Rolls-Royce Phantom: Einfach „phantomenal“

Wer den Anspruch hat, das beste Auto der Welt zu bauen, darf sich dabei ruhig etwas mehr Zeit lassen als üblich. Nach 14 Jahren löst der Rolls-Royce Phantom seinen Vorgänger ab – und übertrifft diesen in jeder Dimension.

Rolls-Royce-Besitzer rennen keiner kurzlebigen Mode hinterher. Sie lieben Beständigkeit. Kein Luxusautomobil verkörpert dies besser als der Phantom, der Rolls-Royce schlechthin, gemacht für Mächtige und Maharadschas, Manager und Minister, Majestäten und Millionäre. Aber auch die horchen auf, wenn die britische Traditionsmarke ein neues Modell ankündigt. Schliesslich passiert dies nicht alle Tage. Über 14 Jahre, doppelt so lange wie in der Branche üblich, rollte der Phantom in der 7. Generation unverändert aus den heiligen Hallen in Goodwood, südlich von London. Stets sorgfältig in Handarbeit zusammengesetzt – von Spezialisten, wie sie nur noch Rolls-Royce beschäftigt.

Sechs Meter, 2,6 Tonnen

Wer das monströse Topmodell – immerhin knapp sechs Meter lang und 2,6 Tonnen schwer – vorbeifahren sieht, braucht schon einen Kennerblick, um sicher zu sein: Hier kommt der neue. Das wird natürlich der Designchef Giles Taylor nicht gerne hören. Für den Aussenstehenden aber kommt Phantom Nummer acht – der Name ist übrigens der älteste, noch genutzte der Automobilgeschichte – imposant wie immer daher. Wie gehabt öffnen die dicken „Coach Doors“ gegenläufig und geben den Zugang zum wohl am edelsten ausgeschlagenen Innenraum aller Serienfahrzeuge frei.

Es ist wie eine Parallelwelt, in die die meisten von uns wohl nie eintauchen werden. Unter den Füssen dicke Schafswolle, wohlriechendes Leder und üppiger Chromzierrat, wohin man auch blickt und fasst. Poliertes Wurzelholz an Türen und Sitzen, dazu fürstliche Platzverhältnisse im Fond, ein Sternenhimmel aus über 1.300 Mikro-LEDs, Massagesitze mit ausklappbaren Beinauflagen. Es fällt schwer, hier wieder aussteigen zu müssen.

Kameras scannen Unebenheiten

Draussen zieht die Welt in aller Stille vorbei, so als hätte jemand den Ton abgedreht. Und der Phantom scheint mehr zu schweben als zu rollen. Für dieses Gefühl haben die Ingenieure unendlichen Aufwand betrieben. Stets das Ziel vor Augen, den höchsten Komfort auf die Räder zu stellen, der technisch möglich ist. 130 Kilogramm Material allein zur Geräuschdämmung wurden verbaut, diverse Hohlräume in der Karosserie ausgeschäumt, dicke Akustikscheiben eingesetzt und spezielle Flüsterreifen (22-Zoll) montiert.

Zudem ist der Phantom nicht nur mit einer Luftfederung, sondern auch mit adaptiven Dämpfern ausgerüstet. Diese erhalten ihre Informationen von einer Kamera, die vor dem Wagen die Strasse scannt und jede Unebenheit ans System meldet. Innerhalb von Millisekunden passt sich das Fahrwerk auf die Störsituation an, ähnlich wie es ein Mensch tun würde, wenn er in eine Senke tritt, die er zuvor sieht. Rolls-Royce nennt dieses Feature „Magic Carpet Ride“.

Eigentlich hätte der Phantom so viel Geräuschaufwand gar nicht nötig gehabt. Unter der Haube sitzt ein mächtiger Zwölfzylinder, der schon von Natur aus zu den leisesten Verbrennungsmotoren überhaupt gehört. Aus 6,75 Liter Hubraum holt er 571 PS – genug, um die Fuhre standesgemäss nach vorne zu bringen. Viel entscheidender aber für das souveräne Fahrgefühl sind die 900 Newtonmeter Drehmoment, die der V12-Turbo bereits ab 1’700 Umdrehungen in die Achtgangautomatik schickt. Der Phantom setzt sich so leise und geschmeidig in Bewegung, man könnte glatt denken, er führe elektrisch. Lediglich der Blick auf den Drehzahlmesser signalisiert noch den traditionellen Antrieb.

Novum: Ein Komplett verglastes Armaturenbrett

Supermodern gibt sich dagegen das Cockpit. Erstmals packt ein Autohersteller das Armaturenbrett in voller Breite unter Glas. Was sich so einfach anhört, erweist sich in der Realität jedoch als enorme Herausforderung. Hauptproblem: Sauberkeit. Kein Fussel oder Staubkorn darf sich hinter die Klarsichtwand verirren. „Wir haben hierzu extra einen Clean Room mit aufwändigen Schleusen eingeführt, ähnlich wie bei den Chipherstellern“, sagt Robert Kahlenberg, der Projektleiter des Phantom.

Was den Rolls-Royce-Strategen aber viel wichtiger erscheint, ist das Potenzial, das der Raum hinter Glas in Sachen Individualisierung hinterlässt, intern „Bespoke“ genannt. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Kunden können beispielsweise ihren Lieblingskünstler beauftragen, sich auf der „Leinwand“ zu verewigen. Zur Präsentation des Phantom hatte Rolls-Royce unter anderem ein Armaturenbrett mitgebracht, das mit bläulich schillernden Federn bedeckt oder mit Diamantenschmuck verziert war.

Über 400’000 Franken soll der neue Phantom kosten. Eine theoretische Zahl, gehört sie doch erstens zu den Dingen, die den Rolls-Royce-Kunden am wenigsten interessieren. Und zweitens: Kein Rolls-Royce verlässt die Werkshallen in Standard-Ausstattung. Für den Kauf eines Phantom fliegen nicht wenige Käufer mit ihrem Privatjet nach London oder Southampton ein, lassen sich durch die verschiedenen Abteilungen in Goodwood führen und ausgiebig über Lack und Leder und Holz und Humidor beraten. Dann heisst es warten. Ein gutes Jahr. Immerhin stecken in jedem Phantom bis zu 1’200 Stunden liebevolle Handarbeit.

Technische Daten

Modell: Rolls-Royce Phantom; Viertürige, fünfsitzige Luxuslimousine | Länge: 5,98 Meter | Breite: 2,02 Meter | Höhe: 1,66 Meter | Radstand: 3,77 Meter | Kofferraumvolumen: 548 Liter | Motor: 6,75-Liter-Zwölfzylinder-Turbobenziner, 420 kW/571 PS bei 5’000 U/min | Maximales Drehmoment: 900 Nm ab 1’700 U/min | Automatik: 8-Stufen-Wandlerautomatik | 0-100 km/h: 5,4 s | Vmax: 250 km/h (elektronisch begrenzt) | Durchschnittsverbrauch: 13,9 Liter | CO2-Ausstoss: 319 g/km | Abgasnorm: Euro 6 | Effizienzklasse: M | Preis: keine Angaben

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