Ford Mustang GT Fastback: Laute Legende

Ford überarbeitet seinen Mustang. Neben diversen Karosserieänderungen und mehr Leistung für den Achtzylinder erhält die US-Ikone auch eine Auspuff-Programmierung – um Ärger mit den Nachbarn zu vermeiden.

Vernünftig kann jeder. Aber mutig ist, wer hierzulande einen Ford Mustang fährt. Dieses Auto ist eine Art Anti-Prius. Extrovertiert, laut und ein bisschen vulgär. Drüben in Amerika fällt er nicht auf. Bei uns schon. Vor knapp drei Jahren entschied sich Ford, den Mustang offiziell bei uns anzubieten. Eine gewagte Strategie der Amerikaner. Doch sie ging auf. Allein im vorigen Jahr griffen 5’741 Kunden zu. Mehr als viermal so viele wie zum Beispiel Jaguar von seinem F-Type verkauft hat. Auf den Strassen in Europa kurven mittlerweile über 33’000 Exemplare von ihm herum.

Ein wesentlicher Grund für den Verkaufserfolg ist natürlich der Preis. Kein Hersteller bietet für rund 60’000 Franken mehr Auto mit mehr Leistung und mehr Ausstattung. Zu Ehren des Filmklassikers „Bullitt“, in dem McQueen vor 50 Jahren in einem grünen Mustang GT Fastback eine legendäre Verfolgungsjagd hinlegte, lässt Ford als Sonderedition erneut den „Bullitt“-Mustang aufleben. Ihn gibt es ab August entweder in Schwarz oder Grün und natürlich mit einem gegenüber dem Serienmodell modifizierten V8. Der Bullitt leistet stramme 464 PS. Seinen genauen Preis will Ford im Sommer bekannt geben.

Leise schleicht sich der laute Mustang davon

Von der Lässigkeit des Bullitt fährt natürlich auch eine kräftige Portion in der modellgepflegten Normalversion mit, deren acht Zylinder jetzt 450 statt zuvor 421 PS zu den Hinterrädern schicken. Wirklich zu merken ist der Unterschied nicht, auch wenn der Mustang nun mit 4,6 Sekunden nominell zwei Zehntel schneller auf Tempo 100 sprintet.

Allerdings: Der Sound des Fünfliter-V8 erzeugt jetzt Gänsehaut. Die Ingenieure verpassten ihrer Ikone eine komplett neue Abgasanlage, die obendrein noch eine spezielle Klappensteuerung mit einem sogenannten Aktiv-Ventil erhielt. Dieses lässt sich über ein Menü auf dem Display einstellen. Wer abends spät heimkommt oder morgens früh losfährt, kann ein Zeitfenster vorgeben und sich dann leise aus der Siedlung schleichen. Ford nennt dieses Feature „Gute-Nachbarschaft“-Programmierung. Ob der Mustang-Fahrer allerdings stets vorher daran denkt, darf bezweifelt werden.

Auch sonst stehen ihm diverse Spielereien elektronischer Art zur Verfügung. Für die schnelle Kurvenhatz beispielsweise das adaptive Fahrwerk „MagneRide“ aus dem Shelby 350 GT, dessen Set-up die Fahrprogramme „Normal“, „Sport“, „Rennstrecke“ und „Regen/Schnee“ zulässt. Nun kommen noch zwei Varianten hinzu: „Drag“ und „My Mode“. Beiden beeinflussen das Ansprechverhalten des Gaspedals, das Schaltmuster der Automatik, die Lenkung und den Auspuffsound. Bei „Drag“ wird die Beschleunigung so optimiert, dass perfekt die Gänge gewechselt werden. Ford empfiehlt den Gebrauch allerdings nur auf abgesperrten Strecken. Im „My Mode“-Programm kann der Fahrer seine Wunschwerte einstellen.

Klang-König der Landstrasse

Das Vorurteil, dass amerikanische Autos träge und schwammig fahren, hat der Mustang schon mit der Vorgänger-Generation restlos abgeschüttelt. Die jüngste Version setzt noch einen obendrauf, lässt sich so präzise und direkt durch die Kurven treiben, dass es eine Freude ist. Hinzu kommen ein knackig zu schaltendes Sechsganggetriebe (ab Sommer auch mit automatischem Zwischengas beim Runterschalten) und ein agil drehender Achtzylinder mit einem Klang-Repertoire, das fast süchtig macht. Mehr Spass geht auf einer kurvenreichen und leeren Landstrasse nicht.

Extrem extrovertiert veranlagte Ampel-Freaks dürften das eine oder andere Mal sicher den „Line-Lock“-Schalter drücken. Die ganz grosse Show. Dabei werden für 15 Sekunden – das ist eine gefühlte Ewigkeit – die Vorderräder blockiert, derweil das hintere Gummi unter Vollgas die gesamte Kreuzung in Reifenqualm hüllt. Burn-out-Syndrom. In welche Richtung also die Mustang-Philosophie geht, zeigen auch der Launch-Control-Schalter und eine Rennstrecken-App fürs Handy.

Herzschlagfrequenz eines ruhigen Pony

Ein weiteres Gimmick – Ford nennt es „Liebe zum Detail“ – befindet sich über der Mittelkonsole: der Starterknopf. Sobald die Türen entriegelt werden, beginnt er mit einer Taktrate von 30 Mal pro Minute rot zu pulsieren. „Das entspricht exakt der Herzschlagfrequenz eines ruhigen Pony“, sagt Jan Herzog, Produktmanager Ford Europa. Nett gemeint, aber leider sieht man das Pulsieren tagsüber nicht, sondern nur im Dunkeln.

Optisch wurde der Mustang recht deutlich verändert, selbst wenn dies normalen Passanten eher nicht auffallen wird. Ford hat nicht einmal Kosten gescheut, das Blech in Teilen neu zu pressen. Kenner der Szene registrieren augenblicklich die flachere Motorhaube mit dem tieferen Grill, die neue Frontschürze sowie moderne LED-Scheinwerfer (serienmässig). Die Rückleuchten erhielten einen kleinen Knick (eine Hommage an die Anfänge des Mustang) und unterm Heck lugen jetzt vier Endrohre hervor – ein untrüglicher Hinweis auf den V8 GT.

Dem Vierzylinder fehlt die amerikanische Seele

Aber dann ist da noch der kleine Bruder. Unter seiner Haube werkelt ein 2,3-Liter-Vierzylinder, für den sich hierzulande immerhin rund 20 Prozent der Käufer entscheiden. Der Motor mag zwar auf dem Papier stolze 290 PS und 440 Newtonmeter an Drehmoment entwickeln und mit der optionalen Zehngangautomatik auch gut harmonieren. Doch diese lässig-souveräne Beziehung geht der EcoBoost-Turbo mit dem Muscle-Car nicht ein. Ein wenig geht hier die uramerikanische Seele verloren. Selbst wenn Kritiker einwenden mögen, es hätte schliesslich 1979 schon einmal einen Mustang mit vier Zylindern gegeben: an diese Zeiten wollen Mustang-Fahrer besser nicht erinnert werden.

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