G-Klasse: Zeitgeist fürs Gelände und den Papst

Für Purismus-Liebhaber ist sie eine Design-Ikone. Und als „Papa-Mobil“ mit schusssicherer Glaskanzel erhielt die G-Klasse gewissermassen den päpstlichen Segen. Im Rahmen der Auto Show in Detroit feierte ihre neue Version Weltpremiere mit einem prominentem Unterstützer namens Arnold Schwarzenegger.

Die G-Klasse? Weiblich? Das kann eigentlich nur ein grammatikalisches Missverständnis sein. Denn dieser Geländewagen, 1979 vorgestellt und damit die älteste Baureihe von Mercedes-Benz, hat eine durch und durch maskuline DNA. Eine Macho-Maschine, keine Frage, inzwischen über 300’000 Mal verkauft. Aber eine mit Charakter, optisch über Jahrzehnte unverändert. Und deshalb zur Legende geworden. So ist die neue G-Klasse, die in Detroit Weltpremiere hatte, mehr Evolution denn Revolution. Im Design einen Hauch gefälliger, in ihrem Inneren aber radikal verändert. Die Schlichtheit wurde dem neuen Zeitgeist aus der E- und S-Klasse geopfert. Wie das bei den Traditionalisten unter ihren Käufern ankommt, wird sich ab Mai zeigen – bei der Markteinführung.

Fahrberichte gibt es noch keine von der neuen G-Klasse. Sehen wir einmal von den bevorzugten Medien ab, denen Mercedes im Vorfeld der Weltpremiere die Mitfahrt in einem noch optisch getarnten Exemplar gewährte (was die absolute Mehrheit der automobilen Journaille verständlicherweise absolut nicht in Ordnung fand). Aber wir dürfen den vorab übermittelten Fakten insoweit trauen, dass es sich bei ihnen keinesfalls um fake news handelt. „Der neue ‚G‘ bleibt ein ‚G‘, nur besser“, sagt Mercedes-Vorstandsmitglied Ola Källenius.

G 500: Biturbo mit 422 PS

Wie weit diese Evolution nun fortgeschritten ist, zeigt sich am deutlichsten in der Leistung. Bei der Markteinführung im Frühjahr 1979 waren vier Motorvarianten zwischen 72 und 156 PS der Power letzter Schluss. Fast 40 Jahre später werden für den neuen G 500 ein Biturbo mit 422 PS und ein urgewaltiges Drehmoment von 610 Newtonmetern angekündigt. Da bleibt Romantikern nur der Trost, dass mit Magma-Steyr die Produktionsstätte sich unverändert in Österreich befindet. Aber machen wir uns nichts vor: auch eine automobile Legende wir die G-Klasse muss sich auf der Höhe der technischen Neuzeit befinden. Alles andere gehört ins Reich der Oldtimer.

Beim Design haben sich die Mercedes-Leute dezent zurückgehalten. Wozu auch radikal ändern, was die G-Klasse in ihrem Bereich zum Unikat machte? Also wurde die Linienführung bis auf ein paar optische Streicheleinheiten beibehalten und die Charakteristika manifestiert: der extravagante Türgriff ebenso wie die unverkennbare Aussenschutzleiste, die auffälligen Blinker oder das Ersatzrad an der Hecktür. Dazu wuchsen die Aussenmasse in der Breite um 12,1 und in der Länge um 5,3 Zentimeter, was vor allem den Sitzbankdrückern im Heck zugutekommen soll. Dem Gewicht hat das nicht geschadet, im Gegenteil: 170 Kilogramm wurden durch einen neuen Material-Mix aus verschiedenen Stahlarten und Aluminium eingespart.

Interieur: Zwischen Tradition und Moderne

Auch was die Fahreigenschaften betrifft, greift Mercedes ausser einem komplett neu entwickelten Fahrwerk und einer Neun-Gang-Automatik auf Bewährtes zurück. Dynamic Select bietet auf Knopfdruck Veränderungen für Motor, Getriebe, Fahrwerk, Lenkung und Assistenzsystem, dazu die üblichen Fahrprogramme Comfort, Sport, Eco und Individual, ergänzt durch den G-Mode fürs Gelände. Der schaltet sich automatisch zu, wenn eine der drei 100-prozentigen Differenzialsperren oder die Untersetzung Low Range aktiviert wird.

Aufpreis für Bandscheibengeschädigte

Angesichts der doch grossen Fülle an Novitäten ist es einigermassen erstaunlich, dass Mercedes nicht gross am Preis gedreht hat. Schade nur, dass dabei auf Bandscheibengeschädigte keine Rücksicht genommen wird. Wollen die sich mit dem Klettermaxen in die Büsche schlagen, wird ihnen zu einem noch nicht näher definierten Aufpreis das „Aktiv-Multikultursitz-Paket“ empfohlen.

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