Wie viele Tamagotchis hast du auf dem Gewissen?

Viele hielten die digitalen Haustierchen schon damals für ziemlich nervig, trotzdem trat das Tamagotchi vor mittlerweile 20 Jahren seinen Siegeszug um die Welt an.

Es war 1996. Während sich in Japan Teenager-Mädchen bereits um ihre Tamagotchis kümmerten, bräunten sich hierzulande die Freundinnen laut Fettes Brot noch in der Südsee. Wenige Monate später, vor genau 20 Jahren, schaffte es das digitale Haustier dann auch zu uns. Am 12. Mai 1997 kam es nach Europa und trat seinen kurzen aber heftigen Siegeszug an. Ähnlich wie bei „Pokémon Go“ im vergangenen Sommer hatte auf einmal jedes Mädchen und mancher Junge eines der eiförmigen Geräte in der Hand – von denen nach wenigen Monaten aber nur noch eingefleischte Fans sprachen.

Was war nochmal ein Tamagotchi?

In einem kleinen Gerät in Eiform steckte ein LCD auf dem ein ständig laut vor sich hin piependes Vögelchen, das gefüttert und gepflegt werden wollte, umherhüpfte. Kümmerte man sich nicht ausreichend, drohte das neue Haustierchen zu sterben. Dieser Tod war glücklicherweise nicht immerwährend, konnte man über einen Reset-Knopf das Tamagotchi doch zurücksetzen und von vorne beginnen. Doch so mancher Spieler, der seinem Küken natürlich einen Namen wie Calimero, Daffy oder Donald gegeben hatte, kam nur schwer über den Verlust hinweg. Quasi folgerichtig trug die mehrere Monate anhaltende Tamagotchi-Manie dann auch seltsame Blüten wie Netzfriedhöfe, die mit den Kosenamen hunderter Vögelchen vollgestopft waren. Dank Dauergepiepse im Klassenzimmer wurden die Plastikeier aus vielen Schulen offiziell verbannt.

Wer hat’s erfunden?

Hinter dem Tamagatochi, dessen Namen aus den Worten Tamago (Ei) und Uotchi (Uhr) zusammengesetzt ist, steckt Aki Maita. Die japanische Erfinderin, die ursprünglich Kindergärtnerin werden wollte, stellte ihr Haustier-Ei 1996 dem Spielzeughersteller Bandai vor, der es zu einem absoluten Hit machte. Laut einem Bericht der „Berliner Zeitung“ von Ende 1997 wurden weltweit bis zum Oktober des Jahres 15 Millionen Geräte verkauft. Natürlich drängten innerhalb kürzester Zeit Billighersteller auf den Markt, die das Prinzip kopierten und minderwertige Produkte zum Dumpingpreis anboten.

Nach wenigen Monaten war der Spuk dann aber zumindest in Europa wieder vorbei. Fast keiner wollte mehr über Tamagotchis reden – der ein oder andere verneinte sogar jemals eines besessen zu haben. Und das trotz prominenter Fürsprecher. Heike Makatsch (45, „Männerpension“), die ein paar Jahre zuvor ihre Karriere beim Musiksender VIVA gestartet hatte, erklärte laut „Spiegel“ der Jugendbeilage der „Süddeutschen Zeitung“ im Sommer 1997: „Der Gedanke, dass mein Gotchi in gar nicht allzu langer Zeit sterben wird, macht mich völlig fertig.“ Die Eurodance-Truppe Sqeezer veröffentlichte im selben Jahr einen Tamagotchi-Song, der zum offiziellen Werbelied wurde – und natürlich auch nicht ohne das mittlerweile allgegenwärtige Gepiepse auskam. Fun Fact: 2012 brachten „auch“ Die Ärzte ein Lied mit dem Namen „Tamagotchi“ heraus, in dem sie fragten, wie es ihrem „Kind aus einer anderen Zeit“ heute ergehe.

Renaissance des Tamagotchis?

Bis 2013 haben sich laut Angaben von Bandai weltweit rund 80 Millionen Exemplare verkauft. Wirklich ganz weg war das handliche Ei, der Vorreiter für einige Tamagotchi-Videospiele oder Games wie „Nintendogs“ für Nintendo DS und 3DS, also nie. So wurde im Juni 2004 unter dem Namen „Tamagotchi Connexion Version 1“ der offizielle Nachfolger veröffentlicht – in den folgenden Jahren gab es viele weitere Varianten. 2014 kam dann schliesslich der „Tamagotchi Digital Friend“ heraus, eine frische Produktversion mit neuen Features. Über die Jahre wurden unter anderem die Displays grösser und über eine Infrarotschnittstelle konnten die Tierchen miteinander verbunden werden, damit diese miteinander spielen oder sich verlieben konnten.

Ob das mit dem Revival noch einmal klappen kann, das ist in der heutigen Zeit doch eher unwahrscheinlich. Bandai hat zumindest in Japan zum Jubiläum sechs neue Tamagotchi-Designs veröffentlicht, die sich an den Originalen orientieren. Hardcore-Fans müssen diese leider importieren, da bisher nicht bekannt ist, ob die Geräte auch nach Europa kommen werden. Wer allerdings nicht den teuren Importpreis zahlen möchte, der kann sich natürlich auch mit einer offiziellen App-Version für iOS und Android abfinden. Für so viel Aufruhr wie ihr eiförmiger Vorgänger haben die Games, die es mittlerweile auch schon wieder seit über zwei Jahren gibt, aber bisher bei weitem nicht gesorgt.

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