„Der Dunkle Turm“: Das ist von Stephen Kings Epos übrig geblieben

Endlich ist sie da, die lang erwartete Kinoversion von Stephen Kings Buchreihe „Der Dunkle Turm“. Aber wie viel des Romans steckt noch im fertigen Film?

Die Frage nach den Gemeinsamkeiten der Buchvorlage von „Der Dunkle Turm“ und seines Film-Pendants ist schnell beantwortet. Nicht viel der auf 4’000 Seiten erschaffenen Welt hat es auch in den Streifen geschafft. Regisseur Nikolaj Arcel (44) wählt darin in vielen Bereichen einen anderen Ansatz als das literarische Vorbild. So werden teils Dinge späterer Bände schon aufgegriffen, wichtige Charaktere hingegen sucht man während des gesamten Films vergebens. Hier die grössten Unterschiede zwischen Roman und Verfilmung.

Held statt Antiheld

Noch in den ersten von insgesamt 4’000 Seiten der Roman-Reihe metzelt Hauptfigur Roland ein ganzes Dorf nieder, darunter Frauen und Kinder. Sie alle sind in einen religiösen Wahn verfallen und drohen, sich zwischen ihn und sein Ziel, den Dunklen Turm, zu stellen. Dieses Kapitel im Buch zeigte gleich zu Beginn, dass der letzte Revolvermann in seinem Streben im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen geht. Im Film hingegen fehlen derart düstere Wesenszüge des Protagonisten. Was ihn wesentlich rechtschaffender, aber auch eindimensionaler macht.

Eine weitaus offensichtlichere Änderung ist selbstredend, dass der im Buch als kaukasisch beschriebene Charakter im Film von Idris Elba (44, „Luther“) verkörpert wird.

Nicht viel von der Fantasy-Welt übrig

Sex-hungrige Orakel, schleichende Mutanten und sonstige seltsamen Wesen aus dem Roman sucht man im Film vergebens. Stattdessen treiben dort haarige Schurken in Menschenkostümen ihr Unwesen. Ein einfacher Kniff, um Kosten zu sparen? Es hatte schon einen Grund, warum „Der Dunkle Turm“ als unverfilmbar galt. In erster Linie, weil für die unzähligen Kreaturen und die aufwendige Welt ein gigantisches Budget notwendig gewesen wäre. Im Film ist mit wenigen, recht generischen Monstern nicht annährend so viel Fantasie enthalten, wie im Buch. Denn Fantasy hat nun einmal ihren Preis…

Wo sind die Lieblinge?

Erzählerisch greift der Film gleich mehrere Bände auf, zeigt zum Beispiel Rolands Reise in unsere Welt. Viele Charaktere, die er von dort in seine Dimension führt, sucht man im Film aber vergebens. So macht er lediglich Bekanntschaft mit dem Jungen Jake, seine beiden anderen Mitstreiter aus dem Buch, Eddie und Susannah, kommen darin überhaupt nicht vor. Bei einer eventuellen Fortsetzung liesse sich das aber natürlich ändern.

Jake ist die Hauptfigur

Überhaupt müssen sich Fans der Romanvorlage auf jede Menge Änderungen einstellen. Denn nicht der Revolvermann Roland ist der zentrale Protagonist des Streifens, sondern der „Shining“-begabte Junge Jake. Für Fans der Vorlage, die teils Jahrzehnte (Band eins wurde in den USA erstmals 1982 veröffentlicht) darauf gewartet haben, ihren tragischen Helden endlich in Fleisch und Blut zu sehen, muss diese Entscheidung wie ein Schlag ins Gesicht anmuten.

Der Mann in Schwarz geht auf Kinderfang

Auch der Antagonist der Reihe, Walter O’Dim, gespielt von Matthew McConaughey (47, „Dallas Buyers Club“), ist merklich verändert. Im Film hat er das Vorhaben, den Dunklen Turm zu zerstören und so die Galaxie ins Chaos zu stürzen. Er bedient sich in der Verfilmung an Kindern mit besonders starken telepathischen Fähigkeiten, auch „Shining“ genannt. Sie sollen gegen ihren Willen als menschliche Waffen gegen die Ordnung eingesetzt werden.

In den Büchern sind die Machenschaften des Bösewichts wesentlich schwieriger zu durchschauen. Darin will er den Turm nicht unbedingt zerstören, er will ihn nur wie Roland erreichen und so zum Herrscher über alle Welten werden. Im Roman fungiert er zudem über weite Strecken als Strippenzieher aus der Ferne und taucht zuweilen nur im Kopf des Revolvermannes auf. Ob diese Veränderungen beim weltweiten Kinopublikum ankommen, wird sich zeigen.

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