Neues Twitter aus Deutschland: Kann sich Mastodon durchsetzen?

Twitter bekommt Konkurrenz – und zwar aus Deutschland. Mastodon nennt sich das neue soziale Netzwerk und wurde von einem 24-Jährigen entwickelt. Doch warum wandern viele Nutzer dorthin ab? Und: Wird es sich tatsächlich durchsetzen?

Der Hype um Mastodon, dem neuen sozialen Netzwerk, dass Twitter ablösen könnte, ist gross. Keine 140 Zeichen Begrenzung, kein rassistisches oder sexistisches Geblubber, ohne Hatespeech und ohne ein Unternehmen im Hintergrund, dass Daten der Nutzer sammelt, um sie dann an den Höchstbietenden zu verscherbeln.

Eugen Rochko, ein 24-Jähriger aus Deutschland, hat es entwickelt und es wächst in rasanter Geschwindigkeit. Von den 319 Millionen Twitter-Usern ist Mastodon zwar noch meilenweit entfernt, aber viele reden schon jetzt vom „Next Big Thing“ im Social Web. Doch wie funktioniert es? Und: Wird es sich tatsächlich durchsetzen können?

So funktioniert es

Zunächst der gravierende Unterschied zu Twitter: Hinter Mastodon steht keine Firma, die zentral das Netzwerk kontrolliert. Es handelt sich um ein sogenanntes Open Source Programm. Sprich jeder hat die Möglichkeit, das Programm herunterzuladen oder umzuschreiben. Es wird dezentral und unkommerziell betrieben. Heisst: Es gibt nicht das eine Mastadon. Freiwillige betreiben Knotenpunkte, die untereinander verbunden sind.

Deshalb ist es auch nicht möglich, sich zentral irgendwo anzumelden. Ebenso wenig gibt es nur eine einzige App. Für verschiedene Betriebssysteme stehen viele verschiedene Apps zur Verfügung. Da es viele verschiedene Knotenpunkte, sogenannte Instanzen gibt, die sich etwa an User einer bestimmten Sprachgruppe richten, muss man sich zunächst eine aussuchen und sich dort anmelden. Einige der Communities haben spezielle Regeln.

Einmal angemeldet, ähnelt Mastodon Twitter in seiner Funktionsweise sehr. Nur die Bezeichnungen sind verschieden – ausserdem kann die Namensgebung von Instanz zu Instanz abweichen. Ein Tweet heisst meist „Toot“ und kann bis zu 500 Zeichen lang sein. Ein Retweet nennt sich „Boost“, das digitale „Gefällt mir“ wird mit einem Sternchen, dem „Favourite“ ausgedrückt.

Die Privatsphäre kann ähnlich wie bei Facebook gesteuert werden – man kann einstellen, wer einen Toot sehen kann und wer nicht. Bei zweifelhaftem Inhalt ist der Toot mit einem CW markiert. Das steht für Content Warning. Hier kann jeder Nutzer selber entscheiden, ob er sich die Nachricht ansehen will oder nicht.

Kann Mastodon sich wirklich durchsetzen?

Diese Frage wird heiss diskutiert. Schliesslich ist Mastodon nicht der erste Versuch, dem Big-Player das Wasser abzugraben. Sicherlich: Die unkommerzielle Nutzung und die strikten Regeln gegen jegliche Diskriminierung sind verlockend. Doch was geschieht, wenn die Betreiber beispielsweise irgendwann überfordert sind und gar nicht mehr einschreiten können? Oder, wenn der Hype abebbt? Oder das Netzwerk den Useransturm nicht mehr bewältigen kann? Oder, wenn die Betreiber einfach keine Lust oder Zeit mehr haben und die Server vom Netz nehmen?

Zudem ist das Netzwerk sehr kompliziert, was viele User eher abschrecken wird. Der Einstieg ist schwer und wer möchte sich, bevor es losgeht, stundenlang durch eine Betriebsanleitung kämpfen? Deshalb wird wohl der ganz grosse Ansturm ausbleiben. Dann ist der Hype auch schon wieder vorbei und Mastodon wird wohl, wie viele vorher, wieder in den Untiefen des Webs verschwinden.

Übrigens: Mastodon ist ein vor 10.000 Jahren ausgestorbenes Rüsseltier. Eugen Rochko hat offenbar diesen Namen gewählt, weil er Fan der gleichnamigen Metal-Band ist. Diese hat übrigens bereits Wind davon bekommen und postet dazu, ironischerweise, einen Tweet.

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