BMW X3: Keine X-perimente

Die neue Generation seines kleinen SUV X3 hat BMW zwar schick herausgeputzt, doch vom Vorgänger ist sie nicht leicht zu unterscheiden.

Vor 13 Jahren war BMW der erste Premium-Hersteller, der in der Mittelklasse mit dem X3 ein SUV anbot. Allerdings, ohne Premium-Qualität zu liefern. Kunden klagten über lieblose Verarbeitung, zu viel Hartplastik im Cockpit und überzogene Preise. Ein Erfolg wurde der X3 trotzdem. Noch besser lief es beim Nachfolger, der 2010 kam und sofort und eindeutig von seinem Vorgänger zu unterscheiden war. Nächsten Monat kommt die dritte Generation auf den Markt, der zweiten nicht unähnlich.

Das mögen manche begrüssen, weil es ihren alten nicht alt aussehen lässt. Andere wiederum hätten sich mehr Design-Fortschritt gewünscht. Man muss schon zweimal hinschauen, um handfeste Unterschiede auszumachen. Kleine Hilfe: Die Nieren sind nochmals grösser geworden, wirken jetzt dreidimensionaler. Die Flanken wurden ein wenig muskulöser, unter die Kotflügel passen jetzt 21-Zoll-Räder und die Rückleuchten ziehen sich etwas weiter in die Heckklappe hinein.

Länger und dennoch leichter

Technisch basiert der neue X3 (intern G01) auf der sogenannten Cluster-Architektur (CLAR), wurde dadurch um über 50 Kilo leichter. Was in Anbetracht strengerer Crashanforderungen und der um einige Zentimeter auf 4,71 Meter gewachsenen Karosserie sicher keine leichte Übung für die Ingenieure war. Im Radstand legte der X3 fünf Zentimeter zu. Davon profitieren hauptsächlich die Passagiere im Fond. Die Beinfreiheit ist auch bei Grossgewachsenen gut. Hinter den Rücksitzen bleiben immerhin 550 Liter fürs Gepäck. Kein schlechter Wert. Neu ist die Entriegelung der Lehnen vom Kofferraum aus. Danach reicht das Abteil für bis zu 1.600 Liter. Mehr bieten auch die meisten Mittelklasse-Kombis nicht.

Da gewöhnlich nach dem Umlegen der Rücksitzlehnen die ausziehbare Gepäckabdeckung das Laden behindert und man nie weiss, wohin damit, hat BMW unter dem Kofferraumboden ein spezielles Fach konstruiert. Dort passt das Teil hinein wie die Gabel in den Besteckkasten. Wer noch grössere Variabilität benötigt, kann ein Cargo-Paket bestellen. Hier sind die Lehnen im Verhältnis 40:20:40 geteilt. Zudem lassen sie sich in der Neigung vielfach verstellen.

Zum Marktstart ein Biturbo mit 360 PS

Zur Markteinführung im November startet der X3 mit einer Auswahl von drei Motoren. Den Einstieg bildet der xDrive20d. Die Bezeichnung steht für Allradantrieb und Zweiliter-Vierzylinder-Dieselmotor. Er leistet 190 PS und kostet 56’200 Franken. Der zweite Diesel ist der Sechszylinder xDrive30d mit 265 PS, zum Preis von 69’200 Franken. Und weil man den direkten Wettbewerbern im Hause Mercedes, Audi, Porsche und Jaguar nicht das Feld sportlicher SUVs allein überlassen will – sie versprechen die höchsten Gewinnmargen – , schicken die Bayern gleich zum Anfang den X3 M40i ins Feld. Der Dreiliter-Biturbo-Sechszylinder leistet üppige 360 PS. Mindestens 82’600 Franken sind für diese Version zu überweisen.

Im Gespräch ist noch ein sDrive18d, der beim CO2-Ausstoss die 120-Gramm-Marke unterschreiten soll. Und in Zeiten der Elektrifizierung stellt sich natürlich die Frage: Wird es den X3 auch als Plug-in-Hybrid geben, ähnlich X5 oder Dreier-Limousine? „Die CLAR-Plattform lässt dies technisch ohne weiteres zu“, so die Antwort von BMW. Was so viel heisst: Spätestens 2019 dürfte der Teilzeitstromer mit einer elektrischen Reichweite von über 50 Kilometern beim Händler stehen. Im Jahr drauf folgt der X3 dann mit rein elektrischem Antrieb.

