Was braucht ein guter Krimi?

Das Etikett „Regionalkrimi“ mag sie nicht – was einen guten Krimi ausmacht und wie die Figuren für die Leser interessant bleiben, erklärt Bestsellerautorin Nicola Förg im Interview.

Krimis von deutschen Autoren sind nach wie vor gefragt, die Fans dürfen sich auf einen neuen Fall für „Kluftinger“ freuen, Jörg Maurers Kommissar Jennerwein geht ebenfalls wieder auf Verbrecherjagd, in Ostfriesland räumt Kommissarin Ann Kathrin Klaasen auf und Franz Eberhofer ermittelt im „Kaiserschmarrndrama“. Auch Bestsellerautorin Nicola Förg (55) hat mit „Rabenschwarze Beute“ nachgelegt und den neunten Fall für Irmi Mangold und Kathi Reindl veröffentlicht.

Das Etikett „Regionalkrimi“ möge sie nicht, sagt Förg im Interview: „Krimis müssen irgendwo spielen. Authentizität und Glaubwürdigkeit bekommt man nicht einfach durch das Nennen eines Ortes, einer Strasse und eines Bergs. Mein Lebensmittelpunkt ist der ländliche Raum mit Tieren. In meinen Büchern geht es immer um Verbrechen, die die Region selbst generiert.“ Sie sei „unter den mitteleuropäischen Autoren die Frau für die Natur- und Umweltschutzthemen und da bin ich dicht dran und mittendrin“.

Darum geht’s in „Rabenschwarze Beute“

Für Förg ist Silvester jedes Jahr „Inspiration“ zu morden, wie sie zur Idee hinter ihrem neuen Buch erklärt. Kein Wunder also, dass es darin einen Toten zum Jahreswechsel gibt: Ein Vogelschützer, „der ein recht arrivierter Architekt ist, wird im allgemeinen Silvestergeballer vom Balkon seiner neuen Freundin geschossen“, wie Förg erzählt.

„Für Tierbesitzer ist der Tag ein Horror, Haustiere kann man aber schützen!“, erklärt die Autorin. „Für Wildtiere ist es der Supergau, weil sie bei der sinnlosen Flucht unendlich Energie verbrauchen, in Autos rennen und Vögel in der Panik so hoch aufsteigen, dass sie sterben können. Das ist eben auch ein Kritikpunkt dieses Vogelschützers, und er hat ja Recht.“ Wirklich „jeder Depp“ mache zudem zu jedem Anlass Sommerfeuerwerke: „Wegen unzureichender Information der Anlieger sind Pferde einer Freundin in Panik geraten, eines kam zu Tode. Das gibt zu denken, finde ich!“

Nicht der einzige Fall

Irmi Mangold und Kathi Reindl bekommen in dem Krimi aber noch mehr Arbeit, ein kleines Mädchen verschwindet: Auf der Ostallgäuer Buchenbergalm trifft Irmis Team auf die Modebloggerin La Jolina. „Die 1,7 Millionen Follower hat und deren kleine Tochter Paris auch schon modelt. Und dann ist das Kind in einer eiskalten Bergnacht verschwunden…“, erzählt Förg.

Die Autorin thematisiert Modeblogs und ein Bewertungsportal, in dem eine Ärztin verunglimpft wird. Auf die Frage, ob sie altmodisch sei, antwortet die Autorin: „Tja nun, wenn es Millionen jubelnd vor den PC oder das Smartphone zieht, weil sich ein Mädel eine Maske ins Gesicht klatscht, dann sind uralte Menschen wie ich (lacht), die Anfang der Achtziger Jahre volljährig wurden, in einer sehr analogen Welt, etwas ratlos. Nennen Sie das ruhig altmodisch. Und was Bewertungsportale betrifft, bin ich skeptisch.“ Das mag an der einen oder anderen Stelle hilfreich sein, meint Förg, am ehesten bewerteten aber schlecht gelaunte Menschen. Die liessen ungefiltert ihre erste Emotion raus, „man nehme den US-Präsidenten. Früher sagte man: Schlaf mal eine Nacht drüber… Das ist auch sehr analog und bis heute sehr wahr“.

Wie geht es mit Irmi weiter?

In „Rabenschwarze Beute“ sei bereits angelegt, so Förg, „dass sich Irmis Bruder Bernhard verliebt, in einen üppige Ungarin. Und das auf seine alten Tage! Und Irmi ist alarmiert: Sie hat sich gut in diesem Leben eingerichtet, auch mit ihrem Part-Time-Lover, den sie sporadisch sieht. Aber was, wenn sie jetzt noch eine Schwägerin bekommt, die am Hof einzieht?“

Wie es mit den Figuren der Reihe irgendwann endet, wisse sie „nicht direkt“, erklärt Förg. „Ich plane nicht für Buch 11, dass Irmi genau auf Seite 333 erschossen wird. Aber es liegt im Wesen einer Serie, dass die Gefahr besteht, mit zunehmender Zahl der Bände immer abstrusere Fälle zu konstruieren, die eben nicht mehr authentisch sind. Oder man schreibt irgendwann ein Buch quasi zum zweiten Mal. Das würde ich aber merken – und es dann sein lassen.“ Im nächsten Buch nehme Irmi erst mal ein Sabatical: „Sie geht auf eine Kuhalm und wird da leider wieder in eine ganz finstere Geschichte gezogen.“

Was macht einen guten Krimi aus?

Seit 16 Jahren arbeitet Förg als Krimiautorin. „Natürlich sollten die Geschichten tiefgründig sein, spannend und das bis zum Ende“, sagt sie: „Aber mehr noch zählen die Ermittlerfiguren. Die müssen authentisch sein, Identifikationsfläche bieten, auch mal die Möglichkeit, sich an ihnen zu reiben. Wenn sie einem nach Jahren lieb geworden sind, wenn sie auch mal nerven, wie die eigene Familie, dann behalten sie ihren Charme und Pfiff.“

Vorheriger ArtikelDarum ernährt sich Beyoncé genau 44 Tage vegan
Nächster ArtikelNeue Show: Hugo Egon Balder fragt bald „Wahrheit oder Pflicht?“