstützen können.

Die Coronavirus-Pandemie rückt die Gesundheit noch stärker ins Bewusstsein. Eine gesunde Lebensführung, ausreichend sportliche Betätigung und eine ausgewogene Ernährung scheinen wichtiger denn je. Auch der Gesundheitstourismus entwickelt sich immer mehr zum Trend, viele Heilbäder und Kurorte setzen jetzt die gesundheitlichen Auswirkungen der Pandemie in den Fokus.

„Die Covid-19-Pandemie zeigt uns sehr deutlich, wie wichtig, aber auch anfällig die Gesundheit für jeden von uns ist“, erklärt Dr. med. Christian Alex. Er ist für den Bayerischen Heilbäder-Verband e.V. als ärztlicher Berater tätig. „Die Kurorte und Heilbäder sind Kompetenzzentren in den Fragen der Gesundheit, sowohl in der Prävention als auch der Rehabilitation.“ Wie eine Kur jetzt unterstützen kann und welche Trends und Neuerungen es im Bereich der natürlichen Heilanwendungen gibt, schildert der Mediziner im Interview.

Gesundheitstourismus entwickelt sich aktuell immer mehr zum Trend. Dennoch kämpfen Heilbäder oder Kurorte mit einem angestaubten Image. Warum?

Dr. med. Christian Alex: Die klassische Kur gibt es schon seit der Antike, heilende Quellen sind schon aus vorchristlicher Zeit bekannt. Seit circa 200 Jahren gibt es die Begriffe wie Kurhaus, Brunnenhaus, Badehaus oder Kurpark, die Kur wurde modern im späten 19. Jahrhundert. Aus dem Begriff Baden als Synonym für heisse Quellen entwickelte sich der Prädikatsbegriff „Bad“ vor dem Ortsnamen als Prädikat auf gesetzlicher Grundlage, dies gilt noch heute. Viele Menschen haben heute noch die Kuren aus dem letzten Jahrhundert vor Augen, nicht die modernen Gesundheitsangebote der heutigen Zeit.

Die bayerischen Heilbäder starten aktuell die grosse „Gesunde Welle“, was genau steckt dahinter?

Dr. Alex: Die Covid-19-Pandemie zeigt uns sehr deutlich, wie wichtig, aber auch anfällig die Gesundheit für jeden von uns ist. Die Kurorte und Heilbäder sind Kompetenzzentren in den Fragen der Gesundheit, sowohl in der Prävention als auch der Rehabilitation. Und nicht zuletzt: Jeder kann etwas für seine Gesundheit tun.

Welche Trends und Neuerungen gibt es im Bereich der natürlichen Heilanwendungen? Und welche Klassiker kommen nie aus der Mode?

Dr. Alex: Der ganzheitliche Ansatz der klassischen Naturheilverfahren, erweitert durch Gesundheitstechniken aus anderen Kulturkreisen – Indien, China, Japan – wie Ayurveda, TCM oder Waldbaden, sind inzwischen in Deutschland etabliert. Die Klassiker wie die Kneipp – und Schroth-Therapie, Moor-, Thermal- und Sole-Anwendungen, Heilklima, Fasten und Entschlacken werden nie aus der Mode kommen.

Wie finden Interessierte bei so einer grossen Auswahl das für sie Passende?

Dr. med. Christian Alex: Sämtliche Gesundheitsangebote der 47 bayerischen Heilbäder und Kurorte stehen übersichtlich unter www.gesundes-bayern.de. Neben umfangreichen Informationen gibt es hier auch einen „Gesundheitsfinder“, mit dessen Hilfe ich genau filtern kann, welches Angebot zu meinen Bedürfnissen passt.

Können Kur- und Heilbäder in der jetzigen Situation überhaupt besucht werden?

Dr. Alex: Unter den aktuellen Corona-Bedingungen sind zwar viele Einschränkungen zu beachten, über die im Internet Informationen abgerufen werden können. Medizinische Einrichtungen stehen jedoch mehrheitlich zur Verfügung.

Wie viel Zeit sollte man für eine Kur am besten einplanen. Was halten Sie von Tageskuren?

Dr. Alex: Um einen grösstmöglichen Heil- und Gesundungsseffekt zu erreichen, sollte man für eine Kur drei Wochen einplanen – auch, damit Mediziner und Therapeuten ihre ganzheitlichen Therapieansätze vollumfänglich umsetzen und den Heil- und Gesundungsprozess stets optimal begleiten können. Aber bereits ein Tag in einem Kurort mit Information, Einführung in ein Gesundheitsprogramm wie z.B. ein „Schnupperkurs“ hat positive Wirkungen und kann neugierig machen und inspirierend wirken.

Viele Patienten, die an einer Sars-CoV-2-Infektion erkrankten, klagen auch nach überstandener Erkrankung über Corona-Spätfolgen. Kann eine Kur hier helfen?

Dr. Alex: Sicher. Eine qualifizierte Kurmassnahme ist gerade bei Long-Covid- oder Post-Covid-Patienten dringend anzuraten. Die Wiederherstellung der seelischen und körperlichen Gesundheit steht dabei im Vordergrund.

Andere, die sich nicht mit dem Virus infizierten, leiden unter den Auswirkungen der Pandemie wie Stress, Ängste oder psychosomatische Erschöpfungszustände. Wie kann hier eine Kur helfen?

Dr. Alex: In vielen Kurorten und Heilbädern gibt es gezielte Stress- und Burn-Out-Programme, ambulante und stationäre psychosomatische Einrichtungen. Neben dem Fachpersonal ist gerade auch die Infrastruktur der Kurorte und ihre Lage – naturnah, im ländlichen Raum – bei diesen Symptomen von besonderer Bedeutung.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um vom Arzt eine Kur verschrieben zu bekommen?

Dr. Alex: Alle gesetzlich Versicherten haben einen Anspruch auf Präventions- oder Rehabilitationsleistungen. Sei es um die Verschlimmerung einer Krankheit zu verhindern oder die Gesundheit wieder herzustellen. Zuständig ist die Krankenkasse oder auch die Rentenversicherung. Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt und die Krankenkasse.

Glauben Sie, dass der Trend zum Gesundheitstourismus nach der Pandemie weiter steigen wird?

Dr. Alex: Diese Pandemie zeigt, wie wichtig Prävention und Rehabilitation neben der Akutbehandlung sind. Uns wird deutlich, wie schnell unsere Gesundheit gefährdet sein kann. Also ja, der Gesundheitstourismus wird weiter zunehmen.

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