Gute Performance auch im Gelände

Für unsere erste Testfahrt standen leider nur besagter X3 M40i sowie der Dreiliter-Sechszylinder-Selbstzünder 30d zur Verfügung. Beide nicht unbedingt die am häufigsten nachgefragten. Lieber hätten wir den Bestseller xDrive20d (bei uns über 80 Prozent Verkaufsanteil) ausprobiert. Man braucht keinen Nobelpreis in Physik zu haben, um zu wissen, dass 500 Newtonmeter aus dem M40i oder gar die bulligen 620 Nm aus dem 30d für einen mehr als souveränen Antritt sorgen. Besonders der Diesel schiebt gnadenlos nach vorn. Erneut verblüfft die Handlichkeit des X3 sowie dessen enorme Spreizung zwischen Komfort und Sportlichkeit. Ausreichend straff für eine zügige Kurvenhatz, ausreichend weich für lange Reisestrecken. Auch die geringen Abroll- und Windgeräusche fallen wohltuend auf. Bei einem SUV dieser Grösse nicht immer selbstverständlich.

Nicht untalentiert zeigt sich der neue X3 auch auf losem Terrain. Schotter und Sand mögen hierzulande zwar weniger eine Rolle spielen, doch in anderen Ländern schon. Das permanente Allradsystem wirft selbst dann nicht das Handtuch, falls die Verschränkung recht stark und mal ein Rad in der Luft hängen sollte. Auch Wasserdurchfahrten von einem halben Meter Tiefe nimmt der X3 gelassen.

Das intelligenteste SUV seiner Klasse

Hinter dem Lenkrad Platz genommen, zeigt sich die bekannte BMW-Welt. Alles wirkt aufgeräumt und gediegen. In Sachen Qualitätsanmutung und Verarbeitung hat der neue X3 gegenüber seinem Vorgänger nochmals zugelegt. Die Bedienung läuft zu grossen Teilen intuitiv ab, auch wenn man sich anfangs aufgrund der vielen Schalter und Knöpfe ein wenig überfordert fühlt. Natürlich ist die jüngste Ausbaustufe der Konnektivität an Bord. Dazu zählen WLAN, Navigation, Echtzeit-Verkehrsinfos, Gestensteuerung, Spracheingabe, Email-Empfang, Smartphone-Anbindung, Apps und Concierge-Service; eben alles, was der moderne Autofahrer meint, heute haben zu müssen. Die meisten Funktionen (übersichtliche Kacheldarstellung) laufen über den 10,2 Zoll grossen Touchscreen ab.

Quasi Pflichtübung sind die Assistenzsysteme. Sie stammen aufgrund der gleichen Elektronik-Architektur vom Siebener und Fünfer. Neben dem üblichen Halten der Spur und des Abstands zum Vordermann, dem selbstständigen Wiederanfahren im Stau, dem Warnen beim Totem Winkel, dem Lesen von Verkehrszeichen, dem Notbremsen, dem vorausschauenden Sparfahren, der Rückfahrkamera, dem „360-Grad-Surround-View“ oder dem automatischen Ein- und Ausparken kann der neue X3 auf der Autobahn sogar alleine überholen. Intelligenter dürfte derzeit kein SUV in dieser Klasse sein.

Technische Daten

Modell: BMW X3; fünftüriges, fünfsitziges SUV mit Allradantrieb | Länge: 4,71 Meter | Breite: 1,90 Meter (inkl. Aussenspiegel 2,14 m) | Höhe: 1,68 Meter | Radstand: 2,86 Meter | Kofferraumvolumen: 550 bis 1600 Liter | X3 xDrive20d: 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbodiesel, 140 kW/190 PS bei 4’000 U/min | Maximales Drehmoment: 400 Nm bei 1’750 bis 2’500 U/min | 0-100 km/h: 8,0 s | Vmax: 213 km/h | Durchschnittsverbrauch: 5,0 l/100 km | CO2-Ausstoss: 132 g/km | Abgasnorm: Euro 6 | Effizienzklasse: A | Preis: ab 56’200 Franken

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